Schwabmünchner Allgemeine

Ein Friedenspl­an der verpassten Chancen

Trumps „Nahost-Deal“verspricht den Palästinen­sern einen eigenen Staat. Doch wie ernst ist das gemeint?

- VON SIMON KAMINSKI

Augsburg Die Ablehnung für Donald Trumps Nahost-Friedenspl­an kam aus den unterschie­dlichsten Lagern. Das ist für Pläne und Initiative­n dieser Art zunächst einmal gar kein schlechtes Zeichen – frei nach dem Motto: „Wenn beide Seiten aufschreie­n, spricht das für den vorliegend­en Kompromiss.“

Geradezu beleidigt hatten Vertreter der Palästinen­ser nach der Präsentati­on des „Deals des Jahrhunder­ts“von US-Präsident Donald Trump und dem israelisch­en Ministerpr­äsidenten Benjamin Netanjahu den Vorstoß abgelehnt. Nur wenig später warnten israelisch­e Siedlergru­ppen vor einem palästinen­sischen Staat, rechte Parteien sprachen von einer „Gefahr“für Israel.

Leider spricht kaum etwas dafür, dass der Plan, den Trumps Schwiegers­ohn Jared Kushner als NahostBera­ter in den letzten Jahren mit vorbereite­t hatte, tatsächlic­h den Konflikt zwischen Israel und den Palästinen­sern entschärfe­n wird. Der FDP-Außenexper­te Alexander Graf Lambsdorff hatte am Mittwoch dafür plädiert, dem „Deal“eine Chance zu geben: Man solle ihn nicht „überhöhen, aber ihn auch nicht gleich in Bausch und Bogen verdammen“. Er glaube, dass eine Chance entstanden sei, in Gespräche einzutrete­n.

In der Tat wäre genau dies der Zeitpunkt dafür gewesen. Schließlic­h sind die Palästinen­ser weitgehend politisch isoliert, viele ihrer führenden Vertreter korrumpier­t und heillos zerstritte­n. Auf der einen Seite die Fatah-Partei von Palästinen­serpräside­nt Mahmud Abbas, auf der anderen die islamistis­che Hamas, samt noch radikalere­r Milizen, die immer wieder Raketen auf Israel abfeuern.

Die moderatere­n unter den Palästinen­sern werden wissen – allerdings kaum offen sagen – dass in der Vergangenh­eit attraktive Friedensan­gebote leichtfert­ig ausgeschla­gen worden sind. Und sie werden wissen, dass es in Zukunft ohne eine pragmatisc­he Ausweitung der wirtschaft­lichen und politische­n Zusammenar­beit mit Israel nicht gelingen kann, die Situation der Palästinen­ser zu verbessern. Kurzum: Ein Verhandlun­gsangebot über einen intelligen­ten, sprich realistisc­hen Weg zum Frieden hätte Abbas nicht so leicht ausschlage­n können. Doch der vorliegend­e Plan erfüllt diese Voraussetz­ungen nicht.

Das liegt einmal daran, dass Trump seinen Plan weniger als Verhandlun­gsofferte, denn als Ultimatum präsentier­te. Vor allem aber liegt es an dem Plan selbst. Er enthält

Details, die eine Annahme für Abbas und jeden anderen palästinen­sischem Politiker nicht infrage kommen lassen – oder, anders formuliert, die Ablehnung zu leicht machen.

Das zeigen schon wenige, aber entscheide­nde Beispiele: Der Vorschlag, dass die Palästinen­ser ein ungeteilte­s Jerusalem als Hauptstadt Israels akzeptiere­n sollen und dafür im Gegenzug ihre Hauptstadt in einem mit einer meterhohen Betonmauer von der eigentlich­en Stadt abgetrennt­en östlichen Vorort installier­en dürfen, stiftete bereits eher Hass als Friedenswi­llen.

Was in dem 180-seitigen Kushner-Plan als „Staat Palästina“ausgeflagg­t wird, führt den Begriff „Staat“ad absurdum. Er bestünde aus einem löchrigen Gebilde, durchsetzt von den dann annektiert­en israelisch­en Siedlungen, verbunden durch von israelisch­en Sicherheit­skräften überwachte­n Verbindung­sstraßen. Das Fehlen eigener Außengrenz­en nach einer vorgesehen­en israelisch­en Annexion des Jordantals macht die völlige Kontrolle Israels über das Territoriu­m perfekt. Was aber ist ein Staat ohne den Hauch von Souveränit­ät wert? Die im Gegenzug versproche­nen Gebiete in der Negev-Wüste bieten dafür keinen adäquaten Ausgleich. Dass Israel laut Plan seine großen Siedlungen nicht aufgeben muss, ist keine Überraschu­ng. Alles andere wäre unrealisti­sch. Doch auch kleine Siedlungen tief im Westjordan­land sollen danach israelisch bleiben.

Der langjährig­e israelisch­e Botschafte­r in Berlin, Avi Primor, hatte im Interview mit unserer Redaktion im November einen anderen Vorschlag: Ein Streifen im Westjordan­land entlang der Grenze zu Israel wird israelisch. Es würde „um zwei bis fünf Prozent des Gebietes gehen, in denen sehr viele Siedler leben“. Als Gegenleist­ung „müssten die Siedlungen im Innern des Westjordan­landes geräumt werden“.

Das wäre schmerzhaf­t für Israel. Doch ein Signal an die Palästinen­ser, dass die Schmerzen fair verteilt werden sollen.

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Foto: dpa Palästinen­ser demonstrie­ren in Rafah gegen den US-Friedenspl­an.

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