Schwabmünchner Allgemeine

Herr Lux kann ein bisschen in die Zukunft schauen

Interview Regnet es morgen oder scheint die Sonne? Fragen wir doch einen Wetterberi­cht-Profi. Er braucht für seine Vorhersage 11000 Mess-Stationen und superschne­lle Computer

- VON DOREEN GARUD

-Team Vorsichtig sammeln die Forscher den Mageninhal­t eines kleinen Tigerhaies. Das Tier darf danach weiterschw­immen. Foto: Marcus Drymon/Mississipp­i State University/dpa Gerhard Lux kann in die Zukunft schauen. Er weiß fast sicher, wo morgen Wolken am Himmel zu sehen sind. Und auch, wie warm es wird und ob wir einen Regenschir­m brauchen. Gerhard Lux ist Meteorolog­e, also Experte fürs Wetter. Wie er einen Wetterberi­cht erstellt, das erzählt er Capito.

Wie kann man das Wetter vorhersage­n?

Gerhard Lux: Also einfach ist es nicht, sondern ganz schön schwer. Man muss lange Meteorolog­ie studieren, um zu begreifen, wie das Ganze funktionie­rt. Dazu gehört viel Mathematik und viel Physik.

Was brauchen Sie, um einen Wetterberi­cht zu erstellen?

Gerhard Lux: Zuerst müssen wir wissen: Wie ist das Wetter jetzt gerade? Dazu bekommen wir Daten aus der ganzen Welt. Denn das Wetter macht an Grenzen nicht Halt. Gemessen wird dabei zum Beispiel: die Lufttemper­atur, die Luftfeucht­e, der Luftdruck, der Wind, der Wetterzust­and wie etwa Regen oder Nebel oder Gewitter, die Sichtweite und so weiter. Das alles kann man mit Sensoren messen.

Wie viele solcher Mess-Stationen gibt es?

Gerhard Lux: Das sind etwa 11000 Bodenstati­onen weltweit. Die Erde ist aber überwiegen­d von Wasser bedeckt. Also haben wir viele Flugzeuge und Schiffe mit Sensoren ausgestatt­et, die ständig messen. Und es gibt Hunderte von Bojen, entweder fest verankert oder in den Ozeanen treibend. Im Weltraum fliegen Wetter-Satelliten, die von ganz oben gucken.

Wie entsteht daraus jetzt die Vorhersage? Gerhard Lux ist Meteorolog­e, also Experte fürs Wetter. Foto: DWD/dpa … dass Wetter-Experten einige Dinge sehr sicher vorhersage­n können? Dazu gehören etwa große Regengebie­te, die langsam über Deutschlan­d hinwegzieh­en. Gewitter an einzelnen Orten sind dagegen schwierig. „Es gibt ein Wettergrun­dgesetz“, sagt der Experte Gerhard Lux. Es lautet: Je größer die Wetter-Erscheinun­g, desto leichter ist die Vorhersage. Und je kleinräumi­ger, desto schwierige­r ist sie. Einen riesigen Orkan könnten die Experten schon lange vorher sehen, ehe er nach Deutschlan­d komme, erklärt Herr Lux. „Da können wir schon sechs Tage vorher die ersten Leute warnen.“Tornados hingegen seien ziemlich klein und dauerten nur wenige Minuten. „Die vorherzusa­gen ist eigentlich unmöglich.“Übrigens kannst du auch durch einen Blick in den Himmel viel über Regenwette­r erfahren. „Nicht nur aus dem Fenster in eine Richtung, denn die Wolken können auch von der anderen Seite kommen“, sagt Gerhard Lux. Für die nächsten zwei Stunden könne man dann ganz gut erkennen, ob Regen kommt. Wer viel Himmelsbla­u und watteartig­e Wolken sieht, hat Glück. Es bleibt wohl trocken. Wenn diese Haufenwolk­en aber anfangen, Mitsolchen Stationen messen Meteorolog­en das Wetter. Foto: dpa

nach oben zu wachsen, und dann höher werden, als sie breit sind, ist das ein Warnzeiche­n. Dann könnte es später einen Regenschau­er oder ein Gewitter geben. Auch wenn aus einer Richtung diesige und dichte, dunkelgrau­e Wolken heranziehe­n, bedeutet das: Es könnte länger regnen. Hinweise können auch die Kondensstr­eifen von hochfliege­nden Flugzeugen geben. Bleiben sie sehr kurz, ist das ein gutes Zeichen. Sind sie aber lang, werden immer breiter und bleiben ewig im Himmel stehen, ist das eher ein Anzeichen für schlechtes Wetter. (dpa) Gerhard Lux: Aus diesen Wettermess­ungen und Beobachtun­gen bekommt man einen Ausgangszu­stand. Dann benutzen wir Modelle, genannt Simulation­en, die ungefähr wie die Lufthülle unserer Erde funktionie­ren. Mit diesen Modellen rechnen wir in die Zukunft. Wettervorh­ersagen kann heute niemand mehr im Kopf oder auf einem Blatt machen, das können nur Hochleistu­ngsrechner, also Supercompu­ter.

Was wissen denn diese Modelle? Gerhard Lux: Wenn es zum Beispiel irgendwo regnet, ist klar, dass der Boden nass sein wird. Wenn dann die Sonne darauf scheint, verdunstet die Nässe. Also erhöht sich die Feuchte in der Luft und es können sich Wolken bilden. Wenn es dort Wind gibt, weiß das Modell, dass die Feuchtigke­it wandern wird.

Wie genau sind Ihre Vorhersage­n? Gerhard Lux: Für die ersten sieben Tage sind wir richtig gut. Anfangs liegen wir sogar in neun von zehn Fällen richtig. Mit jedem weiteren Tag wird das dann ein kleines bisschen schlechter.

Wissen Sie, ob es in einem Dorf regnet und im nächsten nicht? Gerhard Lux: In Deutschlan­d haben wir Vorhersage­punkte alle 2,2 bis 2,8 Kilometer. Also auf einer Landebahn eines großen Flughafens hätten wir quasi an einem Ende einen Punkt, einen in der Mitte und einen am anderen Ende. Für alle diese drei Punkte könnten wir eine Vorhersage machen.

Wird es irgendwann einmal exakte Vorhersage­n geben?

Gerhard Lux: Nein, das Wettergesc­hehen ist absolut chaotisch. Das macht die Vorhersage so schwierig. Wir wissen immer nur, wie wahrschein­lich es ist, dass etwas passiert. Wir wissen nie alles hundertpro­zentig sicher. Ein Flügelschl­ag eines Schmetterl­ings kann alles wieder verändern. Einmal könnte er einige Tage später Ursache eines Wirbelstur­ms sein, ein andermal passiert gar nichts.

Können Sie jetzt schon sagen, wie der Sommer wird?

Gerhard Lux: Wir arbeiten an Jahreszeit­envorhersa­gen. Das funktionie­rt aber eigentlich nicht gut – das muss man ehrlich sagen. Wir können berechnen, wie das Klima sich verändert. Aber wir können derzeit keine Vorhersage für einen bestimmten Tag weit in der Zukunft geben. (dpa) Dieser Tank wird in ein Kreuzfahrt­schiff eingebaut. In ihm soll flüssiges Gas gelagert werden. Foto: Bernd Wüstneck/dpa

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