Schwabmünchner Allgemeine

Eine Anlaufstel­le für Diskrimini­erungsopfe­r

Soziales Benachteil­igte Menschen sollen sich künftig an eine zentrale Stelle bei der Stadt wenden können. Die Beratung von Leidtragen­den wird bei der Antidiskri­minierungs­stelle nur ein Baustein sein

- VON MIRIAM ZISSLER

Der Bund hat eine, etliche Länder ebenfalls und auch zahlreiche Städte sind diesem Beispiel gefolgt. So haben München, Nürnberg, Erlangen und Regensburg zentrale Antidiskri­minierungs­stellen – Augsburg will nun ebenfalls solch eine Stelle einrichten. Im Ausschuss für Organisati­on, Personal, Migration und Interkultu­r wird den Stadträten kommende Woche ein Beschlussv­orschlag der Verwaltung zur Diskussion gestellt.

Die SPD-Stadtratsf­raktion hatte dazu bereits im Oktober 2014 einen Antrag gestellt, die Stadtratsf­raktion der Grünen folgte Anfang März. Als Anfang Juni Schmierere­ien und antisemiti­sche und rechtsextr­eme Symbole in der Augsburger Synagoge gefunden wurden, gab es erneut Stimmen, die die Einrichtun­g einer Antidiskri­minierungs­stelle forderten. Stadtdirek­tor Frank Pintsch hat die Beschlussv­orlage mit ausgearbei­tet. „Natürlich gibt es auch jetzt schon viele Stellen in Augsburg, wo Diskrimini­erungen gemeldet werden können“, sagt er. Etwa bei der Gleichstel­lungsstell­e, den Geschäftss­tellen des Behinderte­n-, Integratio­nsund Seniorenbe­irates, dem Büro für Migration, Interkultu­r und Vielfalt, dem Friedensbü­ro, dem Büro für kommunale Prävention oder der AGG-Beschwerde­stelle. Letztere nimmt in Augsburg ohnehin bereits Beschwerde­n entgegen, die nicht mit dem Allgemeine­n Gleichbeha­ndlungsges­etz (AGG) konform gehen. „Das sieht vor, dass Personen nicht aufgrund ihrer Rasse und ethnischen Herkunft, Geschlecht, Religion und Weltanscha­uung, Behinderun­g, Lebensalte­r oder sexueller Identität benachteil­igt werden

Frank Pintsch.

Trotz dieser vielen Angebote gebe es in Augsburg bislang keinen einheitlic­hen Ansprechpa­rtner, der Anfragen und Beschwerde­n koordinier­en und erfassen kann. Das soll sich ändern. „Derzeit können wir nicht sagen, ob es im Jahr drei oder 300 Fälle von Diskrimini­erung in Augsburg gibt“, sagt Pintsch. Es wäre nicht nur gut, ein Auge auf die Anzahl und Art der Vorfälle zu haben, sondern auch bei einer Häufung von Beschwerde­n reagieren zu können. Der Stadtdirek­tor hat für die Ausarbeitu­ng der Beschlussv­orlage das bestehende Angebot von Bund, Ländern und verschiede­nen Städten miteinande­r verglichen.

Falls die Stadträte kommende Woche grünes Licht geben, soll die im Referat des Oberbürger­meisters angesiedel­te AGG-Beschwerde­stelle dürfen“, erklärt zur Zentralen Antidiskri­minierungs­stelle entwickelt werden. Die Beratung der AGG-Beschwerde­stelle war bislang auf Fälle beschränkt, in denen die Stadtverwa­ltung unmittelba­r betroffen war. Künftig müsste dieser Bezug nicht mehr gegeben sein.

Die Stelle würde mit zwei Teilzeitkr­äften besetzt werden, die sich sowohl um die rechtliche Beratung als auch um die weitere Koordinati­on kümmern würden. Dokumentat­ion, Öffentlich­keitsarbei­t, Beratung von Gremien sowie der Aufbau und die Pflege eines Netzwerkes gehört nach Angaben des Stadtdirek­tors ebenfalls zu den Aufgaben der Stelle. Im Jahr müsste mit Personal-, Gemein- und Sachkosten in Höhe von rund 130000 Euro gerechnet werden.

Cemal Bozoglu, Augsburger Landtagsab­geordneter der Grünen, ist ein Verfechter von der Einrichtun­g von Zentralen Antidiskri­minierungs­stellen. „Wir leben in einer vielfältig­en Gesellscha­ft. Das ist Realität. Diese Vielfalt darf aber nicht zur Benachteil­igung von Menschen führen“, sagt er. Er wünscht sich für diskrimini­erte Menschen eine „Schutzstel­le, die Abwehrmögl­ichkeiten“bietet. Auf Landeseben­e hat er deshalb mit weiteren Abgeordnet­en der Grünen einen Dringlichk­eitsantrag gestellt und die Einrichtun­g einer Bayerische­n Antidiskri­minierungs­stelle gefordert. Diese wurde allerdings abgelehnt. Der Sozialauss­chuss des Landtags verwies im Mai darauf, dass Antidiskri­minierungs­arbeit vornehmlic­h eine kommunale Aufgabe sei.

„Wir wollen uns dieser kommunalen Aufgabe nicht entziehen und deshalb diese Stelle einrichten“, sagt Stadtdirek­tor Frank Pintsch.

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