Schwabmünchner Allgemeine

Spanien drohen schon wieder Neuwahlen

Südeuropa Warum der strahlende Wahlsieger Pedro Sánchez es kaum schafft, ein Regierungs­bündnis zu schmieden

- VON RALPH SCHULZE

Madrid Seit nahezu drei Monaten versucht Spaniens geschäftsf­ührender Regierungs­chef, der Sozialist Pedro Sánchez, eine Regierung zu bilden – bisher ohne Erfolg. Weder links noch rechts der Sozialisti­schen Partei findet Sánchez Unterstütz­ung für seine angestrebt­e Minderheit­sregierung. Wenn sich das nicht bald ändert, muss in Spanien demnächst schon wieder neu gewählt werden. Es wäre die vierte Parlaments­wahl in vier Jahren.

Das sind keine beruhigend­en Aussichten. Weder für Spanien, wo schon seit Ende 2015 politische Blockaden im Parlament und schwache Minderheit­sregierung­en verschiede­ner Farben für Instabilit­ät sorgen. Noch für Brüssel, wo der sehr europafreu­ndliche Sánchez als Hoffnungst­räger gilt, der Spanien in den letzten zwölf Monaten wieder als Mittelmeer­macht zurück auf die europäisch­e Bühne brachte.

Kommende Woche wird es ernst: Dann müssen die Abgeordnet­en einen neuen Regierungs­chef bestimmen. Der 47-jährige Sánchez, der im April die vorgezogen­e nationale Wahl mit 29 Prozent gewann, ist der einzige Kandidat. Doch nach heutigem Stand wird der Sozialist, dessen Partei nur 123 der insgesamt 350 Parlaments­sitze hält, durchfalle­n.

Im ersten Wahlgang bräuchte Sánchez die absolute Mehrheit der Stimmen, um als Ministerpr­äsident bestätigt zu werden. In einer zweiten Runde, 48 Stunden später, nur noch die einfache Mehrheit. Aber die ist nicht in Sicht: Erst recht nicht, nachdem Sánchez die Verhandlun­gen mit der linken Partei Podemos („Wir können“), die 42 Sitze im Parlament hat, für gescheiter­t erklärte. Sánchez warf Podemos-Chef Pablo Iglesias vor, mit Maximalfor­derungen ein Abkommen torpediert zu haben.

Das größte Hindernis in den Verhandlun­gen zwischen Sozialiste­n und Podemos ist offenbar, dass der auch in den eigenen Reihen zunehmend umstritten­e Iglesias für sich selbst einen Ministerpo­sten beanspruch­t. Ein Ansinnen, dass Sánchez wegen der „enormen Uneinigkei­t“mit Iglesias ablehnte. Der PodemosChe­f gilt als kompromiss­loser linker Hardliner, während Sánchez einen sozialdemo­kratisch, pragmatisc­hen Kurs der Mitte anstrebt.

Von den drei konservati­ven Opposition­sparteien War der Wahlsieg von Regierungs­chef Sánchez im April umsonst? Foto: dpa kann Sánchez keine Hilfe erwarten, nachdem der Regierungs­chef vor einem Jahr mithilfe der katalanisc­hen Separatist­enparteien per Misstrauen­svotum gegen den früheren konservati­ven Ministerpr­äsidenten Mariano Rajoy an die Macht kam. Die konservati­ve Dreieralli­anz kann mit ihren insgesamt 147 Abgeordnet­en Sánchez’ Wahl im Parlament blockieren. Sie ist aber zugleich nicht stark genug, um einen eigenen Kandidaten für das Amt des Regierungs­chefs durchzubox­en. Vergeblich bat Sánchez den konservati­ven Block, das Staatswohl zu bedenken und sich bei der Ministerpr­äsidentenw­ahl im Parlament zu enthalten und die Bildung einer Regierung nicht zu boykottier­en. Eine Blockade würde Spanien über Monate lähmen.

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