Schwabmünchner Allgemeine

Eine hochpoliti­sche und bühnenwirk­same Oper

Antje Schupp inszeniert Gian Carlo Menottis „Der Konsul“. Es geht darin um Diktatur und Bürokratie

- VON RICHARD MAYR

Einen entspannte­n Eindruck macht die junge Regisseuri­n, obwohl am Abend die Generalpro­be ihrer Augsburger Operninsze­nierung „Der Konsul“ansteht. Ein Großteil der Arbeit ist mittlerwei­le getan, Schupp wirkt zufrieden. Sie hat das erste Mal in Augsburg gearbeitet, fand das Ensemble des Staatsthea­ters inspiriere­nd und ist jetzt gespannt, wie die Zuschauer diese moderne Oper aufnehmen werden.

Eine hochpoliti­sche Oper hat Gian Carlo Menotti Ende der 1940er Jahre geschriebe­n und komponiert, ausgelöst durch den Bericht in der

New York Times über den Suizid einer polnischen Emigrantin, der die Aufenthalt­sgenehmigu­ng verweigert worden war. Und dann verarbeite­te der Komponist, der gleichzeit­ig auch Librettist war, in seiner 1950 uraufgefüh­rten Oper die Schicksale seiner jüdischen Freunde, die zuvor aus Deutschlan­d und Österreich fliehen mussten. So erzählt er die Geschichte einer Familie, die versucht, einer Diktatur zu entfliehen, aber Probleme bekommt, Papiere für die Ausreise zu erhalten. Währenddes­sen bedrängt der Geheimdien­st die Familie immer stärker.

Schupp fand diese Oper, die sie gemeinsam mit dem Staatsthea­ter Augsburg ausgesucht hatte, vom ersten Moment an spannend und auch unterhalts­am und durch die Handlung natürlich auch mit einem großen Bezug zur Gegenwart ausgestatt­et. „Man hört, dass es amerikanis­ch klingt“, sagt sie. Die Musik und die Handlung seien sehr bühnenwirk­sam, gleich in den ersten

Minuten gehe es in die Vollen, wenn klar wird, dass John Sorel (Wiard Witholt) für sich und seine Familie keine Zukunft mehr in diesem Land sieht und der Situation zu entfliehen versucht. So geht es die ganzen 100 Minuten dieser Oper weiter. Die Szenen seien allesamt recht kurz. „Die Rezitative treiben die Handlung voran“, sagt Schupp. Und dann gebe es zwischendr­in nicht nur diese tragische Handlung, sondern auch komische Momente.

Bevor die Regisseuri­n sich an die Inszenieru­ng und das Konzept machte, war ihr wichtig zu klären, wie sie selbst zu diesem Thema steht. „Die Erfahrung, flüchten zu müssen, habe ich nicht gemacht“, sagt sie. Allerdings wisse sie, was es heißt, wenn eine Aufenthalt­sgenehmigu­ng ablaufe. Im Sommer müsse sie ihre in der Schweiz wieder verlängern. Seit zehn Jahren lebt die 1983 in München geborene Schupp in Basel. Die Absolventi­n der August-Everding-Akademie hat sich in der Schweiz ein Standbein als freie Regisseuri­n, Autorin und Performeri­n aufgebaut. Wie erfolgreic­h, zeigt sich gerade darin, dass sie den Festspielp­reis der Züricher Festspiele 2020 gewonnen hat, der darin besteht, ein Theaterpro­jekt zu entwickeln. „Revue 2020 – Zurück ist die Zukunft“lautet der Titel, die Inszenieru­ngsarbeit an der Produktion beginne aber erst, erzählt Schupp.

Und sie gehört zu den AllroundTa­lenten des Theaters. Auf der einen Seite entwickelt sie Projekte in der freien Theatersze­ne, auf der anderen Seite wird sie von Theaterhäu­sern als Regisseuri­n engagiert. Sie inszeniert nicht nur Musiktheat­er, sondern auch Dramen. Ach ja – und im Rahmen einer Recherche und interesseh­alber hat sie in Basel auch einmal bei einer Zeitung gearbeitet, aber das ist eine ganz andere Geschichte. Jetzt genoss es Schupp, einmal wieder nahe der alten Heimat über Wochen zu arbeiten. In Pfaffenhof­en ist sie aufgewachs­en, in München hat sie studiert. Aber bevor sie dort noch ein paar Tage verbringt, steht die Premiere an.

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Foto: Jan-Pieter Fuhr Ein Szenenbild aus Schupps Inszenieru­ng von „Der Konsul“. Gearbeitet wird dort auch mit Videos.

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