Tanz den Leopold
Choreoloop Leopold Mozart bietet interessanten Stoff für zeitgenössische Choreografien
Der europäische Netzwerker Leopold Mozart hätte auch an diesem in Kooperation mit dem Staatstheater sowie dem Mozartbüro konzipierten Tanzabend in der ausverkauften Brechtbühne seine Freude gehabt! Als künstlerische Leiterin der „Choreoloop“benannten Plattform für zeitgenössischen Tanz zollte Diana Wöhrl im „Leo 300“-Jahr auch choreografisch ihren kreativen und rundum frischen „Tribut“an den Jubilar. Wöhrl ist gebürtige Augsburgerin, studiert derzeit noch an der MUK Wien und tritt im kommenden Jahr ein Tanztheater-Engagement im kroatischen Rieka an.
Dank seiner spannungsreichen Biografie als Musiker, Pädagoge und insbesondere als ambitionierter Wunderkind-Vater liefert Leopold Mozart den dreizehn ins Projekt involvierten Tanzstudierenden eine Fülle an konfliktreichem Stoff, an philosophischen Sujets und an Fragen, die sich trefflich in zeitgenössisches Tanzvokabular transponieren lassen. Die Fesseln der Gesellschaft etwa, die den kindlichen Spieltrieb beschneiden, vertanzten im ersten Teil Soleil-Veronique Jean-Marain und Camilla Orlandi in ihrem ansprechenden Duo „Not (just) a number“, während Yeaji Lim gemeinsam mit Lea Karnutsch im lässigen und „urban“-inspirierten Stilmix darauf hinwiesen, dass die Kunst des Partymachens keine Erfindung der Jetztzeit ist. Ernstere Töne schlug der in Taiwan geborene Shao-Yang Hsieh in seinem archaisch anmutenden, durchdachten Solo „JUS“an, das in eindringlicher Bewegungsqualität überzeugende Bilder für die Drangsal dessen fand, der gegen das Unrecht kämpft.
Ob es ein Druckfehler war oder sie bewusst so genannt wurde, in jedem Fall machte die viersätzige, uraufgeführte „Lepold-Suite“deutlich, wie intensiv sich das gesamte „Choreoloop“-Ensemble mit dem Phänomen Vater und Sohn Mozart beschäftigt hatte, um das Jubiläum nicht nur als Auftritts-Alibi, sondern als Chance für einen spannungsreichen und künstlerisch ambitionierten Transfer in den zeitgenössischen Tanz und damit ins Heute zu nutzen. „Distant Proximity“etwa von Adel Maharani und Jasmin Steffl reflektierte deren lebenslange Symbiose im Briefwechsel. Philip Vötters reichlich skurriles und etwas zu langes, dennoch tänzerisch eindrucksvolles Solo „Temptare“rieb sich am Widerspruch von Versuchung und Heilsversprechen ab.
Großen Anteil am Erfolg hatte sicher auch die mit Raffinesse und dem Einsatz von Flügel, Violine und Gitarre farbig und neutönende sowie live gespielte Komposition des sizilianischen Musikstudenten Alessandro Traina. Voller Sinnlichkeit und Klarheit empfanden zum Finale der Suite Diana Wöhrl mit ihrem Tanzpartner Vito Vidovic Bintchende in „Tight“das emotionale Resultat von Perspektivenwechsel in einer bisweilen von Ehrgeiz und Konkurrenz bewegten Beziehung nach. Wer sein Können (mit)teilt, macht die Dinge einfacher und größer – dies die Botschaft nicht nur dieser ausgefeilten Kurzchoreografie. Sie könnte über dem ganzen Tanzprojekt stehen, das auch in seiner dritten Runde, die wieder von Korbinian Grabmeier moderiert wurde, sehr positives Feedback und verdient langen Beifall bekam. Schade nur, dass die Gruß-undDankes-Orgie (peinlich) lange Ausmaße annahm – das muss nicht sein.