Neue Rollen für die Oboe
Albrecht Mayer begeistert in Bannacker
Nicht nur als Meister seines Instruments ist Albrecht Mayer zu Weltruhm gekommen. Der Oboist, Solist bei den Berliner Philharmonikern, wird auch mit Bearbeitungen gefeiert. Er lässt die Oboe in fremde Gewänder schlüpfen, in die Rollen von Sängern, von anderen Instrumenten. Jetzt begeisterte im Herrenhaus Bannacker sein ungewöhnliches Programm. Sebastian Knauer, der Mayer schon als Dirigent für sein Festival Mozart@Augsburg gewonnen hatte, war sein pianistischer Begleiter.
Mozarts Sonate e-Moll KV 304 – Allegro, ein Mini-Menuetto – stand am Beginn, ein komprimiertes Ereignis. Es durchläuft mit fast kargen Mitteln einen Kosmos zwischen dunklen Gefühlen und hellen Visionen. Mit markant treibendem Ton bereitete Knauer ein Klangbett, auf dem die Oboe die Rolle der Violine mit dem eigenen Charisma füllte, in einer Aura, die Mayer mit betörenden Phrasierungen ausbreitete.
Im zweiten Bravourstück herrschte theatralisch-spektakuläres Flair. Die Fantasie über Donizettis unbekannte Oper „Linda di Chamounix“ist das Werk eines reichlich geheimnisvollen Arrangeurs namens Ludwig „Louis“Klemcke (Mayer dazu ironisch: „Man weiß nur, dass man vom ihm nichts weiß.“). Die abenteuerliche Geschichte um ein in Liebesränke verstricktes armes Bauernmädchen gab Anlass, die Oboe mit pompösen Arien-Anmutungen, allerlei technischen Virtuosen-Szenen und griffigem Melos zu versehen. Mayer zauberte dieses bunte Oboen-Kaleidoskop mit allen seinen beträchtlichen Mitteln zum erquicklichen Amüsement.
Der Künstler, der um unterhaltsame, lässig entspannte, aber auch drastisch aufklärende Moderationspassagen nie verlegen ist, schilderte den Elendszustand der letzten Jahre von Robert Schumann und präsentierte danach die Gegenwelt des romantischen Künstlers. Die drei Fantasiestücke op. 73, fein schwebende, kernig sich aufbäumende, farbstarke Albumblätter, waren leuchtende Juwelen.
Den Abschluss dieses Konzertes bildete Beethovens „Frühlingssonate“F-Dur (Violine/Klavier). Die schlanken und prall sich windenden Linien des einleitenden Allegros, das hinreißend in schlichter Schönheit verströmte Adagio, der skurril kurze Spuk des Scherzos, die kraftvolle Kompaktheit des Finales präsentierte Albrecht Mayers faszinierende Phrasierungskunst, der leicht und nuancenreich schimmernde Ton, die unangestrengt scheinende Virtuosität.
Sebastian Knauer war ihm ein vital mitgestaltender Partner. Er brillierte zwischen diesen Oboen-Perlen solistisch mit fünf berühmten Schubert-Impromptus, die er in zwei Blöcken zur wunderbaren Ergänzung des romantischen Feelings einbrachte. Jubel im voll besetzten Saal des Herrenhauses Bannacker.