Eine hochpolitische und bühnenwirksame Oper
Antje Schupp inszeniert Gian Carlo Menottis „Der Konsul“. Es geht darin um Diktatur und Bürokratie
Einen entspannten Eindruck macht die junge Regisseurin, obwohl am Abend die Generalprobe ihrer Augsburger Operninszenierung „Der Konsul“ansteht. Ein Großteil der Arbeit ist mittlerweile getan, Schupp wirkt zufrieden. Sie hat das erste Mal in Augsburg gearbeitet, fand das Ensemble des Staatstheaters inspirierend und ist jetzt gespannt, wie die Zuschauer diese moderne Oper aufnehmen werden.
Eine hochpolitische Oper hat Gian Carlo Menotti Ende der 1940er Jahre geschrieben und komponiert, ausgelöst durch den Bericht in der
New York Times über den Suizid einer polnischen Emigrantin, der die Aufenthaltsgenehmigung verweigert worden war. Und dann verarbeitete der Komponist, der gleichzeitig auch Librettist war, in seiner 1950 uraufgeführten Oper die Schicksale seiner jüdischen Freunde, die zuvor aus Deutschland und Österreich fliehen mussten. So erzählt er die Geschichte einer Familie, die versucht, einer Diktatur zu entfliehen, aber Probleme bekommt, Papiere für die Ausreise zu erhalten. Währenddessen bedrängt der Geheimdienst die Familie immer stärker.
Schupp fand diese Oper, die sie gemeinsam mit dem Staatstheater Augsburg ausgesucht hatte, vom ersten Moment an spannend und auch unterhaltsam und durch die Handlung natürlich auch mit einem großen Bezug zur Gegenwart ausgestattet. „Man hört, dass es amerikanisch klingt“, sagt sie. Die Musik und die Handlung seien sehr bühnenwirksam, gleich in den ersten
Minuten gehe es in die Vollen, wenn klar wird, dass John Sorel (Wiard Witholt) für sich und seine Familie keine Zukunft mehr in diesem Land sieht und der Situation zu entfliehen versucht. So geht es die ganzen 100 Minuten dieser Oper weiter. Die Szenen seien allesamt recht kurz. „Die Rezitative treiben die Handlung voran“, sagt Schupp. Und dann gebe es zwischendrin nicht nur diese tragische Handlung, sondern auch komische Momente.
Bevor die Regisseurin sich an die Inszenierung und das Konzept machte, war ihr wichtig zu klären, wie sie selbst zu diesem Thema steht. „Die Erfahrung, flüchten zu müssen, habe ich nicht gemacht“, sagt sie. Allerdings wisse sie, was es heißt, wenn eine Aufenthaltsgenehmigung ablaufe. Im Sommer müsse sie ihre in der Schweiz wieder verlängern. Seit zehn Jahren lebt die 1983 in München geborene Schupp in Basel. Die Absolventin der August-Everding-Akademie hat sich in der Schweiz ein Standbein als freie Regisseurin, Autorin und Performerin aufgebaut. Wie erfolgreich, zeigt sich gerade darin, dass sie den Festspielpreis der Züricher Festspiele 2020 gewonnen hat, der darin besteht, ein Theaterprojekt zu entwickeln. „Revue 2020 – Zurück ist die Zukunft“lautet der Titel, die Inszenierungsarbeit an der Produktion beginne aber erst, erzählt Schupp.
Und sie gehört zu den AllroundTalenten des Theaters. Auf der einen Seite entwickelt sie Projekte in der freien Theaterszene, auf der anderen Seite wird sie von Theaterhäusern als Regisseurin engagiert. Sie inszeniert nicht nur Musiktheater, sondern auch Dramen. Ach ja – und im Rahmen einer Recherche und interessehalber hat sie in Basel auch einmal bei einer Zeitung gearbeitet, aber das ist eine ganz andere Geschichte. Jetzt genoss es Schupp, einmal wieder nahe der alten Heimat über Wochen zu arbeiten. In Pfaffenhofen ist sie aufgewachsen, in München hat sie studiert. Aber bevor sie dort noch ein paar Tage verbringt, steht die Premiere an.