So kommt die neue Skaterlandschaft an
Freizeit Die Bewegungsfläche im Reesepark wird von Jung und Alt gern genutzt. Doch das Miteinander von Kindern und Sportlern führt auch schon zu ersten Konflikten. Warum man ohne Besen im Moment noch nicht skaten kann
Offenbar kann man eine Menge Spaß haben auf der neuen Skaterlandschaft im Reesepark. Zwei Jugendliche flitzen mit ihren BMXRädern die steilen Betonrampen der „Vulkane“hinauf und hinunter, nutzen die Anlaufhügel für Sprünge und nehmen die Kurven zwischen den Hindernissen mit rasantem Tempo. Gleich nebenan hat eine Zweijährige einen der Hügel erklommen und rutscht unter Jauchzen auf ihrem windelgeschützten Po wieder hinunter. Ein Skateboarder zieht auf dem glatt polierten Beton seine Bahnen und versucht an den kleineren Hindernissen seine Tricks. Die Besucher der Anlage an diesem Nachmittag sind sich einig – die Sportanlage der Wohnbaugruppe Augsburg ist großartig. Doch es gibt auch Kritikpunkte.
Das Konzept der 500000 Euro teuren Anlage soll alle Altersgruppen umfassen. Von 0 bis 99 können sich Kinder und Erwachsene hier austoben und auf 1450 Quadratmeter Fläche mit Skateboard, Inlinern, Fahrrädern oder anderen Sportgeräten Spaß haben. Die Anlage wurde von Fachfirmen geplant und umgesetzt und bietet eine Menge für das Skaterherz. „Der Bewegungspark ist der beste Skatepark, den wir derzeit in Augsburg haben – obwohl es gar kein Skatepark ist“, sagt etwa Benjamin Ali von der Skatervereinigung „Raced“. Der Skateprofi, der nach eigenen Aussagen im Vorfeld in die Planung eingebunden war, ist von der Umsetzung angetan.
„Es ist ein Geschenk für alle, ein Spielplatz, der auch skatebar ist“, erklärt er. „So eine Anlage gibt es in ganz Deutschland nicht, ich finde sie super.“Die Kinder könnten durchrollen, die Profis an den anspruchs
vollen Hindernissen ihre Kunststücke ausprobieren. Er findet es auch gut, dass die Benutzung für alle kostenlos ist. „Die wenigen guten Anlagen, die es gibt, kosten Eintritt – das können sich nicht alle leisten. Und weil es in der Szene immer wieder die Ansicht gebe, Kinder hätten auf einem Skatepark nichts zu suchen, betont er: „Das ist keine Skateanlage, sondern ein Spielplatz.“Weshalb die Kleinen dasselbe Recht hätten, dort zu spielen, wie die Großen. „Man muss eben etwas aufeinander achtgeben und Rücksicht nehmen“, ist er überzeugt.
Genau hier setzt die Kritik einiger Sportler an. „Ein Zweijähriger kann nicht achtgeben – also bleibt es wohl an uns hängen“, sagt ein Skateboarder. Er fürchtet, dass ihm während seiner Tricks zwischen den unübersichtlichen Hügeln doch einmal ein Kind vors Board läuft. „Wir haben keine Bremse“, betont er.
Keine Bremse haben auch die beiden jungen Sportler an ihren BMXRädern. „Bremsen stören bei den Tricks“, sagt einer von ihnen. Zum Anhalten drücken sie den Schuh aufs Hinterrad oder springen einfach ab. Wie sie das machen wollen,
wenn unvermutet jemand vor ihnen auftaucht, wissen sie auch nicht so recht. „Die Kinder regen schon auf – man muss ständig aufpassen“, beschwert er sich.
Bin Chellakudam kommt mit seinen Söhnen George (3) und Paul (7) jeden Tag hierher. Sie wohnen in der Nachbarschaft, und seitdem die Anlage eröffnet hat, wollen die beiden nur noch hierher, erzählt er. George ist mit dem Roller unterwegs, sein Bruder mit dem Fahrrad. „Wir kommen mittags – später wird es wahnsinnig voll und dann wird es für die Kinder gefährlich“, sagt der
Vater. Ihm hätte es besser gefallen, wenn man Sportler und Kinder getrennt hätte. „Ich kann die Jungs keine Sekunde aus den Augen lassen“, sagt er. Das sehen andere Eltern offenbar anders – viele der Kinder, die an diesem Nachmittag auf der Fläche herumsausen, scheinen alleine zu sein, die wenigen Eltern, die man sieht, unterhalten sich zumeist.
Flo ist mit seinem Sohn Johannes gekommen. Während der Fünfjährige mit dem Fahrrad unterwegs ist, trainiert der Vater mit dem Skateboard. „Ich wohne in der Nähe und bin schon früher zum Skaten hierher gekommen“, sagt Flo. Auch er sieht die gemeinsame Nutzung kritisch. Spätestens wenn der nahe Kindergarten mit den Kleinen hierher komme, könne man sich als Sportler gar nicht mehr bewegen. Er glaubt, für das Geld hätte man auch eine Anlage für Sportler und daneben einen Spielplatz für Kinder realisieren können. „Die Gersthofer Skateanlage hat 350000 Euro gekostet, da wäre doch noch etwas drin gewesen“, rechnet er vor. „Naja, die Anlage wird so genutzt, wie sie gedacht ist – da darf man sich wohl nicht beschweren“, sagt er dann.
Ein großes Problem, das sowohl Flo als auch mehrere andere Skater ansprechen, sind dagegen die kleinen Steinchen, mit denen die Vulkane oben verfüllt sind. Diese werden von den Fahrradfahrern und auch von Kindern immer wieder auf die Fahrbahn geschleudert, wo sie zu einer ernsten Gefahr für die Skater werden. Angeblich habe es bereits Stürze gegeben, berichten die Skater. „Ohne Besen braucht man hier nicht anzurücken“, sagt einer von ihnen.
Bei der Wohnbaugruppe Augsburg, die die Anlage für die Stadt entwickelt hat und bauen ließ, kann man bezüglich der Steinchen beruhigen. „Auf den ,Kratern‘, wo aktuell das Granulat liegt, wird noch eine Rollrasen-Abdeckung verlegt, sodass keine Steinchen mehr herausfliegen können. Diese Maßnahme soll bis Ende August abgeschlossen sein“, sagt Sprecherin Andrea Wolf. Bei der Nutzung appelliere man an gegenseitige Rücksichtnahme, sodass kleine und große Skatefans den Park gemeinsam nutzen könnten. Im Übrigen sei die Anlage von Seiten des TÜV geprüft und freigegeben.