Großbritannien
beantragen, dann würde diese auch unter der Deutschen lediglich gewährt werden, wenn es „gute Gründe“für einen Aufschub gebe. Als solche galten in der Vergangenheit Neuwahlen oder ein zweites Referendum. Doch ein Hinauszögern des Termins lehnt Boris Johnson ohnehin ab. Der Brexit-Befürworter wird im derzeitigen Rennen um den konservativen Parteivorsitz bereits als nächster Premierminister gehandelt. Die scheidende Regierungschefin Theresa May war an eben jenem Vertragspaket, das drei Mal im Parlament durchgefallen ist, gescheitert. Johnson will es nach dem Einzug in die Downing Street mit Brüssel nachverhandeln. Sollte sich die Staatengemeinschaft weigern, würde er nach eigenen Angaben auch einen ungeordneten Brexit in Kauf nehmen. Sollte von der Leyen also zur Kommissionspräsidentin aufsteigen, werden ihre ersten Monate von Großbritanniens EU-Austritt überschattet werden. Einerseits hoffen Optimisten in Brüssel noch immer auf einen Meinungsumschwung auf der Insel und sie würden deshalb wohl ein Hinauszögern des Brexit-Termins befürworten. Andererseits scheint nach jahrelangem Hin und Her die Geduld der EU mit den Briten aufgebraucht. Einen chaotischen NoDeal-Brexit, vor dem unter anderem die Wirtschaft auf beiden Seiten des Kanals eindringlich warnt, will aber niemand. Würde von der Leyen entgegen der bisherigen offiziellen Linie dafür werben, den Deal mit einem neuen Regierungschef noch einmal nachzuverhandeln, wie viele Abgeordnete in Westminster hoffen? Damit ginge das BrexitDrama in eine neue Runde – auch wenn es mit dem Ende der Amtszeit von Jean-Claude Juncker, der in Großbritannien vor allem in europaskeptischen Kreisen äußerst unbeliebt ist, eigentlich längst abgeschlossen hätte sein sollen. (kap)