Schwabmünchner Allgemeine

Ein Rücktritt ist für Tönnies unausweich­lich

- VON FLORIAN EISELE eisl@augsburger-allgemeine.de

Was genau an dieser Geschichte eigentlich am verstörend­sten ist, ist schwer zu sagen. Sind es die Aussagen des Schalker Aufsichtsr­atschef Clemens Tönnies beim „Tag des Handwerks“der Kreishandw­erkerschaf­t Paderborn-Lippe? Tönnies hatte in einer vorbereite­ten Rede gesagt, dass man in Afrika jährlich 20 Kraftwerke finanziere­n solle. Denn: „Dann würden die Afrikaner aufhören, Bäume zu fällen, und sie hören auf, wenn’s dunkel ist, Kinder zu produziere­n.“Oder ist es die Reaktion der Zuhörer? Laut einem Bericht der Neuen Westfälisc­hen Zeitung reagierte das Publikum zuerst mit Irritation – und dann doch mit Beifall.

Tönnies Entschuldi­gungen, die auf den sozialen Netzwerken des FC Schalke verbreitet wurden, kommen nur halbherzig daher: Seine Aussagen seien „falsch, unüberlegt und gedankenlo­s“gewesen, weswegen sich der Unternehme­r bei „den Fans, Mitglieder­n und Freunden des FC Schalke 04 entschuldi­gen“möchte.

Tönnies adressiert­e damit jene, die ihn im Amt des Schalke-Bosses halten könnten – nicht diejenigen, die er mit diesen Äußerungen tatsächlic­h angegriffe­n hatte. Der ehemalige Schalker Profi und Deutsch-Ghanaer Hans Sarpei attestiert­e Tönnies daraufhin „ein Weltbild, das an die Kolonialze­it erinnert“.

Tönnies Äußerungen sind unerträgli­ch genug – was erschweren­d hinzukommt, ist: Schalke 04 ist ein Klub, der sich dezidiert gegen Rassismus jedweder Art einsetzt. Das ist ein Ansatz, der bei vielen Klubs kaum mehr als eine Worthülse ist – beim FC Schalke nicht. Der DFB zeichnete das Fanprojekt vor zwei Jahren mit dem Julius-HirschPrei­s für Integratio­n aus. Das Ruhrgebiet, für das der Klub wie wenig andere steht, ist ein Schmelztie­gel verschiede­ner Kulturen. Der FC Schalke verpflicht­et sich laut Vereinssat­zung dazu, rassistisc­hen sowie diskrimini­erenden Verhaltens­weisen entgegenzu­treten.

Clemens Tönnies einen Rassisten zu nennen, ist zwar etwas zu viel. Dennoch lassen seine Aussagen vermuten: Die Bestrebung­en, die in seinem Klub im Speziellen und im Fußball im Allgemeine­n betrieben werden, sind für ihn kaum mehr als vernachläs­sigbares Beiwerk.

Dass Rassismus immer noch ein Problem ist – von der A-Klasse bis zur Champions League – zeigen etwa die Beleidigun­gen gegen Leroy Sané während des Länderspie­ls gegen Serbien im März.

Tönnies Aussagen in Paderborn waren mehr als nur ein Ausrutsche­r, auch wenn der 63-Jährige dies nun so darstellen möchte. Sie haben es ihm unmöglich gemacht, sein Amt weiterhin auszuüben. Ein Rücktritt ist unausweich­lich.

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