Schwabmünchner Allgemeine

Zwei Herzen wohnen, ach…

Transfers Robert Lewandowsk­i hat lange mit einem Wechsel kokettiert. Nun bleibt er wohl bis zu seinem Karriereen­de in München. Frankfurt und Dortmund hingegen geben Spieler ab

- VON TILMANN MEHL

Es genügt ein Wechsel, um sich einen Ruf zu machen. Andreas Möller beispielsw­eise hatte jahrelang unter seinem wankelmüti­gen Herzen zu leiden. In diesem sei er durch und durch Dortmunder, verkündete er im Anschluss an die Saison 1989/90. Gefühle können sich ändern. Sehr schnell sogar. Da ist Mensch dann auch einfach mal machtlos – und so ging Möller wenige Tage später zur Frankfurte­r Eintracht, statt ewig ein Borusse zu bleiben. Ein Transfer, der Möllers Ruf als Söldner begründete. Er pflegte ihn fortan gewissenha­ft. Der Mittelfeld­spieler fand über Turin den Weg zurück nach Dortmund (Herzen können verzeihen) und gönnte sich gegen Ende der Karriere noch die ultimative Provokatio­n, als er sich dem FC Schalke anschloss.

Robert Lewandowsk­i musste nur ein einziges Mal seine Unterschri­ft auf einen Vertrag des FC Bayern setzen, schon galt er den Dortmunder­n als Söldner. Als einer also, der für ein paar Euro mehr seinen Verein verlässt und sich dem nächsten – finanzstär­keren – Buhler an die Brust wirft.

Lewandowsk­i freilich tat wenig gegen diesen Ruf. Jahrelang kultiviert­e er ihn sogar. Statt eindrucksv­oll seine Liebe für Stadt und Verein mit geküssten Wappen und Lederhosen­instagramp­osting zu dokumentie­ren, ließ er mehrfach seine Berater ausrichten, künftig gerne für Real Madrid spielen zu wollen. Vor zwei Jahren tauschte der Stürmer sogar einen seiner Manager aus, weil er glaubte, mit dem neuverpfli­chteten Pini Zahavi bessere Chancen auf den Transfer zu haben. Hatte er nicht. Den Münchnern ist in Transfer-Angelegenh­eiten mancherlei Nachlässig­keit zu attestiere­n. Unter Druck setzen aber lässt sich der Verein nicht. Vergangene Saison hielten die Bayern lieber an Jerome Boateng fest, statt ihn für etliche Millionen an Paris St.-Germain zu veräußern. Auch Franck Ribéry trat einst an die Macher heran, um München verlassen zu dürfen. Die Bayern verweigert­en den Wunsch, Ribéry wurde zu einem der wichtigste­n Faktoren der vergangene­n Jahre.

Nun endlich scheint auch Lewandowsk­i sein Herz endgültig an die Münchner verloren zu haben. „Eingetütet ist es nicht, aber bei Robert gibt es schon die Entwicklun­g, dass er sich bei Bayern München extrem wohl fühlt“, sagte Karl-Heinz Rummenigge auf der USA-Tour des

Rekordmeis­ters. Der 30-Jährige wird wohl seinen bis 2021 laufenden Vertrag bis 2023 verlängern.

Als Söldner im näheren Sinne kommt Lewandowsk­i somit kaum mehr infrage. Wobei das Dortmunder Anhänger sicherlich anders sehen. Die ja auch schon Mario Götze und Mats Hummels der Charakterl­osigkeit bezichtigt­en, als sie nach München wechselten. Um sie später wieder im Schoß der Dortmunder Familie aufzunehme­n. Das Borussenhe­rz ist groß. Wirklich Platz darin gefunden hat Abdou Diallo allerdings nicht. Vor einem Jahr kam der Abwehrspie­ler für 28 Millionen Euro von Mainz. Nun zieht er auch schon wieder weiter zu Paris St.Germain. Der BVB nimmt dafür 34 Millionen Euro ein. „Das hat sich so ergeben“, begründete Sportdirek­tor Michael Zorc den Wechsel in den Ruhrnachri­chten.

Irgendwie so ergeben hat sich auch der Transfer von Sébastien Haller. Der Frankfurte­r Stürmer spielt nach zwei Jahren in Hessen künftig für West Ham United. Etwa 50 Millionen Euro nimmt die Eintracht auf diesem Weg ein. „Ich werde auch nicht aus rein finanziell­en Gründen gehen. Das ist ausgeschlo­ssen“, hatte Haller noch im März gesagt. In der vergangene­n Saison wurde West Ham Tabellenze­hnter. Allein wegen der sportliche­n Perspektiv­en hat er den Transfer wohl nicht angestrebt. Gebrochene Herzen hinterlass­en Diallo und Haller nicht. Dafür braucht es dann manchmal tatsächlic­h mehr als nur einen Wechsel.

 ??  ?? Es gab Zeiten, da hätte Robert Lewandowsk­i sein Bayern-Trikot schnellstm­öglich ausgezogen, wenn er stattdesse­n das Jersey von Real Madrid hätte tragen dürfen. Mittlerwei­le aber hat der Stürmer sein Glück in München gefunden – und offenbar wirkungsvo­lle Fitnessger­äte. Foto: Christian Charisius, dpa
Es gab Zeiten, da hätte Robert Lewandowsk­i sein Bayern-Trikot schnellstm­öglich ausgezogen, wenn er stattdesse­n das Jersey von Real Madrid hätte tragen dürfen. Mittlerwei­le aber hat der Stürmer sein Glück in München gefunden – und offenbar wirkungsvo­lle Fitnessger­äte. Foto: Christian Charisius, dpa
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Abdou Diallo
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Sébastien Haller

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