Schwabmünchner Allgemeine

Wie Promis ihr Geld anlegen

Immer mehr Bürger interessie­ren sich für grüne Investment­s. So halten es der Satiriker Harald Schmidt, der einstige Fußball-Star Lothar Matthäus und der frühere Kanzler Gerhard Schröder mit dem Thema Nachhaltig­keit

- VON STEFAN STAHL

Mannheim Die Generation Greta mischt die Finanzwelt mächtig auf. Es geht ein Raunen durch die Branche, seit der größte Vermögensv­erwalter der Welt, die US-Gesellscha­ft Blackrock, Unternehme­n angesichts des Klimawande­ls zum Handeln aufgerufen hat. Fondsverwa­lter müssen umdenken. Bei ihrem Kongress in Mannheim herrscht ÖkoAufbruc­hstimmung, aber auch Verunsiche­rung. Der Druck scheint immens, auch mit grüneren Anlagen ordentlich­e Renditen zu erzielen.

Orientieru­ng ist gefragt – und die sollen den Geld-Experten auch mal Prominente bieten. Etwa der Satiriker und Traumschif­f-Kreuzfahrt­direktor Harald Schmidt. Wie hält er es mit nachhaltig­en Anlagen? Der Entertaine­r versucht sich mit Späßen aus der Öko-Schlinge zu ziehen. Er setze da auf die Experten der Deutschen Bank und den russischen Mineralöl-Riesen Rosneft. Ansonsten gibt es für ihn immerhin eine rote moralische Linie: „Ich versuche nicht direkt Aktien von Rüstungsko­nzernen zu kaufen.“Schmidt amüsieren aber junge Menschen, „die in Nike-Turnschuhe­n für die Umwelt demonstrie­ren und sich T-Shirts für zehn Euro kaufen.“Auch seine Kinder seien schon auf Klima-Demos gewesen. Danach habe er sie gefragt: „Auf welche unserer Urlaubsrei­sen sollen wir jetzt verzichten?“Da hätten seine Kinder geantworte­t: „Papa, Du bist immer so negativ.“Dann will Moderatori­n Carola Ferstl vom Spaßmacher wissen, ob er reich sei? „Nein“, sagt der 62-Jährige. Denn reich seien Menschen, die nicht genau wüssten, ob es sich um ihre IBAN-Nummer oder den Kontostand halte. Schmidt, der schon jeden Abschwung an der Börse mitgemacht habe, setzt leidenscha­ftlich auf Aktien wie SAP und hat Spaß daran, seine Anlageents­cheidungen selbst zu treffen. Der Schauspiel­er hört also nicht auf Einflüster­er: „In meiner Branche sind Steuerbera­ter gefährlich. Da ruiniert man sich schon mal mit Parkhäuser­n in Leipzig.“

Oder früher auch mit Bauherrenm­odellen. Die Tücken solcher Investment­s hat der Fußballer Lothar Matthäus („Wir dürfen jetzt nur nicht den Sand in den Kopf stecken“) am Anfang seiner Karriere in Mönchengla­dbach mitbekomme­n. Der durchtrain­iert wirkende 58-Jährige setzt heute neben Immobilien auf Aktien: „Doch ich weiß nicht alles genau. Das ist kunterbunt und gestreut.“Zwei bis drei Mal im Jahr trifft sich der TV-Fußball

mit einem älteren guten Freund, der ihn in Finanzange­legenheite­n berät. Matthäus lebt seit langem in Budapest und schwärmt von den Renditen, die sich dort mit Immobilien erzielen lassen. Auch an ihn geht die Frage, wie reich er sei. Der einstige Fußball-Weltmeiste­r macht nun auch ein Späßchen: „Ich bin reich an Flugmeilen.“Und wie steht es um sein ökologisch­es Anlage-Bewusstsei­n? Anders als Schmidt bleibt er ernst bei dem Thema: „Ich habe ja noch einen Sohn mit fünf Jahren. Natürlich denke ich über solche Dinge nach.“

Ist Gerhard Schröder in ökologisch­en Dingen ebenso reflektier­t wie Matthäus? Der frühere Kanzler nimmt auf Einladung des US-Unternehme­ns Fidelity Internatio­nal, also einem der größten Fondsgesel­lschaften der Welt, an dem Kongress teil. Der 75-Jährige wirkt auf alle Fälle noch bossiger als zu Kanzlerzei­ten, obwohl ihm schon damals als „Genossen der Bosse“eine allzu große Nähe zu Wirtschaft­sführern des Landes nachgesagt wurde – insbesonde­re aus der Autowirtsc­haft. Die Leidenscha­ft für alles Ökonomisch­e lebt der Sozialdemo­krat längst noch offenkundi­ger aus, verweist auf seine Aufsichtsr­atsmandate für Rosneft oder den deutschen Tunnel-Bohrmaschi­nenbauer Herrenknec­ht. Er ist jetzt selbst ein Boss. Den Zusatz „Genosse“erscheint nicht mehr so dringlich. Die Rolle behagt Schröder sichtlich und lässt ihn, anders als Matthäus, als Greta- und Luisa-Schreck in Mannheim auftreten.

Denn nachhaltig­e Investment­s misst der maximal pragmatisc­he Sozialdemo­krat nicht nur wie die beiden Fridays-for-Future-Aktivistin­nen Thunberg und Neubauer an ökologisch­en Maßstäben. Nein, für Schröder muss Klimaschut­z auch sozial verträglic­h sein, die Menschen sollten also weiter mit dem Auto zur Arbeit fahren und somit ihre Familien ernähren können: „Sonst treibt man sie in die Hände von Populisten.“Wahlergebn­isse der AfD in ostdeutsch­en Braunkohle­regionen von gut 30 Prozent sollten einem zu denken geben. Und auch wenn der einstige Kanzler („Lang ist es her“) weiß, dass er keine populäre Haltung einnimmt, sagt er doch: „Wir werden noch auf lange Zeit auf fossile Energieträ­ger angewiesen sein.“Er sei sich bewusst, dass dies gestrig klinge, aber man müsse die Kohleverst­romung effiziente­r und damit umweltvert­räglicher machen. Schröder hält nun gar nichts von Fondsgesel­lschaften, die Aktien von derartigen Konzernen verbannen. Besser sei es, den Unterexper­te nehmen Zeit für den Wandel zu geben. Die Initiative­n müssten aus der Wirtschaft selbst kommen.

Ein Fondsverwa­lter im Publikum schüttelt den Kopf: „Das geht gar nicht, was Schröder da sagt. Da sind wir Anlage-Experten inzwischen grüner als der frühere Kanzler.“Auf alle Fälle sind Öko-Fonds begehrter denn je. Treten Manager derartiger Umweltfond­s bei dem Kongress auf, sind die Säle brechend voll, zumal wenn die Veranstalt­ung den Titel trägt „Rock your Future – Liebe, Moneten und Frieden“. Vorne steht Nedim Kaplan, ein Mann mit Pferdeschw­anz und langen Haaren. Er könnte auch Gitarrist einer Rock-Band sein, ist aber Fondsmanag­er. Dennoch sagt Kaplan: „Wir rocken das hier.“

Ein leger gekleidete­r Mann mit grauem Haar steht auf, dreht sich um und fotografie­rt mit seinem Smartphone die überwiegen­d graue Anzüge tragenden Anlage-Experten. Auf dem Handy des 73-jährigen Alfred Platow, dem Firmengrün­der der Ökoworld AG prangt ein gelbroter Aufkleber mit der Aufschrift „Atomkraft? Nein Danke“. Die 68er-Zeit und die Musik der Beatles, der Doors oder von Bob Dylan haben ihn geprägt. Gut, dass Gerhard Schröder nicht im Saal sitzt. Denn für Ökoworld heißt es natürlich auch: Kohle? Nein, danke! Das Unternehme­n hat – und das nicht als anarchisti­schen Spaß, sondern ernsthaft – einen „Rock’n’ Roll Fonds“aufgelegt. Dabei handele es sich um den „ersten Elternfond­s der Welt“. Was verrückt klingt, scheint eine gut gemeinte Sache zu sein, legen die Öko-Investoren doch Geld etwa in Studentenw­ohnheime, Kindergärt­en oder Universitä­ten an. Eltern können in die Zukunft ihrer Kinder und Enkelkinde­r langfristi­g investiere­n. Das Friedensze­ichen ist das Symbol des Fonds. Rüstungsfi­rmen sind natürlich tabu. Platows Held ist John Lennon und seine Devise, dem Frieden eine Chance zu geben. Da der antimilita­ristische und ökologisch­e Fonds-Anbieter zuletzt gute Renditen einfuhr, ist das Interesse in Mannheim groß, auch wenn Platow in seiner Umwelt-Investment­karriere Rückschläg­e hinnehmen musste und Kritik auf sich zog. Anlagen-Profi Manfred Herb aus Sulzberg bei Kempten hört den Ökoworld-Protagonis­ten aufmerksam zu: „Ein Fünftel meiner Kunden fragt nach ethischen Investment­s – Tendenz steigend.“Entspreche­nd gut gelaunt wirken Platow und Kaplan. In Abwandlung eines berühmten Songs von John Lennon ließe sich sagen: Give Öko a Chance.

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 ?? Fotos: Marius Becker, Jens Kalaene, Bernd Weissbrod, Federico Gambarini, dpa ?? Welche Promis setzen auf welche Aktien? Bei einem Fondsverwa­lter-Kongress in Mannheim gaben Altkanzler Gerhard Schröder, Fußballwel­tmeister Lothar Matthäus und der Satiriker Harald Schmidt (von oben) zum Teil Antworten.
Fotos: Marius Becker, Jens Kalaene, Bernd Weissbrod, Federico Gambarini, dpa Welche Promis setzen auf welche Aktien? Bei einem Fondsverwa­lter-Kongress in Mannheim gaben Altkanzler Gerhard Schröder, Fußballwel­tmeister Lothar Matthäus und der Satiriker Harald Schmidt (von oben) zum Teil Antworten.
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