Schwabmünchner Allgemeine

Lesung aus einem sehr aktuellen Zukunftsro­man

Bücherfrüh­ling Theresa Hannig stellt in Königsbrun­n ihren preisgekrö­nten Roman „Die Optimierer“vor. Die Menschen des Jahres 2052 offenbaren bereitwill­ig ihr ganzes Leben dem Staat. Warum die Autorin darin keine Science-Fiction sieht

- VON MARION KEHLENBACH

Königsbrun­n Mit einem Zukunftsro­man endete der Königsbrun­ner Bücherfrüh­ling. Autorin Theresa Hannig kam mit ihrem Buch „Die Optimierer“in die Stadtbüche­rei.

Ihr Debüt werde unter der Kategorie Science-Fiction geführt, erzählte Hannig. Sie selber sehe darin aber eher einen Gesellscha­ftsroman, von dem vieles schon vor der Tür stehe. Hannig war als Softwareen­twicklerin und Beraterin für IT-Sicherheit tätig, bevor sie „Die Optimierer“schrieb. Der Roman handelt von der totalen Überwachun­g.

In dem Roman „1984“von George Orwell hatte die Überwachun­g etwas Bedrohlich­es, wie Hannig erklärte. In ihrem Roman empfinden die Menschen es als etwas Positives. Denn nur so kann jeder seine Bestimmung finden und sich optimal für das Gemeinwese­n einsetzen beziehungs­weise eingesetzt werden. Es ist daher nicht verwunderl­ich, dass die Menschen in der im Jahr 2052 spielenden Geschichte bereitwill­ig ihre Daten und mehr von sich preisgeben – ähnlich wie es viele Menschen heute schon im Internet tun.

Da lag es auf der Hand, dass im Anschluss an die Lesung eine Diskussion über Datensiche­rheit und soziale Netzwerke entstand. Hannig selber benutzt kein Facebook und WhatsApp: „Aber ich bin auch immer die Letzte, die im Familienun­d Freundeskr­eis etwas erfährt.“Zuhörerin Gudrun Grägel, die selbst gerade ihren ersten Roman veröffentl­ichte, merkte an, dass die Entgentlic­h Mit einer Lesung der Autorin Theresa Hannig aus ihrem Zukunftsro­man „Die Optimierer“endete der Königsbrun­ner Bücherfrüh­ling. Foto: Marion Kehlenbach

mit Smartphone und Internet nicht mehr „eingefange­n“werden kann: „Deshalb ist es toll, wenn Bücher das Thema aufgreifen.“

Hannig geht mit ihrem Buch auch in die Schulen und diskutiert mit den Schülern über Facebook und Co. Dabei wurde ihr bewusst, dass gerade junge Menschen einen hohen sozialen Druck haben, bei den sozialen Netzwerken mitzumache­n und

zu sein. Zusätzlich zu ihrem berufliche­n Hintergrun­d hat Hannig auch viel recherchie­rt: „Aber wenn man sich in das Thema einliest, bekommt man das kalte Grausen.“Und noch eine Beobachtun­g hat sie gemacht: „Wer seine Daten schützen will, macht sich schon verdächtig.“

Das wird dann ähnlich so auch in ihrem Buch beschriebe­n. Die Hauptfigur Samson Freitag ist eiwicklung

ein treuer Staatsdien­er im System, der die Werte vehement verteidigt. Ins Visier von Staat und Polizei gerät er durch seine systemkrit­ischen Eltern, die sich gegen jede Datenaufze­ichnung wehren und auch gegen Vorschrift­en und Gesetze verstoßen und beispielsw­eise weiterhin Fleisch essen, sich heimlich der „Zwangsvege­tarisierun­g“widersetze­n.

Im Jahr 2052 hat die Optimalprä­sent wohlökonom­ie die soziale Marktwirts­chaft und damit das „lobbyistis­che System“abgelöst, (fast) alle sind zufrieden. Samson ist Lebensbera­ter und mit den umfänglich­en Daten und nach einem persönlich­en Gespräch findet er für seine Kunden den optimalen Beruf und damit den optimalen Platz in der Gesellscha­ft.

Sehr lebendig und mit viel Dynamik liest Hannig eine Passage aus dem Beratungsg­espräch mit der jungen Fabrikarbe­iterin Martina. Martina hat nur wenige „Sozialpunk­te“, ist unzufriede­n und ihre Vorgesetzt­en sind es wohl auch. Am liebsten wäre sie Managerin, Pilotin oder Sängerin. Wie Samson aber feststellt, ist Martina völlig talentfrei und ihre einzige Freizeitbe­schäftigun­g ist das Fernsehen. Sie zeigt keine Eigeniniti­ative und ist damit auch nicht für das staatliche Ausbildung­ssystem geeignet. „Du darfst in die Kontemplat­ion“, sagt Samson am Ende zu Martina, was bedeutet, dass die Gesellscha­ft für Menschen wie sie keine Verwendung hat und sie damit quasi ausstößt. Das bedingungs­lose Grundeinko­mmen, das ihr nun ausgezahlt wird, unterstrei­cht da noch ihre Bedeutungs­losigkeit für die Gesellscha­ft.

Das Taschenbuc­h „Die Optimierer“von Theresa Hannig erschien im Bastei-Lübbe-Verlag.

OTermin Die nächste Autorenles­ung in der Stadtbüche­rei findet am Mittwoch, 5. Juni um 20 Uhr statt. Dann liest die Königsbrun­ner Autorin Gudrun Grägel aus ihrem Krimi „Proseccolü­gen“. Der Eintritt kostet fünf Euro im Vorverkauf und sieben Euro an der Abendkasse.

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