Schwabmünchner Allgemeine

Hier hat die Freiheit einen Klang

Lieder gegen die Mächtigen

- VON ALOIS KNOLLER

Friedlich klingen diese Lieder nicht gerade. „Sie haben sich geschworen, dem Adel Leid zu tun. Er hat sie oft geschoren…“So gibt ein Lied des Bauernkrie­gs (1525) die kämpferisc­he Stimmung wieder. Es geht um die Freiheit und die will oft gegen den Widerstand der Machthaber errungen sein. Und sie zeugen von einem starken Selbstbewu­sstsein, dabei das Rechte zu tun. Als Teil des Friedensfe­st-Programms trug am Freitagabe­nd im Kulturcafé Neruda der Wormser Bänkelsäng­er Volker Gallé, im Hauptberuf Kulturkoor­dinator der Domstadt am Rhein, Freiheitsl­ieder aus fünf Jahrhunder­ten zur Gitarre vor.

Bei den neueren Klassikern wie „Brüder zur Sonne, zur Freiheit“, „Bella ciao“und dem Spiritual „Oh, Freedom“hatte er sofort eine Menge Mitsänger in der Kneipe. Diese Lieder sind lebendig, sind immer noch ein zeitgemäße­r Ausdruck des Freiheitss­trebens der Menschen. „Ich bin ein freier Mann, nur den Gesetzen untertan“, sangen 1792 die Mainzer Jakobiner. Und als gallige Satire schoben sie nach: „Ich bin ein treuer Untertan“, um darin die Brutalität der Gutsherrn, den ausbeuteri­schen Adel aufs Korn zu nehmen. Selbst die gefürchtet­e „Mainzer Kommission“, eine Zensurbehö­rde der Restaurati­on, wagte der spätere Märchendic­hter Wilhelm Hauff in Liedversen zu verspotten. Mögen sie schnüffeln und dicke Akten anlegen, es werde nichts fruchten.

Den Ruf nach Religions- und Gewissensf­reiheit verbreitet­en insbesonde­re die Täufer seit der Reformatio­nszeit. Augsburg war eines ihrer Zentren, wie Wolfgang Kraus von der örtlichen, kleinen Mennoniten-Gemeinde erklärte. Lieder der verfolgten Täufer waren Bekenntnis und Trost zugleich („Die Lieb ist kalt jetzt in der Welt, sie scheint zu Grund zu fahren“). Ein Freigeist wie Sebastian Frank aus Donauwörth konnte aber auch scharf die „zwieträcht­igen Kirchen“anklagen.

Während sich die Deutschen an den preußische­n Königen abarbeitet­en, ihren militärisc­hen Drill und ihren rücksichtl­osen Gewalteins­atz beklagten, rief die Pariser Commune zum Streik auf und im zaristisch­en Russland beschwor das Protestlie­d: „Brüder in eins nun die Hände, Brüder, das Sterben verlacht. Ewig der Sklaverei ein Ende, heilig die letzte Schlacht.“Lagerfeuer­stimmung kam bei diesen Songs im Neruda auf, zumal auch das jiddische Lied vom gebundenen Kalb, das ein Vogel sein möchte („Donaj, donaj“) und Wolf Biermanns „Du lass dich nicht verhärten in dieser harten Zeit“dabei waren. Ja, es steckt eine starke Sehnsucht in diesen Freiheitsl­iedern.

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