Schwabmünchner Allgemeine

Platzt der Traum vom dritten Gleis?

Bahnlinie Mit einer erneuten Resolution für einen schnellen Ausbau zwischen Augsburg und Dinkelsche­rben will der Kreistag das Großprojek­t beschleuni­gen. Doch die Bahn hat andere Pläne, und das werden die Pendler spüren

- VON CHRISTOPH FREY

Landkreis Augsburg Die neueste Generation des deutschen ICE, Frankreich­s Schnellzug TGW und eine 160 Jahre alte Bahnstreck­e: Bei Gabelbache­rgreut treffen sie aufeinande­r, und das wird noch über Jahre so bleiben. Denn der Ausbau der Bahngleise im Westen von Augsburg hat Zuckelzugt­empo, und den Preis dafür werden Tausende Zugpendler aus dem Augsburger Land bezahlen: Ihnen drohen ab Mitte des kommenden Jahrzehnts deutliche Verschlech­terungen bei den Regionalzü­gen.

Deswegen forderte gestern der Kreistag in einer Resolution mehr Tempo beim Ausbau der bestehende­n Bahnstreck­e zwischen Augsburg und Dinkelsche­rben, die unter dem Stichwort „drittes Gleis“als Teil des Gesamtausb­aus der Bahnstreck­e Augsburg–Ulm erfolgen soll. Denn die Pläne der Bahn sehen ein anderes Vorgehen vor. Das verdeutlic­hte Projektlei­ter Markus Baumann am Montag.

Bis 2025 will man so weit sein, dass sich der Bundestag per Gesetz auf eine Trasse festlegen kann, anschließe­n würde sich ein weiteres Jahre langes Verfahren, ehe es überhaupt zum Baubeginn käme. Derzeit aber ist noch nicht einmal klar, wo denn ausgebaut würde. Die berühmte „Weißwurst“(siehe Grafik) aus dem Bundesverk­ehrswegepl­an, die den Planern zwischen Augsburg und Dinkelsche­rben einen engen Korridor entlang der bestehende­n Gleise vorschlägt und ansonsten Raum lässt, ist für Baumann nur eine von mehreren Varianten: „Das kann rauskommen, muss aber nicht.“

Für den Projektche­f der Bahn ist eine Verkürzung der Reisezeit zwischen Ulm und Augsburg von derzeit einer knappen Dreivierte­lstunde auf 27 Minuten oberstes Ziel. Die dafür nötige Trasse soll im Dialog mit der Bevölkerun­g gefunden werden und wirtschaft­lich sein.

Unter diesen von Baumann genannten Bedingunge­n sehen die Politiker im Augsburger Land den lange gehegten Traum vom dritten Gleis in weite Ferne rücken, wenn nicht sogar platzen. Schon der jetzige Zeitplan bedeute Verschlech­terungen für das Nahverkehr­sangebot, warnte der Bundestags­abgeordnet­e Hansjörg Durz (CSU). Ab 2025 würden vom neuen Bahnhof Stuttgart 21 aus wesentlich mehr Fernzüge Richtung München fahren und die Regionalzü­ge im Augsburger Land aufs Abstellgle­is drängen. Durz: „Die Zeit drängt.“Die Bahn müsse eine akzeptiert­e und schnell verwirklic­hbare Strecke wählen – „damit wir das alle noch erleben“.

Seit 1996, als in der sogenannte­n Diedorfer Erklärung das dritte Gleis als Grundlage für den S-Bahn-ähnlichen Zugverkehr genannt wird, hat es mehrere Beschlüsse und Resolution­en für den Bau dritter Gleise auf der Strecke zwischen Augsburg und Dinkelsche­rben sowie Augsburg und Meitingen gegeben. Nun warb Landrat Sailer leidenscha­ftlich für ein erneutes Signal in diese Richtung. Die Region müs

se Geschlosse­nheit demonstrie­ren und jede Trassendis­kussion vermeiden. Sailer plädiert dafür, zwischen Augsburg und Dinkelsche­rben frühzeitig abschnitts­weise loszulegen, selbst wenn der weitere Verlauf der Strecke nach Dinkelsche­rben noch nicht feststehen sollte. Er ver- wies auf die Bedeutung der Bahnstreck­en als Rückgrat für den öf- fentlichen Nahverkehr. Der Land- kreis bastle gerade an einem neuen Mobilitäts­konzept, der Ausbau zwischen Augsburg und Dinkelsche­rben bringe zudem für die Anwohner Lärmschutz und barrierefr­eie Bahnhöfe. Uneingesch­ränkt hinter Sailers Kurs stellten sich auch SPD und Freie Wähler sowie FDP/ÖDP. SPD-Fraktionsc­hef Harald Güller wertete es als „enttäusche­nd, wo wir heute stehen“. FW-Sprecher Fabian Mehring bezeichnet­e den Bau der dritten Gleise im Westen und Norden als „nicht verhandelb­ar“, Manfred Buhl (FDP): „Wir müssen an unseren Positionen festhalten.“

Schwerer taten sich mit einer Zustimmung die Grünen. Die Fraktion sei für einen „zukunftsfä­higen Ausbau“der Strecke, so Sprecherin Silvia Daßler. Dazu gehöre zum Beispiel ein Zehn-Minuten-Takt auf der Schiene im Nahverkehr. Aus der Grünen-Fraktion kam auch die einzige Gegenstimm­e. Hannes Grönninger befand, mit der Resolution werfe man den Planern Knüppel zwischen die Beine. Man solle sie erst einmal machen lassen.

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 ??  ?? Westlich von Dinkelsche­rben schlängelt sich die Bahnstreck­e durch die Westlichen Wälder in Richtung Neu-Ulm. Aufgrund des kurvenreic­hen Verlaufs müssen die Züge auf diesem Abschnitt die Geschwindi­gkeit drosseln. Foto: Marcus Merk
Westlich von Dinkelsche­rben schlängelt sich die Bahnstreck­e durch die Westlichen Wälder in Richtung Neu-Ulm. Aufgrund des kurvenreic­hen Verlaufs müssen die Züge auf diesem Abschnitt die Geschwindi­gkeit drosseln. Foto: Marcus Merk

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