AOK kritisiert Spahns Gesetzespläne
Gesundheit Die Krankenkasse fürchtet, künftig Geschäftsstellen schließen zu müssen. Sie warnt davor, dass in der Region weniger Geld für Gesundheit zur Verfügung stehen könnte
Augsburg Der Gesetzentwurf von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), regionale Krankenkassen bundesweit zu öffnen, stößt auf Kritik der bayerischen AOK. Es werde dann vielleicht nicht mehr möglich sein, alle regionalen Geschäftsstellen im Großraum Augsburg und in Schwaben weiter zu betreiben, so Alfred Heigl, AOK-Direktor in Augsburg. Auch Bezirkstagspräsident und Landrat Martin Sailer (CSU) sieht Probleme, wenn sich Versicherte bundesweit ihre Allgemeine Ortskrankenkasse aussuchen könnten.
Die Folge könne am Ende sein, dass es bei den Budgetverhandlungen mit den regionalen Krankenhäusern finanziell enger werde.
AOK-Direktor Heigl fürchtet, dass im Falle des Gesetzes ein Preiswettbewerb auch unter den AOKs in Gang käme. Gesetzlich Versicherte können schon heute zwischen Krankenkassen frei wählen, allerdings sind bestimmte Kassen wie die AOKs nur für Versicherte in einem begrenzten Gebiet offen. Sollten die AOKs nun noch in Wettbewerb zueinander treten, werde der Wettbewerb noch stärker werden, fürchtet Heigl. Konkret könnten sich Versicherte aus Bayern bei der AOK in Niedersachsen versichern und umgekehrt.
Man müsse davon ausgehen, dass vor allem junge gesunde Versicherte wechseln. Im finanzstarken Bayern mit den hohen Einkommen könnte es dadurch dann mit der Finanzierung eines hohen Versorgungsstandards schwieriger werden. „Der Krankenkasse fehlt damit in ihrem Kerngebiet das Geld für die Gestaltung einer guten und passgenauen Versorgung“, so Heigl.
Sailer sagt, dass mit den Plänen der Druck in Richtung einer Zentralisierung erhöht werde. „Dabei gibt es doch den gegenteiligen Trend, nämlich die Wertschöpfung in der eigenen Region zu halten.“Die AOK kenne sich gut in der lokalen Krankenhauslandschaft aus, sagt Sailer, der als Bezirkstagspräsident für die psychiatrischen Kliniken in Schwaben (Bezirkskrankenhäuser) zuständig ist. Das erleichtere die Verhandlungen. Hintergrund ist, dass die Krankenkassen mit den Krankenhäusern jedes Jahr über deren Budgets verhandeln und auch individuelle Entgelte vereinbaren können. Die AOK ist mit 42 Prozent Marktanteil in Schwaben dabei ein gewichtiger Mitspieler.
Auch Silke Klos-Pöllinger, DGBVorsitzende in Augsburg und für die Arbeitnehmerseite im AOK-Beirat, sähe in einer Zentralisierung Probleme. „Die AOK ist eine Krankenkasse zum Anfassen. Das würde beim Preiswettbewerb wegfallen.“Werner Ziegelmeier, Busunternehmer und für die Arbeitgeberseite im AOK-Beirat, verweist auf diverse Zusatzleistungen der Krankenkasse.
Auch Alfred Heigl sagt, dass die Zukunft mancher freiwilliger Leistungen dann nicht mehr gesichert sei. „Finanziell lässt es sich schlecht bewerten, wenn man einem Dreijährigen im Kindergarten erklärt, was ein Apfel ist. Aber wir stellen fest, dass diese Beratung für manche Kinder das erste Mal ist, dass sie mit gesunden Lebensmitteln in Berührung kommen“, sagt der AOK-Direktor. (skro)