Streit über Bahntrasse: Landrat droht der Stadt
Verkehrspolitik Martin Sailer (CSU) nennt den neuerlichen Vorstoß für eine Schnellbahnstrecke entlang der Autobahn A 8 nicht akzeptabel und bringt eine Retourkutsche ins Spiel. Dabei geht es um die Straßenbahnlinie 5
Augsburg Im Streit über den Verlauf der künftigen ICE-Trasse zwischen Augsburg und Ulm wird der Ton zwischen Politikern aus der Großstadt und dem Landkreis Augsburg zunehmend rauer. Landrat Martin Sailer (CSU) reagierte am Montag äußerst verärgert über neuerliche Trassendiskussionen in der Stadt Augsburg und schickte eine deutliche Warnung in Richtung Augsburger Rathaus.
Wenn die Querschüsse nicht aufhörten, „dann diskutieren wir neu über die Linie 5“, sagte Sailer vor dem versammelten Kreistag. Der Landkreis könne für den Bau der Straßenbahnlinie, welche in Richtung Stadtbergen die Augsburger Stadtgrenze überschreiten soll, durchaus auch einen Tunnel fordern, gab Sailer zu verstehen. Müsste der gebaut werden, wäre das Straßenbahnprojekt zumindest deutlich teurer. Und womöglich würde es sich noch weiter verzögern.
Seit Jahren schon sind Politiker aus Stadt und Land in Sache ICE
über Kreuz. Vertreter der Stadt und der IHK bringen immer wieder einen Neubau einer Schnellbahnstrecke an der Autobahn A 8 ins Spiel. Davon versprechen sie sich Fahrtzeitgewinne und die Sicherheit, dass Augsburg beim Fernverkehr nicht weiter abgehängt werde.
Die Vertreter des Kreises dagegen pochen auf das, was im Bundesverkehrswegeplan steht: Ein Ausbau der bestehenden Strecke zwischen Augsburg und Dinkelscherben, demnach kann es bis Ulm einen Aus- und/oder Neubau geben. Diese Lösung hätte den Charme, dass die bestehende Bahnlinie zwischen Augsburg und Dinkelscherben damit auch für die Zwecke des Nahverkehrs ausgebaut würde, zudem ist diese Trasse bereits Fakt: Die Bahnstrecke verläuft hier seit gut 160 Jahren. Eine neue Trasse an der gegen die schon alle Anrainer-Gemeinden vehement protestiert haben, müsste dagegen erst mühsam durchgesetzt werden.
Sailer attackierte gestern seinen Parteifreund, den Augsburger CSUBundestagsabgeordneten Volker Ullrich, frontal und sagte mit Blick auf den Inhalt des Verkehrswegeplans: „Es ist erschreckend, wenn ein Politiker nicht weiß, was er beschlossen hat“. Allerdings sieht auch die Bahn in dem Verkehrswegeplan „keine Vorfestlegung für den Planungsprozess“. Heute beginnen bei Westheim die Vermessungsarbeiten für die Trassenfindung. Wo die neue Strecke dann langläuft, soll der Bundestag 2025 entscheiden. Über dieses schleppende Vorgehen haben sich Politiker aus dem Augsburger Land schon mehrfach beklagt. Den Chef der Bahn für das Projekt AugsTrasse
Die Tramlinie 5 und der ICEStreckenausbau nach Ulm entzweit die Politiker in Stadt und Land. Fotos: Wyszengrad, dpa burg-Ulm, Markus Baumann, bezeichnete Sailer am Montag als – so wörtlich – „Trassenverhinderungsplaner“. Es sei deshalb wichtig, weiter Druck auf die Bahn auszuüben. Auf die Rückendeckung der anderen Fraktionen im 70-köpfigen Augsburger Kreistag kann sich der CSU-Politiker dabei verlassen. Das zeigten die Wortmeldungen der Fraktionschefs. Einhellig war die Meinung, dass eine Trasse entlang der Autobahn ein Irrweg sei, der nur das ganze Projekt gefährde. „Dann gibt es in 20 Jahren gar keine Strecke“, sagte Harald Güller, SPD. Er vermutet im Vorgehen der Bahn Methode. Sie wolle das Vorhaben verzögern, weil es für das Milliardenprojekt kein Geld gebe. Der Fraktionschef der Freien Wähler, Fabian Mehring, forderte, den Entscheidungsprozess zu beschleuniAutobahn, gen. Es müsse gelingen, die Trassendiskussion schon 2020 oder 2021 zu beenden. Vielleicht müsse man auch erst einmal klären, was genau der Auftrag der Bahn sei, so Silvia Daßler (Grüne).
Unumstritten ist derzeit nur, dass der rund 85 Kilometer lange Streckenabschnitt Ulm-Augsburg ausgebaut werden muss und dass es sich dabei um ein Milliardenprojekt handelt. Allerdings können, da die Planungen erst am Anfang stehen, weder Kosten, Verlauf noch ein Termin für den Baubeginn benannt werden. Ziel des Großprojektes ist, dass Hochgeschwindigkeitszüge zwischen Ulm und Augsburg nur noch 27 Minuten brauchen.
Davon freilich ist man noch auf Jahre hinaus meilenweit entfernt. Auf der jetzt schon überlasteten Strecke sollen bald noch mehr Fernverkehrszüge fahren, und in erster Linie zu spüren bekommen werden dies tausende Pendler aus dem Augsburger Land. Ihnen drohen schon ab Mitte des kommenden Jahrzehnts deutliche Verschlechterungen bei den Regionalzügen.