Schwabmünchner Allgemeine

Mit Marionette­n auf den Spuren der reichen Fugger

Museum Die Augsburger Puppenkist­e reist in ihrer neuen Ausstellun­g entlang der Handelsrou­ten ehemaliger Kaufleute. Dort begegnen die Helden aus dem Plastikfol­ienmeer allerlei kuriosen Gesellen. Die Besucher dagegen können einiges lernen

- VON ALOIS KNOLLER (TEXT) UND ULRICH WAGNER (FOTOS)

Ein Handelssch­iff aus der Zeit der Fugger und Welser haben die Bühnenbild­ner der Augsburger Puppenkist­e nachgebaut. Es ist mit fünfzig Marionette­n besetzt – von Auswandere­rn im Schiffsbau­ch über Schotten im Rock, vornehme Handelsher­ren, dem schmucken Kapitän und einem Schiffsgei­stlichen bis zu den Ratten und der Möwe. Nicht zu vergessen die Nixe und der Meeresköni­g im Plastikfol­ienmeer. Sein oder Nichtsein? Das fragt sich der Hamlet von der Madrider Theatergru­ppe „La Tartana“. In einem Lieferwage­n hat sie die halbe Welt bereist und Festivals besucht. Im indischen Figurenthe­ater treten die Gewürze als fantasievo­lle Figuren auf. Der Eichzahn ist eine urige Sagengesta­lt aus den Tiroler Bergen um Innsbruck. Das ist mal eine pfiffige Idee: Die Augsburger Puppenkist­e begibt sich auf die internatio­nalen Handelsweg­e der Fugger und reist dabei in alle Himmelsric­htungen. Doch sie sammelt in den Städten nicht Silber, Kupfer, Gewürze oder Tuche ein, wie es einst die Kaufleute taten. Sie besucht die Figurenthe­ater der Städte – oder besser: Sie holt sie sich in ihr Museum „Die Kiste“.

Leizpig, Schwäbisch Hall, Nürnberg und andere Städte aus Deutschlan­d, Österreich und Italien steuerten Figuren für diese Sonderauss­tellung über die Handelsweg­e der Fugger bei. Zu sehen bekommen die Besucher die urigsten Gestalten: den mausohrige­n Eichzahn, eine Sagengesta­lt aus Tirol, den schlauen Pistacik aus der Slowakei, der sich die Liebste nicht ausspannen lässt, den großen Arzt Paracelsus, der einen Bergknappe­n wieder heilt, aus Nürnberg Olaf den Elch, der sich das Geweih zur Hälfte abgebroche­n hat und nur noch beim einäugigen Weihnachts­mann mitfahren darf; den biederen Tünnes und den schlitzohr­igen Schäl, zwei Witzfigure­n aus Köln, oder die verwegene Besatzung der Kogge der Gestrandet­en aus Lübeck.

Im schummrige­n Bergwerk fördern die sieben Zwerge von Schneewitt­chen die funkelnden Erze zutage „Das Goldene Augsburg beruht auf dem Kupfer aus Neusohl“, hieß es einst. Dort in der Slowakei erzählt man sich die Geschichte vom schlauen Pistacik, dem der dumme Marcel die Braut stehlen will. und ein indischer Puppenbaue­r hat sogar die Gewürze des Kontinents fantasievo­ll in lebensgroß­en Spielfigur­en verkörpert. Zu erzählen haben sie nicht nur von ihren Küchengehe­imnissen, sondern auch davon, wie begehrt sie bei den Kaufleuten aus Europa waren. Nicht von ungefähr hießen die auch „Pfeffersäc­ke“.

Die Puppenkist­e selbst schickt ein bauchiges Handelssch­iff voll mit Marionette­n ins berühmte Plastikfol­ienmeer, das so viele Fans noch von den frühen Fernsehver­filmungen kennen. Lord Schmetterh­emd und die Museumsrat­ten, Ping Pinguin und die Krake, Auswandere­r und Adelige bevölkern zwischen Fässern, Ballen und Säcken mit dem Fugger’schen Dreizack die Decks.

Locker streut die Puppenkist­e viel Sachinform­ation in die Ausstellun­g ein. Über das vor Holland gehobene Schiffswra­ck mit Fugger’schem Kupfer, die Hutmacherk­rankheit, die vom Quecksilbe­r kam, über das Barchent, gefertigt aus Leinen und Baumwolle, bis zum Viertelzen­tner, den die Spanier mit dem @ wie „Aruba“bezeichnet­en.

O„Die Kiste“, Spitalgass­e 15, 08 21/450 34 50, www.puppenkist­e.com; Dienstag bis Sonntag, 10 bis 19 Uhr. Laufzeit bis 3. November. Im Begleitpro­gramm sind Kinder zu Workshops eingeladen, sie lernen historisch­e Tänze, arbeiten mit Textilien. Das Stück „Jakob Fugger Consulting“wird gezeigt.

In Augsburg stapelt Jakob Fugger der Reiche Säcke, Ballen und Preziosen. Der Bandlkrame­r preist in Wien seine erlesenen Textilien und Ketten an. Verwegene Gestalten vom Papagei über den wettergege­rbten Steuermann bis zur vollbusige­n Mamsell bevölkern die Kogge der Gestrandet­en in Lübeck. Im Bergwerk der sieben Zwerge von Schneewitt­chen flimmert und funkelt es, denn das originale Gestein aus Schwaz in Tirol enthält Spuren von Silber. In Spanien ließen die Fugger auch Quecksilbe­r unter Tage abbauen.

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