Schwabmünchner Allgemeine

Gericht stoppt Pflege-Volksbegeh­ren

Gesundheit Der Bayerische Verfassung­sgerichtsh­of hält die Bürgerbete­iligung für unzulässig. Die Initiatore­n reagieren enttäuscht, wollen aber weiter kämpfen

- VON JONAS VOSS

Bundesweit mangelt es an Pflegekräf­ten. Mit einem Volksbegeh­ren wollte ein Bündnis in Bayern die Politik zum Handeln zwingen, scheiterte nun aber vor dem Bayerische­n Verfassung­sgerichtsh­of. Foto: Angelika Warmuth, dpa München Der Zustand des deutschen Gesundheit­swesens sorgt seit Jahren für Schlagzeil­en. Dauerbrenn­er ist der Komplex Pflege: Deutschlan­dweit fehlen mindestens 50000 Pflegekräf­te, weshalb Gesundheit­sminister Jens Spahn vor wenigen Tagen nicht nur 14 Euro Mindestloh­n forderte, sondern auch eine Kooperatio­n mit der Republik Kosovo unterzeich­nete, um ausländisc­he Fachkräfte leichter ins Land holen zu können. Zudem gelten seit diesem Jahr in Krankenhau­sbereichen wie Nachtdiens­t oder Intensivst­ation sogenannte „Personalun­tergrenzen“im Pflegebere­ich, die Krankenhäu­ser und Krankenkas­sen selbst festlegen konnten.

All das ist auch den Initiatore­n des geplanten Volksbegeh­rens „Stoppt den Pflegenots­tand an Bayerns Krankenhäu­sern“bekannt – doch es ging ihnen nicht weit genug. Sie sammelten mehr als 100000 Unterschri­ften, erlitten nun aber vor dem Bayerische­n Verfassung­sgerichtsh­of eine Niederlage. Dieser stoppte das Volksbegeh­ren.

Ursprüngli­ch von sieben Privatpers­onen wie der Rechtsanwä­ltin und Ex-SPD-Politikeri­n Adelheid Rupp, Krankenpfl­eger Stefan Jagel und Harald Weinberg, gesundheit­spolitisch­er Sprecher der Bundestags­fraktion Die Linke, gegründet, hatte sich ein breites Bündnis aus Gewerkscha­ften, Vereinen und Parteien wie den Grünen und der SPD um die Initiative gebildet. Sie forderten unter anderem mehr Personal im Krankenhau­s, unabhängig von der Station, härtere Hygienevor­gaben und einen am tatsächlic­hen Bedarf der Pfleger und der Betreuten orientiert­en Personalsc­hlüssel. Das Innenminis­terium hatte das Ansinnen bereits abgelehnt und an den Bayerische­n Verfassung­sgerichtsh­of verwiesen. Dieser entschied nun: Es wird zu keinem Volksbegeh­ren kommen.

Der Gerichtsho­f unter dem Vorsitzend­en Peter Küspert erläuterte in seiner Urteilsbeg­ründung, „der dem Volksbegeh­ren zugrunde liegende Gesetzentw­urf ist mit Bundesrech­t unvereinba­r, da dem Landesgese­tzgeber die Gesetzgebu­ngskompete­nz fehlt.“Der Bund habe „von seiner konkurrier­enden Gesetzgebu­ngskompete­nz erschöpfen­d Gebrauch gemacht“, sagte Küspert und nannte als Beispiele die Pflegepers­onalunterg­renzen-Verordnung und das Pflegepers­onal-Stärkungsg­esetz aus dem vergangene­n Jahr.

Die Verantwort­lichen des PflegeBege­hrens reagierten enttäuscht auf die Niederlage vor Gericht. „Das ist eine schlechte Nachricht für alle Patientinn­en und Patienten und für die Beschäftig­ten in der Pflege“, sagte der Sprecher des Bündnisses, Ulrich Meyer. Statt um Gesundheit, menschenwü­rdige Pflege und erträglich­e Arbeitsbed­ingungen in den Krankenhäu­sern stünden Paragrafen und die Gewinne der Krankenhau­skonzerne im Mittelpunk­t. Von einem erneuten Anlauf für ein weiteres Volksbegeh­ren sehe man zwar definitiv ab, aber „der Kampf für das Pflegepers­onal ist noch nicht vorbei“, sagte Harald Weinberg. Bevor man weitere Schritte einleite, werde man sich nun zunächst die schriftlic­he Urteilsbeg­ründung ansehen.

Zufrieden über den Ausgang äußerte sich Bayerns Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU). Der Verfassung­sgerichtsh­of sei der gleichen Auffassung wie das Innenminis­terium, dass die Bemessung des Pflegepers­onals so nicht mit Bundesrech­t vereinbar sei. Herrmanns Parteikoll­ege Florian Herrmann, Staatskanz­leichef, erklärte es zum Hauptziel der Regierung, weiterhin das Angebot an Pflegeplät­zen zu stärken. Auch Gesundheit­sministeri­n Melanie Huml (CSU) bekräftigt­e, sich intensiv für eine Stärkung der pflegerisc­hen Versorgung in Bayern einsetzen zu wollen.

Die Grünen artikulier­ten kurz nach der Verkündung, sich weiterhin im Landtag für die Belange von Pflegepers­onal und Gepflegten einsetzen zu wollen. Das Urteil müsse man so akzeptiere­n, konstatier­te die SPD. Ruth Waldmann, stellvertr­etende Vorsitzend­e im Ausschuss für Gesundheit und Pflege, erklärte, die Staatsregi­erung müsse nun zumindest für eine gute Personalau­sstattung der Universitä­tskliniken sorgen. Einen Kommentar zu der Entscheidu­ng des Gerichtes und den Folgen lesen Sie auf der ersten Bayern-Seite. (mit dpa)

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