Immer Ärger mit dem „Blitz“-Abschleppdienst
Kein anderes Unternehmen in dem Metier gilt in Augsburg als so rücksichtslos, viele Betroffene sprechen von Abzocke. Der Inhaber verteidigt sich. Auftraggeber kommen aus einem bestimmten Grund auf die Firma zu
Claudia Dirwelat ist immer noch wütend. „Ich will mein Geld zurück“, sagt sie. 300 Euro musste sie zahlen. Und für was? Dafür, dass sie ihr Auto im Riedinger Park abgestellt hatte, um eine Veranstaltung in der Rockfabrik zu besuchen. Viele Besucher kommen mit dem Auto und parken es dort. An dem Wochenende war auf dem Gelände viel los, Claudia Dirwelat entdeckte hinter einem Container an einer Wand noch eine Lücke und stellte ihren Mini dort ab. Kein markierter Parkplatz, aber auch keine Stelle, an dem ein Auto jemandem im Weg stehen würde oder stören könnte. Als die Augsburgerin später ihr Auto suchte und nach Hause fahren wollte, war es weg.
Es war ein Tag im November, nachts um zwei Uhr an einem Wochenende und dunkel. Kein Zeitpunkt allzu großer Betriebsamkeit eigentlich. Ein Augsburger Abschlepp-Unternehmen hatte in dieser Nacht offenbar trotzdem gut zu tun. Laut Dirwelat nahm die Firma in dieser Nacht diverse Autos auf dem Parkplatz an den Haken – und rückte sie erst wieder raus, nachdem die Betroffenen 300 Euro gezahlt
Morgens um 4 Uhr bekam Dirwelat das Auto schließlich wieder, sie wurde zum Plärrer gefahren. Dort stand der Mini. Ein suspektes Vorgehen, wie die Augsburgerin findet. Sie spricht von einer „Ungerechtigkeit“und überlegt sich, rechtliche Schritte einzuleiten. Eine Antwort der Abschleppfirma auf eine Anfrage von Dirwelat liest sich kühl: „Der Parkplatz darf an den Wochenenden von Gästen der Rockfabrik genutzt werden, jedoch nur der Parkplatz mit den markierten Parkflächen. Sie standen außerhalb dieser Markierung“, heißt es.
Gut möglich, dass Dirwelat vor Gericht keine großen Chancen hätte. Es ist allerdings auch kein Einzelfall, dass sich Autofahrer in Augsburg über die betreffende Abschleppfirma aufregen. Der „BlitzAbschleppdienst“hat sich einen gewissen Ruf erarbeitet. Viele Betroffene empfinden die Methoden des Unternehmens als rücksichtslos, als halbseiden, als Abzocke. Einmal sorgte die Firma für Schlagzeilen, als sie in einer Hauruck-Aktion 13 Roller und 25 Fahrräder von Pendlern am Hauptbahnhof abtransportierte, die auf einer freien Fläche hinter dem Bohus-Center standen. Ein anderes Mal, als sie Autos von
kassierte, während diese im Gottesdienst saßen. Es gibt drei Abschleppdienste in der Stadt, in die Schlagzeilen gerät immer nur eines.
Ortstermin in Steppach beim Blitz-Abschleppdienst, der hier am Rande der Stadt seinen Sitz hat. Zum Betriebsgelände gehört eine Kfz-Werkstatt, draußen stehen günstige Gebrauchtwagen zum Verkauf. Drinnen hängen im Eingangsbereich Urkunden an den Wänden: Zertifikate, Mitgliederbescheide. Der Chef des Unternehmens, Volkan Cindil, erklärt in seinem Büro, wie er die Sache sieht.
Und zwar so: Wenn die Leute korrekt parkten, schleppe man nicht ab, das dürfe man gar nicht, sagt er. Zudem agiere man nur im Auftrag, etwa von Supermärkten, Immobiliengesellschaften, Restaurants. Einige Auftraggeber wollten, dass man Autofahrern 30 Minuten Zeit gebe, ehe man ihre Wagen mitnehme, andere, dass man direkt abschleppe, wenn diese falsch parkten. Man sei aber auch ein Abschleppdienst, der Pannenfahrzeuge an den Haken nehme und Autofahrern so auf Auftrag schnell helfe. Außerdem gibt es noch die Werkstatt, in der an diesem Tag gerade zwei Mitarbeiter an einem Auto schrauben. Zwölf Menhatten. schen arbeiten für „Blitz“, Kfz-Mechatroniker und gelernte Lkw-Fahrer. Ein seriöses Unternehmen, so sieht es der Chef. Autos abschleppen wolle auch nicht jeder machen, sagt Volkan Cindil. Man müsse ständig erreichbar sein, auch mitten in der Nacht mal raus. Den Ruf, den seine Firma hat, findet Cindil ungerechtfertigt. Klar würde Leute, die sich ungerecht behandelt fühlen, auch mal vor Gericht ziehen. „Aber zu 90 Prozent gewinnen wir.“
Das mag stimmen, zum Gesamtbild gehört aber auch, dass die Firma eben manchmal doch verliert, obwohl sich die Justiz in der Regel auf die Seite von Abschleppfirmen schlägt. So gab das Amtsgericht etwa der Klage eines Ehepaars statt, dessen Auto im August 2016 mitgenommen worden war. Die Warnschilder seien nicht ausreichend gewesen, urteilte das Gericht. Es sei nicht klar, dass sich ein Schild auf den vom Kläger gewählten Parkplatz beziehe. Das Amtsgericht kam zum Schluss, die Abschlepp-Aktion sei rechtswidrig gewesen. Die Firma musste die Abschleppkosten plus fünf Prozent Zinsen erstatten. Ein Mitarbeiter der Firma akzeptierte im vergangenen Jahr einen Strafbefehl über 1200 Euro wegen des VorGläubigen wurfs der Erpressung: Er hatte das Auto einer Seniorin abgeschleppt, die es kurz vor einem Zusammenbruch noch auf dem Ladehofareal beim Hauptbahnhof abstellen konnte. Als der Sohn der Seniorin ihm die Situation erklärte, rückte der Mann das Fahrzeug dennoch nicht raus, sondern verlangte 320 Euro.
Dass der Abschleppdienst allen schlechten Schlagzeilen zum Trotz seit fast acht Jahren existiert, liegt auch daran, dass es die Firma ihren Auftraggebern bequem macht. „Blitz“übernimmt das Abschleppen und das Eintreiben der Kosten. Dafür behält das Unternehmen im Gegenzug auch die gesamte eingeforderte Summe. Seit November schleppt „Blitz“etwa vor dem Holbein-Gymnasium ab, als Teil eines Konzeptes gegen Ruhestörungen und Vandalismus vor dem Gebäude, wie ein Mitglied der Schulleitung erklärt. Dass man sich für die Firma entschieden habe, liege an der unbürokratischen Vorgehensweise. Man habe seither keine Beschwerde bekommen, dass jemand zu Unrecht abgeschleppt worden sei. Online allerdings äußern Leute ihren Unmut. Sonntagnachts in den Ferien abzuschleppen, schreibt einer, sei „mehr als Abzocke“.