Es kracht wegen der Böllerei an Silvester
Gesundheit Die Umwelthilfe klagt wegen der Folgen des Feuerwerks für die Luft gegen 31 Städte. Augsburg zählt nicht dazu. Doch die Feinstaubwerte schießen auch hier nach oben, obwohl eigentlich ein Böllerverbot gilt. Was ist zu tun?
Wenn an Silvester Raketen in den Himmel geschossen werden, steigen auch die Feinstaubwerte rapide an. Noch sind es knapp fünf Monate bis zum Jahreswechsel. Die Böllerei an Silvester wird aber bereits jetzt zum Thema. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat dieser Tage in 31 Städten ein Verbot privater Silvesterböllerei beantragt – als Aktion zur Luftreinhaltung. Die Anträge richten sich an die Städte, deren Innenstädte besonders mit Feinstaub belastet sind. Augsburg gehört nicht zu den Kommunen, gegen die die Umwelthilfe zu Felde zieht. Ordnungsreferent Dirk Wurm (SPD) weiß, dass es auch in Augsburg Stimmen gibt, die eine Einschränkung der Böllerei an Silvester wünschen.
Wurm sieht jedoch keine Notwendigkeit, an der jetzigen Regelung etwas zu ändern. Es gebe seit mehreren Jahren in der Innenstadt eine Verordnung, die das Abbrennen von Feuerwerkskörpern zum Jahreswechsel untersagt. Die Praxis zeigt allerdings, dass sich nur wenige Personen ans Verbot halten. Beim Jahreswechsel 2018/2019 hatten sich in der Maximilianstraße um Mitternacht einige Hundert, vorwiegend junge Menschen versammelt, um gemeinsam das neue Jahr zu feiern. Viele kamen aus Lokalen der Innenstadt auf die Straße. Ein kleinerer Teil der Partygäste steuerte aus Richtung der Seitenstraßen in die Maximilianstraße. Gerade diese Besucher brachten teils Raketen mit. Die Luftbelastung mit Feinstaub lag zu Spitzenzeiten, kurz vor 1 Uhr, bei 322 Mikrogramm pro Kubikmeter am Königsplatz und bei mehr als 480 in der Karlstraße. Das ist im Vergleich zu Normalverhältnissen (Samstag am Königsplatz: 13 Mikrogramm) ein deutlich erhöhter Wert – der allerdings auch abhängig vom Wetter ist. Das Umweltbundesamt betonte, dass die Feinstaubbelastung in Augsburg damit in etwa der Silvesternacht des Vorjahres entsprochen habe.
Der Feinstaub ist für die Umwelthilfe der entscheidende Grund, um ein Verbot privater Silvesterballerei zu fordern. Damit zielt sie vor allem auf belastete Innenstadtbereiche ab. Denn dort müssten Menschen mit Asthma an Silvester aus ihren Wohnungen flüchten – oder sich luftdicht verbarrikadieren, heißt es. Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Umwelthilfe, sagt: „Wir wollen keine Spaßbremse aufbauen.“Feuerwerke könnten sehr wohl von professionellen Veranstaltern außerhalb der Stadtzentren organisiert werden. Möglich sei die Einrichtung von Gebieten, in denen privat geböllert werden dürfe.
Die Umwelthilfe verweist auf Städte, die im Jahresmittel 2018 eine sehr hohe Feinstaubbelastung gehabt hätten. Die empfohlenen Werte der Weltgesundheitsorganisation seien überschritten worden; sie liegen bei 20 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Stuttgart, Berlin und Gelsenkirchen sind Spitzenreiter mit einem Wert von jeweils 29 Mikrogram pro Kubikmeter Luft. Gegen die drei Städte und weitere 28 Kommunen geht die Umwelthilfe vor. Noch ist offen, in welcher Form die von der Umwelthilfe angeschriebenen Städte reagieren.
In Augsburg hat sich die Lage beim Feinstaub in den vergangenen Jahren deutlich gebessert. Der Jahresmittelwert lag 2018 knapp unter der 20er-Marke. Vor 15 Jahren noch zählten Königsplatz und Karlstraße zu den am stärksten belasteten Messstationen im Land. 2018 lag in der Karlstraße die Zahl der Tage, an denen im Tagesschnitt 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft gemessen wurde, bei neun. Der zulässige Grenzwert liegt bei 35 Tagen. Und für die Böllerei gibt es eigentlich auch Regeln.
In der Augsburger Innenstadt inklusive des Königsplatzes gilt seit mehreren Jahren eine Verordnung, die das Abbrennen von Feuerwerkskörpern untersagt. Diese Verordnung gehe auf Sicherheitsüberlegungen zurück, da das Abbrennen von Feuerwerkskörpern in größeren Menschenansammlungen eine erhebliche Gefahr darstellt, erläutert Ordnungsreferent Wurm. Polizei und städtischer Ordnungsdienst würden Kontrollen durchführen. Dass dabei nicht jede Person, die Raketen abschießt, überprüft werden könne, ist offenkundig. Laut Wurm geht es vielmehr darum, die größten Auswüchse zu unterbinden. Er verweist auf die Bilanz des Jahreswechsels 2018/2019: Es wurden vom Ordnungsdienst 109 Verstöße Archivfoto: Bernd Hohlen festgestellt und 550 pyrotechnische Gegenstände sichergestellt, zudem erhielten zwei Personen Platzverweise erteilt.
An dieser Regelung werde auch zu Silvester 2019 festgehalten. „Ziel der Kontrollen wird wieder sein, gefährlichen Situationen präventiv zu begegnen“, sagt Wurm. Dass die Knallerei nicht allen gefällt, ist auch kein Geheimnis. Dazu sagt Wurm: „Es gab im Januar 2019 vereinzelte Beschwerden von Bürgern, insbesondere aus dem Bismarckviertel.“
Um die Situation in der Innenstadt zu verbessern, macht sich die Umwelthilfe für organisierte Feuerwerke außerhalb der Innenstadt stark. Dieses Thema ist in Augsburg bislang nicht weiterverfolgt worden. Wurm: „Es liegt hierzu auch kein Antrag einer Fraktion beziehungsweise der Ausschussgemeinschaft vor.“Ein derartiges Feuerwerk hätte sicherlich einen gewissen Charme, so der Referent: „Wobei es meiner Meinung nach weder dazu führen wird, dass das Abbrennen von Feuerwerkskörpern durch Private unterbleibt, noch dass die Feinstaubbelastung signifikant sinken wird.“