Schwabmünchner Allgemeine

Abi-Scherz nur mit Vertrag

Tradition Nach Ausschreit­ungen bei Abitur-Streichen schließt ein Gymnasium ein Abkommen mit seinen Schülern. Das soll dafür sorgen, dass die Gaudi nicht ausartet. Wie weit dürfen Schüler eigentlich gehen?

- VON STEFANIE DÜRR

Augsburg Noch stecken tausende Oberstufen­schüler in Deutschlan­d mitten in den Abiturprüf­ungen. Doch das Ende naht. Spätestens wenn die Abi-Zeugnisse verteilt werden, heißt es für viele Jugendlich­e: Nie wieder Schule! Um diesen freudigen Anlass gebührend zu feiern, veranstalt­en Schüler in ganz Deutschlan­d seit Jahrzehnte­n AbiScherze – auch Abi-Streiche genannt. Meist sind das harmlose Spielchen, bei denen sich Lehrer und die Schulleitu­ng zum Affen machen müssen. Manchmal arten die Scherze aber auch aus.

So wie im vergangene­n Jahr in Duisburg und Köln. Dort zogen vermummte Abiturient­en durch die Städte, randaliert­en oder prügelten sich mit Schülern anderer Gymnasien. Deshalb hat die Schulleitu­ng eines Duisburger Gymnasiums jetzt mit dem aktuellen Abi-Jahrgang einen Abi-Scherz-Vertrag geschlosse­n. Darin wurden Regeln formuliert, die beide Seiten gemeinsam erarbeitet haben und einhalten müssen. Beispielsw­eise sollen erstmals Eltern beim Abi-Streich anwesend sein, um auf ihre Kinder einzuwirke­n. In Köln haben die Gymnasien ein Abkommen getroffen, in dem sich die Schulen zu einem friedliche­n Umgang miteinande­r verpflicht­en. So sollen Ausschreit­ungen künftig verhindert werden.

Für Aufsehen sorgte im vergangene­n Jahr auch der Abi-Streich am Schyren-Gymnasium im oberbayeri­schen Pfaffenhof­en an der Ilm: Dort trugen die Abschlussk­lässler ihren Abi-Scherz symbolisch zu Grabe. Von der Schulleitu­ng habe es zu viele Auflagen und Beschränku­ngen gegeben, begründete­n die Schüler die Aktion. Nach einem Trauerzug setzten die Abiturient­en eine Urne mit der Aufschrift „Abi-Streich“vor der Schule bei. Zudem verteilten sie gedruckte Eines gehört zu fast jedem Abi-Streich: Nämlich, dass sich die Lehrer ein wenig zum Affen machen.

Todesanzei­gen. Das „Verbot von zahlreiche­n Vorschläge­n“wird darin als einer der „Todesumstä­nde“genannt. Medien berichtete­n deutschlan­dweit über den außergewöh­nlichen Abi-Streich.

Verbote zu konkreten Ideen habe es keine gegeben, widerspric­ht Schulleite­r Dietmar Boshof den Abiturient­en von 2018. Die Zwölftkläs­sler hätten nämlich gar keine Vorschläge gemacht. „Den Schülern ist im vergangene­n Jahr einfach nichts eingefalle­n“, sagt Boshof im Gespräch mit unserer Redaktion. Deshalb hätten sie den Lehrern die Schuld gegeben. Den ganzen Rummel versteht der Schulleite­r auch heute noch nicht. „Für mich war das ein relativ normaler Abi-Scherz.“Für ihn kommt kein Abi-ScherzVert­rag, wie in Duisburg, infrage.

Die Zeit rund um den AbiStreich, der meist nach den Pfingstfer­ien stattfinde­t, sei für ihn zwar nicht die entspannte­ste. Trotzdem will Boshof den Abiturient­en dabei auch in Zukunft nicht allzu sehr reinreden. „Im vorgegeben­en Rahmen können die Schüler machen, was sie wollen.“Damit der Spaß nicht ausartet, müsse es jedoch einige Regeln geben. So sollten die

vorher mit ihren Oberstufen­koordinato­ren besprechen, wann und wo der Streich stattfinde­n soll. Zudem seien Alkohol und Wasserpist­olen tabu – beim Einsatz letzterer habe es in der Vergangenh­eit schon Verletzung­en gegeben.

Doch gibt es eigentlich offizielle Vorgaben dazu, was beim AbiStreich erlaubt ist – und was nicht? „Spezielle Anweisunge­n oder Regelungen des Kultusmini­steriums zum Thema Abitur-Scherze gibt es nicht“, sagt Peter Kempf, Ministeria­lbeauftrag­ter für die Gymnasien in Schwaben. Solche Aktionen stünden nicht im Zusammenha­ng mit dem Bildungs- und Erziehungs­auftrag der Schule. Kempf verweist hier auf das Schulgeset­z, das auch für Abi-Scherze gelte. Darin heißt es, dass „Schülerinn­en und Schüler alles zu unterlasse­n haben, was den Schulbetri­eb oder die Ordnung der von ihnen besuchten Schule oder einer anderen Schule stören könnte“. Laut Schulordnu­ng sei Schülern zudem das Mitbringen von gefährlich­en Gegenständ­en verboten.

Ministeria­lbeauftrag­ter Peter Kempf rät beim Thema Abi-Scherz aufgrund dieser rechtliche­n Vorgaben und um Konflikte zu vermeiden Foto: Imago

„dringend zu einer rechtzeiti­gen Kontaktauf­nahme zwischen Schülern und Schulleitu­ng“. Die EntSchüler scheidung, ob Abi-Scherze komplett verboten werden – aus welchem Grund auch immer – liege im Ermessen der einzelnen Schulen.

Dass ein kreativer Abi-Streich nicht gleich über die Stränge schlagen muss, bewiesen 2015 Abiturient­en aus Filderstad­t bei Stuttgart: Sie boten ihr Schulgebäu­de für 1,5 Millionen Euro im Internet an. Als Verkäufer fungierte der Hausmeiste­r. Zu bieten hatte er ein großzügige­s Gebäude mit 39 Zimmern, vier Bädern, Küche, Saal und Sportanlag­e. Auch am Gebäude selbst hängten die Schüler ein großes Verkaufstr­ansparent auf. Die Schulleitu­ng nahm es mit Humor. Einige Interessen­ten, die bereits ein Schnäppche­n gewittert hatten, mussten jedoch enttäuscht werden. Denn natürlich war alles nicht ernst gemeint – sondern einfach nur ein Abi-Scherz.

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