„Machtmissbrauch und Eitelkeit“
Medizin-Skandal Kommission findet deutliche Worte zur Vorstellung eines Krebs-Bluttests
Heidelberg Eine Reihe von Versäumnissen hat nach Überzeugung einer Untersuchungskommission zur verfrühten Vorstellung eines möglichen Brustkrebs-Bluttests an der Uniklinik Heidelberg geführt. Einer der Vorsitzenden der externen Kommission, der Präsident der Leibniz-Gemeinschaft Matthias Kleiner, sprach am Dienstag von „Führungsversagen, Machtmissbrauch und Eitelkeit“in der Klinik. Auf der übergeordneten Ebene habe falsch verstandene Wissenschaftsfreiheit dazu geführt, dass niemand die Pressekonferenz und Pressekampagne verhindert habe, über die der Test publik gemacht wurde.
Die Kommission legte dem Aufsichtsrat der Uniklinik einen Zwischenbericht vor. Mehrere Beteiligte hätten den Chef der Frauenklinik, Christof Sohn, vor der Pressekonferenz am 21. Februar vor der frühzeitigen Veröffentlichung gewarnt. „Sohn wusste von der mangelnden Validität der Testergebnisse“, sagte die ehemalige Bundesverfassungsrichterin Christine HohmannDennhardt, ebenfalls Vorsitzende der Kommission. „Die öffentliche Vorstellung des Bluttests erfolgte erkennbar zu früh.“Bei einem Drittel der Frauen sei mit dem Bluttest Krebs nicht erkannt worden – und umgekehrt wurde bei einem Drittel gesunder Frauen fehlerhaft Krebs erkannt, sagte Kleiner. „Das ist ein dramatisch hoher Anteil.“
Das vom Aufsichtsrat der Uniklinik einberufene Gremium soll Fehlverhalten aufdecken und Empfehlungen abgeben, um dieses zu vermeiden. Sohn hatte den Test Fachwelt und Öffentlichkeit als bald marktreifes Verfahren zur Brustkrebs-Früherkennung vorgestellt. Kritiker warfen ihm vor, angesichts fehlender Veröffentlichung in einer Fachzeitschrift und hoher Fehlerquoten unbegründete Erwartungen zu wecken. Die Vorsitzende des Aufsichtsrats der Uniklinik, Simone Schwanitz, kündigte weitere Beratungen an. Welche Konsequenzen gezogen werden, könne sie noch nicht sagen. Sie betonte die Verantwortung für die fast 11000 Mitarbeiter. „Das Universitätsklinikum Heidelberg ist eine der leistungsfähigsten und forschungsstärksten Kliniken in Deutschland. Die Forschungsergebnisse setzen weltweit Maßstäbe.“Der Ruf habe durch den Bluttest Schaden genommen.
Die Kommission führte 17 Gespräche mit Beteiligten und sichtete 10000 Seiten Dokumentation. Einen Termin für den Abschlussbericht gibt es noch nicht. (dpa)