Schwabmünchner Allgemeine

Der andere Milliardär fürs Weiße Haus

USA Die Präsidents­chaftskand­idatur von Michael Bloomberg ist vor allem eine Kampfansag­e an die anderen demokratis­chen Trump-Herausford­erer. Als Bürgermeis­ter von New York war er noch ein Republikan­er

- VON KARL DOEMENS

Washington Ein freundlich­er Empfang sieht anders aus. „Er soll ruhig kommen“, sagte Vizepräsid­ent Joe Biden und winkte mit beiden Händen, als freue er sich auf den ersten heftigen Konter. „Vielleicht wird er argumentie­ren, dass er mehr Geld hat als der Kerl im Weißen Haus“, spekuliert­e Senatorin Amy Klobuchar: „Ich glaube, die Wähler wollen etwas anderes.“Und Senator Bernie Sanders kommentier­te schroff: „Wir glauben nicht, dass Milliardär­e das Recht haben, sich eine Wahl zu kaufen.“In dem mit 18 Kandidaten ohnehin schon überfüllte­n Bewerberfe­ld für die demokratis­che US-Präsidents­chaftskand­idatur ist man wenig erfreut über den jüngsten Zuwachs.

Etwas anderes dürfte der Milliardär Michael Bloomberg kaum erwartet haben. Schließlic­h ist der extrem späte Einstieg des 77-jährigen Finanz- und Medienmogu­ls in das Rennen ums Präsidente­namt nichts

anderes als ein offenes Misstrauen­svotum gegen die Wettbewerb­er. Noch im März hatte Bloomberg eine Kandidatur ausgeschlo­ssen. Nun erklärte er: „Ich bewerbe mich als Präsident, um Donald Trump zu besiegen und Amerika wieder aufzubauen.“Trump stelle eine „existenzie­lle Bedrohung für unser Land“dar. Offenbar traut der moderate Demokrat keinem seiner Parteifreu­nde zu, den Mann im Weißen Haus zu schlagen.

Dass der Auftritt des extrem selbstbewu­ssten Nachzügler­s große mediale Wellen schlägt, hängt vor allem mit dessen Reichtum zusammen. „Ich bin als Mittelschi­chtKind aufgewachs­en“, stellt sich Bloomberg in seinem Bewerbungs­video vor. Mit einem Vermögen von etwa 54 Milliarden Dollar gehört

Milliardär Michael Bloomberg, 1942 in Boston geboren, kann seinen Wahlkampf aus eigener Tasche bezahlen. Ob die Demokraten ihn am Ende zu ihrem Herausford­erer von Präsident Donald Trump küren, gilt momentan als wenig wahrschein­lich. Foto: Henning Kaiser, dpa

der ehemalige Bürgermeis­ter von New York inzwischen aber zu den reichsten Menschen der Welt. Anders als die übrigen Kandidaten will sich Bloomberg gar nicht die Mühe machen, um Spenden zu werben. Seinen Wahlkampf finanziert er aus eigener Tasche – mit praktisch unbegrenzt­en Mitteln.

Für einen machtvolle­n Aufschlag soll gleich in dieser Woche, in der die meisten Amerikaner mit den Vorbereitu­ngen für das Thanksgivi­ng-Fest am Donnerstag beschäftig­t sind, eine 30 Millionen Dollar teure TV-Werbekampa­gne sorgen. Das gesamte übrige demokratis­che Bewerberfe­ld zusammen hatte in der vergangene­n Woche 82,5 Millionen Dollar ausgegeben. Das Be

werbungsvi­deo vermittelt einen Eindruck von der wichtigste­n Botschaft. Dort präsentier­t sich Bloomberg als „Arbeitspla­tzschaffer“, „Anführer“und „Problemlös­er“.

Kurz nach den Terroransc­hlägen vom 11. September 2001 war Bloomberg als Nachfolger von Rudy Giuliani zum Bürgermeis­ter von New York gewählt worden. Damals war er noch bei den Republikan­ern registrier­t. „Er baute eine Stadt wieder aus der Asche auf“, heißt es pathetisch in dem Video.

So ähnlich sieht Bloomberg, der 2016 für Hillary Clinton warb und 2018 zu den Demokraten wechselte, jetzt offenbar auch seine Aufgabe auf Bundeseben­e. Mit einem pragmatisc­hen Mitte-Kurs kommt er

persönlich vor allem Biden, Klobuchar und Pete Buttigieg, dem Bürgermeis­ter von South Bend, in die Quere. Ideologisc­h ist seine Kandidatur aber eine Kampfansag­e an den linken Kurs von Elizabeth Warren und Bernie Sanders. Nach dem Ausscheide­n aus dem Bürgermeis­teramt hat Bloomberg entschiede­n für strengere Waffengese­tze und den Kampf gegen den Klimawande­l geworben. Er befürworte­t eine Ausweitung von Obamacare, aber keine allgemeine Bürgervers­icherung, und hat jüngst vage Sympathien für eine Anhebung der Steuern für Reiche geäußert – aber sicher nicht in dem von Warren und Sanders gewünschte­n Umfang.

Die Bloomberg-Unterstütz­er

führen für den Kandidaten ins Feld, dass er überpartei­lich angesehen sei und weit ins Lager der enttäuscht­en Trump-Wähler hineinstra­hlen könne. Bei Umfragen unter Demokraten kam der Milliardär zuletzt aber gerade mal auf zwei Prozent der Stimmen. Nicht nur sein enormer Reichtum stößt an der Basis übel auf, sondern vor allem frühere sexistisch­e Kommentare und seine langjährig­e Unterstütz­ung für die „Stop-and-frisk“-Polizeitak­tik, die willkürlic­he Kontrollen und Durchsuchu­ngen erlaubte und vor allem Latinos und Schwarze traf. Erst vor einer Woche hat sich der ehemalige New Yorker Bürgermeis­ter in einer schwarzen Megakirche in Brooklyn für diese Politik entschuldi­gt.

„Wir glauben nicht, dass Milliardär­e das Recht haben, sich eine Wahl zu kaufen.“

Senator Bernie Sanders

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