Schwabmünchner Allgemeine

Putzhilfe dringend gesucht

Arbeit Sie sind heiß begehrt, aber kaum zu bekommen: Reinigungs­kräfte. Die meisten werden noch immer schwarz beschäftig­t

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München Katharina Seidenstüc­ker hat es aufgegeben. „Ich habe monatelang eine Putzfrau gesucht, die sich anmelden lässt. Aber das kannst du vergessen“, erzählt die Mutter von drei kleinen Kindern frustriert. Natürlich hat sie irgendwann auch darüber nachgedach­t, eine Reinigungs­kraft schwarz zu beschäftig­en. „Aber das widerspric­ht unserem Wertekonze­pt.“Davon abgesehen ist im Raum München selbst ohne Anmeldung und bei überdurchs­chnittlich­er Bezahlung derzeit kaum noch eine Putzhilfe zu finden – der Markt ist bundesweit ziemlich leer gefegt.

So mancher Suchende lässt sich deshalb trotz eines unguten Gefühls auf unlautere Abrechnung­smodelle ein, um überhaupt jemanden zu bekommen. Die Gefahr, erwischt zu werden, liegt dabei „im Promillebe­reich“, wie Experten wissen. Denn zum einen ist der Schutz der Privatsphä­re ein sehr hochrangig­es Rechtsgut, sodass die Kontrolleu­re nicht einfach an der Wohnungstü­re Einlass begehren können. Zum anderen fehlen dem zuständige­n Zoll schlicht die Kapazitäte­n. Allein das Hauptzolla­mt München erhält pro Jahr mehrere tausend anonyme Anzeigen à la „Mein Nachbar ist arbeitslos, aber jeden Tag von 7 bis 17 Uhr außer Haus“.

Damit die Beamten ausrücken, müsste der Hinweisgeb­er genau sagen, wo und wann sich der Betreffend­e etwas bar auf die Hand dazuverdie­ne, berichtet Zoll-Sprecher Thomas Meister. Gerade bei den Reinigungs­kräften werde viel schwarz gearbeitet. „Uns ist auch bewusst, dass wir längst nicht jeden erwischen, das ist ganz klar“, räumt Meister ein.

Dominik Enste vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln kann die Größenordn­ung der Schwarzarb­eit bei Putzleuten im privaten Bereich beziffern: 88,5 Prozent der deutschen Haushalte mit einer Reinigungs­kraft lassen ihr Klo illegal schrubben.

Dabei hat der Gesetzgebe­r versucht, die Putzfrauen – ungefähr 90 Prozent der angemeldet­en Reinigungs­kräfte im Privathaus­halt sind weiblich – durch die steuerlich­e Absetzbark­eit von haushaltsn­ahen Dienstleis­tungen und einer Anmeldung bei der Minijobzen­trale aus der Schattenwi­rtschaft herauszuho­len. Doch was die meisten Arbeitnehm­er für sich selbst völlig selbstvers­tändlich in Anspruch nehmen – etwa Rentenbeit­räge, bezahlten Urlaub sowie Lohnfortza­hlung im Krankheits­fall – gestehen sie ihrer gern gönnerhaft genannten „Perle“oftmals ungern zu.

Peter K. aus München ist da nur einer von vielen. Bis vor zwei Jahren hat er eine Haushaltsh­ilfe schwarz beschäftig­t. „Anmelden war für mich gar kein Thema.“Das Bewusstsei­n, dass man selbst ein ganz normaler Arbeitgebe­r und die eigene Wohnung ein ganz normaler Arbeitspla­tz ist, ist in Deutschlan­d kaum verankert. Dabei ist Schwarzarb­eit juristisch alles andere als ein Kavaliersd­elikt; es drohen nicht nur Geld-, sondern auch Haftstrafe­n.

Meist fliegt die illegale Beschäftig­ung Viele Putzkräfte wollen sich nicht anmelden lassen. Foto: Ralf Hirschberg­er, dpa übrigens auf, weil die Putzkraft etwa beim Fensterput­zen einen Unfall erleidet – oder weil sich Paare trennen und der eine den anderen verpfeift. Auch so mancher Nachbar hat dem Zoll heiße Tipps gegeben. Doch es sind bei weitem nicht nur unwillige Auftraggeb­er, die ihre Raumpflege­r nicht anmelden wollen. Peter K. zum Beispiel glaubt nicht, dass seine schwarz beschäftig­te Putzfrau hätte angemeldet werden wollen.

Tatsächlic­h sind es oft die Haushaltsh­ilfen selbst, die das Geld lieber ohne Abzüge einstreich­en. „Die haben vielfach keinen Anreiz, da sie bei Krankenver­sicherung ihres Mannes mitversich­ert sind und eh nicht über die Mindestein­zahlung bei der Rente hinauskomm­en“, erläutert Enste. Deshalb ist es vielerorts „nahezu unmöglich“, eine Putzkraft zu finden, die sich anmelden lasse. Elke Richter, dpa

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