Was kommt nach Zdarsas Abschied?
Kirche Schon in wenigen Wochen wird das Bistum Augsburg mit seinen knapp 1,3 Millionen Katholiken ohne Bischof sein. Wie es dann weitergeht und wer als Nachfolger gehandelt wird
Augsburg Am 7. Juni feiert Konrad Zdarsa seinen 75. Geburtstag und muss daher laut Kirchenrecht dem Papst seinen Amtsverzicht anbieten. Vor seinem Abschied machte der Augsburger Bischof nochmals bundesweit Schlagzeilen – und zog sich den Ärger von Mitbrüdern und engagierten Laien zu. Auch in Priesterkreisen seines Bistums reagierte man auf die jüngsten Aussagen mit Unverständnis. Im Internet polarisierte er damit – während Nutzer ihn für seinen Mut zu klaren Worten lobten, zeigten sich andere froh über das baldige Ende seiner Amtszeit.
Zdarsa hatte in einem Interview mit seinen Mitbrüdern abgerechnet und sich in scharfen Worten vom „synodalen Weg“distanziert. Den hatten die deutschen Bischöfe im März mit überwältigender Mehrheit beschlossen; Zdarsa enthielt sich der Stimme. Unter Beteiligung engagierter Laien wollen die Bischöfe über eine Erneuerung der Kirche sprechen – und so den Missbrauchsskandal weiter aufarbeiten sowie Vertrauen zurückgewinnen. Theodor Bolzenius vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken, der obersten Laienvertretung, sagte am Freitag: „Geredet wurde genug, jetzt muss gehandelt werden.“Er gehe davon aus, dass der Gesprächsprozess im Herbst starten könne.
Wie es im Bistum Augsburg weitergeht? Ein Überblick:
Wann reicht der Augsburger Bischof seinen Rücktritt ein?
Ende März sagte Zdarsa dem bistumseigenen Magazin katholisch1.tv, er habe „bereits Anfang Dezember“seinen Rücktritt angeboten. „In Berlin war ich da beim Nuntius.“Apostolischer Nuntius in Deutschland ist Erzbischof Nikola Eterovic. Er ist der diplomatische Vertreter des Heiligen Stuhls.
Wann wird sein Rücktrittsgesuch angenommen?
Der Augsburger Domdekan Bertram Meier erklärte, dass mit der Veröffentlichung der Annahme durch den Papst „Anfang Juli“gerechnet werden könne. Vom 3. bis 10. Juli findet die „Ulrichswoche“in Augsburg statt. Am 4. Juli ist das Hochfest des heiligen Ulrich, des Bistumspatrons. Das wäre ein überaus passendes Datum.
Wie feiert Zdarsa Geburtstag? Betont schlicht. Geplant ist am 7. Der Augsburger Bischof Konrad Zdarsa verlässt das Bistum Augsburg aller Voraussicht nach im Juli. Foto: Julian Leitenstorfer
eine Eucharistiefeier um 9.30 Uhr im Dom. Einen Monat später – am 7. Juli – folgt im Dom ein Pontifikalamt um 15 Uhr samt anschließender „Begegnung auf der Domplatte mit Musik und Imbiss“. Es wird Zdarsas Abschiedsfeier sein. Spätestens danach dürfte er wohl recht zügig das Bistum verlassen.
Wo verbringt er seinen Ruhestand? In Dresden. Er habe schon eine Wohnung, sagte der gebürtige Sachse, der in Dresden, Freital, Chemnitz und Görlitz tätig war.
Wie geht es im Bistum weiter? Hier beginnt mit dem „durch den vom Papst angenommenen Verzicht“die Sedisvakanz (bischofslose Zeit), in der ein Diözesanadministrator bestellt wird. Diesen muss das zehnköpfige Domkapitel, ein wichtiges Leitungs- und Beratungsgremium, innerhalb von acht Tagen
wählen. Es erstellt auch eine Liste mit Bischofskandidaten. Vorschlagslisten darf das Domkapitel übrigens regelmäßig, und zwar alle drei Jahre, an den Vatikan übermitteln – wie die bayerischen Bischöfe inklusive Zdarsa selbst. Einen weiteren Vorschlag dürfte Kirchenrechtlern zufolge der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Münchner Erzbischof Reinhard Kardinal Marx, unterbreiten. Aufgabe des Nuntius ist es, die Vorschläge zu bewerten. Er befragt dazu auch Menschen, die die Kandidaten kennen. Schließlich entscheidet der Papst weitgehend frei – der Name des neuen Bischofs muss sich aber unter den Vorgeschlagenen befinden. Gemäß des bayerischen Konkordats, ein Staatskirchenvertrag, hat danach die Staatsregierung eine Unbedenklichkeitserklärung abzugeben. Kurz darauf wird die Ernennung des neuen Bischofs zeitJuni gleich im Bistum Augsburg und im Vatikan mitgeteilt.
Wie lange dauert es, bis der neue Bischof ernannt ist?
Domdekan Meier verwies auf die Bischofsernennungen des Jahres 2018 in den Bistümern Fulda, Hildesheim und Würzburg. In Würzburg dauerte es knapp fünf, in Fulda etwas mehr als sechs, in Hildesheim knapp sieben Monate. Für das Bistum Augsburg bedeutet das möglicherweise, dass noch vor Ablauf des Jahres 2019 feststehen könnte, wer Bischof wird. Vor neun Jahren war es hier ebenfalls schnell gegangen, notgedrungen. Unter anderem wegen Prügelvorwürfen hatte Bischof Mixa am 21. April 2010 seinen Rücktritt angeboten; Benedikt XVI. nahm ihn am 8. Mai an. Bereits am 8. Juli wurde Zdarsa – Bischof des mit knapp 30 000 Katholiken kleinsten deutschen Bistums Görlitz – zum Augsburger Bischof ernannt.
Wer könnte neuer Bischof werden? Mit Blick auf die Bischofsernennungen in jüngerer Zeit – gerade auf die in Fulda (Michael Gerber), Hildesheim (Heiner Wilmer) und Würzburg (Franz Jung) – lässt sich sagen: Die neuen Oberhirten sind relativ jung; der Fuldaer Bischof Gerber etwa ist erst 49 Jahre alt. Sowie: Sie kamen, und das galt für Bayern stets in besonderer Weise, nicht aus ihrem Bistum. Gerber, Wilmer und Jung eint zudem, dass sie sich als dialogund reformbereit geben.
Welche Namen sind im Gespräch? In den öffentlichen Spekulationen fielen bislang vor allem zwei Namen: der des Passauer Bischofs Stefan Oster, der in Augsburg zum Priester geweiht wurde – und der des Augsburger Domdekans Bertram Meier, der vor allem für das Thema Ökumene steht. Manch einer könnte sich den Bischof von Speyer, Karl-Heinz Wiesemann, als Zdarsa-Nachfolger vorstellen. Aus historischen Gründen gehört der Speyerer Bischof dem Zusammenschluss der bayerischen Bischöfe an. Als Mitglied der Ökumenekommission der Deutschen Bischofskonferenz befasst sich auch Wiesemann intensiv mit der „Einheit der Christen“. Für Augsburg mit seiner Vergangenheit als Luther-Stadt keine schlechten Voraussetzungen. Andererseits: Aus Speyer kam schon der neue Würzburger Bischof. Ebenfalls gut möglich ist, dass ein Pfarrer oder Ordensmann Bischof wird. DILLINGEN