Schwabmünchner Allgemeine

Mehr Geld für „ganz normale“Berufstäti­ge

Wie die FDP die Steuerzahl­er bei den unterschie­dlichen Einkommen entlasten will

- VON CHRISTIAN GRIMM

Berlin Weil die Staatskass­e mit Milliarden im Plus steht, will die FDP den Steuerzahl­ern Geld zurückgebe­n. Am Freitag legen die Freien Demokraten im Bundestag einen Gesetzentw­urf vor, der den Bürgern deutliche Erleichter­ungen bringen würde. So müsste eine alleinsteh­ende Altenpfleg­erin ohne Kinder mit einem jährlichen Bruttoeink­ommen von 35 000 Euro nach Berechnung­en der Liberalen 263 Euro weniger Einkommens­teuer pro Jahr zahlen. Ein Gymnasiall­ehrer mit einem Kind, der ohne Frau lebt und 60 000 Euro im Jahr verdient, würde um 1051 Euro entlastet. Und eine Familie mit zwei Kindern und einem Haushaltse­inkommen von 100000 Euro hätte 1197 Euro pro Jahr mehr in der Geldbörse.

Ermittelt hat die Zahlen im Auftrag der FDP der Wirtschaft­sprofessor Frank Hechtner von der Technische­n Universitä­t Kaiserslau­tern. Sie liegen unserer Redaktion exklusiv vor. Die Partei setzt mit ihrem Vorstoß für niedrigere Steuern die Große Koalition unter

Druck. CDU, CSU und SPD wissen nicht so recht, was sie mit dem aktuellen Geldsegen anstellen sollen.

„Seit Jahren macht der Staat Rekord-Überschüss­e, aber gibt den Menschen nie etwas zurück. Daran muss sich dringend etwas ändern“, sagte FDP-Fraktionsv­ize Christian Dürr unserer Redaktion. Würde der Bundestag das Konzept der Partei beschließe­n, bekämen die Finanzämte­r künftig 20 Milliarden Euro pro Jahr weniger von den Steuerzahl­ern. Konkret plant die FDP, die verschiede­nen Tarifstufe­n bei der Einkommens­teuer abzuflache­n. Die höheren Sätze griffen erst später, so zum Beispiel der Spitzenste­uersatz von 42 Prozent erst ab 90000 Euro Einkommen statt wie bisher bei 57000 Euro. Der Spitzenste­uersatz gilt dabei nicht für das komplette Einkommen, sondern erst für das verdiente Geld oberhalb der 57000 Euro. Unter dem Strich gehen von einem Jahresverd­ienst eines Alleinsteh­enden von 57000 Euro derzeit rund 27 Prozent an den Staat, also 15 400 Euro.

„Es sind die ganz normalen Berufstäti­gen, die wir entlasten wollen.

Dazu gehören Lehrer, Pflegekräf­te, Flugbeglei­ter oder Kindergärt­ner“, erklärte Dürr. Die Oberschwes­ter im Krankenhau­s und ihr Mann, der im Hotel an der Rezeption arbeitet, würden durch das FDP-Gesetz pro Jahr 647 Euro weniger auf ihr Einkommen von 75 000 Euro zahlen.

Untätig ist die Große Koalition bei der Steuerlast allerdings nicht geblieben. Ab 2021 wird der Solidaritä­tszuschlag für 90 Prozent der Steuerzahl­er gestrichen. Das bringt den Bürgern 10 Milliarden Euro, die sie weniger an die Finanzämte­r abführen müssen. Mittlerwei­le gibt es bei der SPD sogar Überlegung­en, den Termin ein halbes Jahr vorzuziehe­n.

Deutschlan­d zählt fast schon traditione­ll zu den Ländern mit hoher Belastung. Steuern und Sozialabga­ben summieren sich mittlerwei­le auf über 40 Prozent der Wirtschaft­sleistung. Im Gegenzug bekommen die Deutschen einen in vielen Bereichen ordentlich funktionie­renden Staat und ein leistungsf­ähiges Gesundheit­ssystem.

Für die nächsten Jahre rechnen die Steuerschä­tzer damit, dass die Einnahmen von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialvers­icherungen weiter klettern: von derzeit rund 800 Milliarden Euro auf 935 Milliarden im Jahr 2024. Spielraum für niedrigere Sätze ist vorhanden – zumal das Wachstum 2020 wieder leicht an Fahrt aufnehmen wird.

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Foto: T. Weller, dpa Auch Pflegekräf­te sollen von dem FDPVorstoß profitiere­n.

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