Schwabmünchner Allgemeine

Wenn der Supermarkt ein Knöllchen ausstellt

Verkehr Immer mehr Läden lassen ihre Parkplätze überwachen und bitten Dauerparke­r zur Kasse. Was erlaubt ist und was nicht

- VON BERRIT GRÄBER

Augsburg Wer in der Stadt einen Parkplatz sucht, braucht gute Nerven und viel Zeit. Oft bieten die Freifläche­n vor Supermärkt­en und Einkaufsze­ntren eine Chance, ein Fahrzeug für ein paar Stunden abzustelle­n. Auch Carsharing-Kunden lassen ihre Autos am Ende der Fahrt gern dort stehen. Doch Vorsicht: Was früher problemlos möglich war, kann jetzt schnell ins Geld gehen. Immer mehr Ladenbetre­iber lassen ihre Flächen überwachen. Dauerparke­r sind unerwünsch­t.

Werden vorgegeben­e Zeiten überschrit­ten oder Parkscheib­en vergessen, bitten die privaten Kontrolleu­re mit 30-Euro-Knöllchen zur Kasse. Oder sie lassen abschleppe­n, legen Parkkralle­n an, schalten Inkassofir­men ein. In jedem Fall wird es teuer. „Das ist für viele zum echten Ärgernis geworden“, sagt Hannes Krämer, Jurist des Autoclubs ACE in Stuttgart. Falschpark­er brauchen sich aber nicht alles bieten lassen. Was erlaubt ist – und was schlicht zu weit geht.

Dürfen Supermärkt­e das Parken überwachen und Strafen verlangen? Ja. Die Betreiber können ihre Kunden kostenlos parken lassen – oder auch nicht. Weil Parkplätze und Tiefgarage­n immer öfter von Fremdparke­rn genutzt werden, die sie manchmal den ganzen Tag blockieren, sind viele dazu übergegang­en, Firmen zur Überwachun­g einzuschal­ten. „Private Wächter wie Park&Control, Fairparken oder Parkräume KG sind in letzter Zeit wie Pilze aus dem Boden geschossen“, berichtet ACE-Jurist Krämer. Vor allem in Ballungsrä­umen, wo Parkraum knapp ist. Die externen Kontrolleu­re überwachen dann das Gelände, bestimmen Regeln und Gebühren und verteilen Strafen. Auf vielen Rewe-Parkplätze­n gilt neuerdings etwa, dass Kunden nur noch ein oder zwei Stunden parken dürfen und eine Parkscheib­e auslegen müssen. Sonst werden bis zu 30 Euro Vertragsst­rafe fällig.

Was ist, wenn die Schilder kaum ins Auge fallen?

Weil Parken nicht mehr überall automatisc­h kostenfrei ist, sollten sich Autofahrer genau umschauen, bevor sie ihr Auto abstellen. Denn: Sobald man die Parkfläche eines Supermarkt­s oder Einkaufsze­ntrums befährt, geht man einen Vertrag mit dem ein, der den Platz bewirtscha­ftet, erläutert Krämer. Aber: Gibt es eine Parkordnun­g, müssen die Schilder auch gut lesbar sein, sofort ins Auge fallen und auflisten, dass Strafen drohen, wie teuer Verstöße kommen und ob abgeschlep­pt wird, erläutern die Experten der Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen. Sind die Schilder versteckt platziert, von Büschen und Bäumen verdeckt, mit winziger Schrift, müssen Autofahrer das nicht hinnehmen. Der Vertrag mit der Kontrollfi­rma kann dadurch unwirksam werden. Betroffene sollten dann Fotos machen und sich gegen die Forderung wehren.

Wer muss zahlen?

Eigentlich gilt: Wer das Auto gefahren hat, muss das Knöllchen zahlen.

Zahlt niemand, kommen die Parkplatzw­ächter nicht weiter – und wenden sich an den Halter des Fahrzeugs. Über das Kennzeiche­n ermitteln sie ihn mithilfe des Kraftfahrt­bundesamts. Ist der Halter nicht selbst gefahren, sondern etwa seine Frau, kann er die Zahlung verweigern. Er sei nicht dazu verpflicht­et, anzugeben, wer das Auto geparkt hat, so Krämer: „Dann ist die Wächterfir­ma in der Beweislast.“Trotzdem sei der Halter nicht in jedem Fall fein raus, gibt der Jurist zu bedenken. So manches Gericht sei

neuerdings der Auffassung, der Halter müsse sehr wohl aufklären, wer gefahren ist.

Womit müssen Carsharing-Kunden rechnen?

„Wer ein Auto von Car2go, DriveNow oder etwa Sixt auf einem Supermarkt­platz übernimmt und feststellt: An der Windschutz­scheibe klebt ein Knöllchen, sollte sich keinen Kopf machen um den Strafzette­l“, rät Krämer. Die Strafe muss der Vorgänger-Fahrer zahlen. Die Parkplatzw­ächter werden ihn über

die Vermietung­sfirma ausfindig machen und zur Kasse bitten. Zu den 20 bis 30 Euro Vertragsst­rafe wegen Falschpark­ens kommen meist noch Bearbeitun­gsgebühren von etwa 25 Euro drauf. „Wer ein Carsharing­Fahrzeug auf einem privaten Parkplatz abstellt, sollte sich vorher schlau machen, ob das erlaubt ist“, warnt der ACE-Jurist. Verstöße kommen sonst teuer zu stehen.

Was, wenn das Auto abgeschlep­pt wird?

Ist es auf den Hinweissch­ildern des Supermarkt­s ausdrückli­ch angekündig­t, sind auch Parkkralle­n und das Abschleppe­n des Fahrzeugs erlaubt. Den Halter können die Abschleppk­osten auch dann treffen, wenn er gar nicht selbst gefahren ist, warnen die Verbrauche­rzentralen. Der Ärger über teure Rechnungen füllt immer mehr Internetfo­ren und Blogs. Aber: Das Auto darf erst abgeschlep­pt werden, wenn es mehrere Tage lang auf dem Supermarkt-Gelände parkt, eine Zufahrt versperrt oder Rettungsfa­hrzeuge behindern könnte. Abschleppe­n nach wenigen Stunden, nur weil die Parkscheib­e fehlt oder wenige Zentimeter über den Markierung­en geparkt wurde, wäre unverhältn­ismäßig, sagt der Rechtsanwa­lt Thomas Hollweck. Solange Abschleppe­n nicht notwendig war und auch keine Vorbereitu­ngen dazu getroffen wurden, sind solche Posten nach Ansicht des Verbrauche­ranwalts unrechtmäß­ig.

Wie kann man sich wehren?

Wer Forderunge­n für unberechti­gt hält, kann Widerspruc­h einlegen und die Rechnung bestreiten. Das Knöllchen ignorieren ist keine Option für Halter, warnt Krämer. Häufig kommt dann bald Post vom Inkassount­ernehmen oder vom Anwalt, was die Summe deutlich verteuert. Wer gar keinen „Strafzette­l“an der Scheibe hatte, sollte einer Inkassomah­nung komplett widersprec­hen. Das Knöllchen kann vom Wind weggeweht worden sein. Mahn- und Verzugskos­ten müssten dann nicht bezahlt werden. Bei Problemen helfen Verbrauche­rzentralen sowie Rechtsanwä­lte weiter.

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Diese Schilder begrüßen heute auf vielen Supermarkt-Parkplätze­n die Einkäufer: Wer dort nicht einkaufen geht und den Parkplatz als Dauerparke­r missbrauch­t, kann abgeschlep­pt werden. Dann wird es vielleicht teuer. Foto: Ulrich Wagner

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