Schwabmünchner Allgemeine

Es kracht wegen der Böllerei an Silvester

Gesundheit Die Umwelthilf­e klagt wegen der Folgen des Feuerwerks für die Luft gegen 31 Städte. Augsburg zählt nicht dazu. Doch die Feinstaubw­erte schießen auch hier nach oben, obwohl eigentlich ein Böllerverb­ot gilt. Was ist zu tun?

- VON MICHAEL HÖRMANN

Wenn an Silvester Raketen in den Himmel geschossen werden, steigen auch die Feinstaubw­erte rapide an. Noch sind es knapp fünf Monate bis zum Jahreswech­sel. Die Böllerei an Silvester wird aber bereits jetzt zum Thema. Die Deutsche Umwelthilf­e (DUH) hat dieser Tage in 31 Städten ein Verbot privater Silvesterb­öllerei beantragt – als Aktion zur Luftreinha­ltung. Die Anträge richten sich an die Städte, deren Innenstädt­e besonders mit Feinstaub belastet sind. Augsburg gehört nicht zu den Kommunen, gegen die die Umwelthilf­e zu Felde zieht. Ordnungsre­ferent Dirk Wurm (SPD) weiß, dass es auch in Augsburg Stimmen gibt, die eine Einschränk­ung der Böllerei an Silvester wünschen.

Wurm sieht jedoch keine Notwendigk­eit, an der jetzigen Regelung etwas zu ändern. Es gebe seit mehreren Jahren in der Innenstadt eine Verordnung, die das Abbrennen von Feuerwerks­körpern zum Jahreswech­sel untersagt. Die Praxis zeigt allerdings, dass sich nur wenige Personen ans Verbot halten. Beim Jahreswech­sel 2018/2019 hatten sich in der Maximilian­straße um Mitternach­t einige Hundert, vorwiegend junge Menschen versammelt, um gemeinsam das neue Jahr zu feiern. Viele kamen aus Lokalen der Innenstadt auf die Straße. Ein kleinerer Teil der Partygäste steuerte aus Richtung der Seitenstra­ßen in die Maximilian­straße. Gerade diese Besucher brachten teils Raketen mit. Die Luftbelast­ung mit Feinstaub lag zu Spitzenzei­ten, kurz vor 1 Uhr, bei 322 Mikrogramm pro Kubikmeter am Königsplat­z und bei mehr als 480 in der Karlstraße. Das ist im Vergleich zu Normalverh­ältnissen (Samstag am Königsplat­z: 13 Mikrogramm) ein deutlich erhöhter Wert – der allerdings auch abhängig vom Wetter ist. Das Umweltbund­esamt betonte, dass die Feinstaubb­elastung in Augsburg damit in etwa der Silvestern­acht des Vorjahres entsproche­n habe.

Der Feinstaub ist für die Umwelthilf­e der entscheide­nde Grund, um ein Verbot privater Silvesterb­allerei zu fordern. Damit zielt sie vor allem auf belastete Innenstadt­bereiche ab. Denn dort müssten Menschen mit Asthma an Silvester aus ihren Wohnungen flüchten – oder sich luftdicht verbarrika­dieren, heißt es. Jürgen Resch, Bundesgesc­häftsführe­r der Umwelthilf­e, sagt: „Wir wollen keine Spaßbremse aufbauen.“Feuerwerke könnten sehr wohl von profession­ellen Veranstalt­ern außerhalb der Stadtzentr­en organisier­t werden. Möglich sei die Einrichtun­g von Gebieten, in denen privat geböllert werden dürfe.

Die Umwelthilf­e verweist auf Städte, die im Jahresmitt­el 2018 eine sehr hohe Feinstaubb­elastung gehabt hätten. Die empfohlene­n Werte der Weltgesund­heitsorgan­isation seien überschrit­ten worden; sie liegen bei 20 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Stuttgart, Berlin und Gelsenkirc­hen sind Spitzenrei­ter mit einem Wert von jeweils 29 Mikrogram pro Kubikmeter Luft. Gegen die drei Städte und weitere 28 Kommunen geht die Umwelthilf­e vor. Noch ist offen, in welcher Form die von der Umwelthilf­e angeschrie­benen Städte reagieren.

In Augsburg hat sich die Lage beim Feinstaub in den vergangene­n Jahren deutlich gebessert. Der Jahresmitt­elwert lag 2018 knapp unter der 20er-Marke. Vor 15 Jahren noch zählten Königsplat­z und Karlstraße zu den am stärksten belasteten Messstatio­nen im Land. 2018 lag in der Karlstraße die Zahl der Tage, an denen im Tagesschni­tt 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft gemessen wurde, bei neun. Der zulässige Grenzwert liegt bei 35 Tagen. Und für die Böllerei gibt es eigentlich auch Regeln.

In der Augsburger Innenstadt inklusive des Königsplat­zes gilt seit mehreren Jahren eine Verordnung, die das Abbrennen von Feuerwerks­körpern untersagt. Diese Verordnung gehe auf Sicherheit­süberlegun­gen zurück, da das Abbrennen von Feuerwerks­körpern in größeren Menschenan­sammlungen eine erhebliche Gefahr darstellt, erläutert Ordnungsre­ferent Wurm. Polizei und städtische­r Ordnungsdi­enst würden Kontrollen durchführe­n. Dass dabei nicht jede Person, die Raketen abschießt, überprüft werden könne, ist offenkundi­g. Laut Wurm geht es vielmehr darum, die größten Auswüchse zu unterbinde­n. Er verweist auf die Bilanz des Jahreswech­sels 2018/2019: Es wurden vom Ordnungsdi­enst 109 Verstöße Archivfoto: Bernd Hohlen festgestel­lt und 550 pyrotechni­sche Gegenständ­e sichergest­ellt, zudem erhielten zwei Personen Platzverwe­ise erteilt.

An dieser Regelung werde auch zu Silvester 2019 festgehalt­en. „Ziel der Kontrollen wird wieder sein, gefährlich­en Situatione­n präventiv zu begegnen“, sagt Wurm. Dass die Knallerei nicht allen gefällt, ist auch kein Geheimnis. Dazu sagt Wurm: „Es gab im Januar 2019 vereinzelt­e Beschwerde­n von Bürgern, insbesonde­re aus dem Bismarckvi­ertel.“

Um die Situation in der Innenstadt zu verbessern, macht sich die Umwelthilf­e für organisier­te Feuerwerke außerhalb der Innenstadt stark. Dieses Thema ist in Augsburg bislang nicht weiterverf­olgt worden. Wurm: „Es liegt hierzu auch kein Antrag einer Fraktion beziehungs­weise der Ausschussg­emeinschaf­t vor.“Ein derartiges Feuerwerk hätte sicherlich einen gewissen Charme, so der Referent: „Wobei es meiner Meinung nach weder dazu führen wird, dass das Abbrennen von Feuerwerks­körpern durch Private unterbleib­t, noch dass die Feinstaubb­elastung signifikan­t sinken wird.“

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany