Der VfB ist nicht mehr drin
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Jahre ist es her, da erklärte Boris Becker, wie unkompliziert die Sache mit diesem Internet doch sei. „Bin ich schon drin?“, fragte der Tennisstar erstaunt. Heute bedarf es nicht einmal mehr eines Klicks, um die digitale Welt zu betreten. Mobile Daten und WLAN-Netze laden zum permanten Surfen ein. Wer allerdings sorglos auf derartige Funkverbindungen vertraut, dem wird die Realität Deutschlands vor Augen geführt. In Österreich noch auf der Datenautobahn unterwegs, bricht das Netz mit Passieren der Grenze zusammen. In manchen Ecken der Republik kriechen Schnecken schneller über Straßen als Dateien runtergeladen werden.
Und so fragt man sich, womit die Verantwortlichen des VfB Stuttgart ihre Zuversicht speisten, als sie diese irre Idee entwarfen: Glaubten sie doch tatsächlich, sie könnten im Jahr 2019 ihre Mitglieder online über einen Präsidenten abstimmen lassen.
Für die Mitgliederversammlung hatten sie extra kabelloses Internet installieren lassen. Natürlich brach das WLANNetz zusammen, ehe es überhaupt aufgebaut war. Niemand konnte abstimmen. Auf andere Art sein Votum abzugeben – etwa mit Handzeichen oder Zettel – ging auch nicht, weil über dieses Verfahren – war ja klar – hätte man vorher online abstimmen müssen.
Der Spot über derartiges Versagen ließ nicht lange auf sich warten. Im Internet, zumindest dafür war die Verbindung wohl stabil genug, witzelten die Mitglieder prompt mit „Koi Fritzlebox“. Ein lustiger Wortwitz auf Kosten des Klubmaskottchens Fritzle. Dem Plüsch-Krokodil dürfte indes kaum zum Lachen zumute sein. Sein Verein für Ballsport stürzt zusehends ins Chaos und zeigt kabarettistische Ansätze eines HSV.
Sportlich muss der VfB den zweiten Abstieg innerhalb weniger Jahre verkraften, hinzu gesellen sich personelle Grabenkämpfe. Wolfgang Dietrich hat gefrustet sein Präsidentenamt aufgegeben, nun sind Grünen-Politiker Cem Özdemir und Vereinsikone Jürgen Klinsmann als Nachfolger im Gespräch. Klinsmann ließ verlauten, er würde bei einem Anruf vom VfB zumindest ans Telefon gehen. Problem: Am Jahresanfang hat die Telekom das analoge Festnetz abgeschaltet.