Aiwanger krempelt die Ärmel hoch
In der Krise zeigt der Wirtschaftsminister Sinn fürs Praktische. Seine Devise: „Wenn der Minister selbst kommt, dann läuft’s.“Bei Atemschutzmasken hat es schon geklappt
München Besondere Zeiten erfordern besondere Fähigkeiten. Als die Zukunft des Freistaats Bayern noch an Digitalisierung und Industrie 4.0 zu hängen schien, wurden die Kompetenzen von Hubert Aiwanger (Freie Wähler) von vielen Seiten angezweifelt. Der gelernte Landwirt, so hieß es sogar in den Reihen der Regierungsparteien, hätte in der Koalition mit der CSU besser das Agrarministerium übernommen. Und dass er gleich zum Einstand als bayerischer Wirtschaftsminister ein Programm zur Rettung von Dorfgaststätten ganz nach oben auf die Tagesordnung setzte, brachte ihm nicht nur viel Spott, sondern sogar den zweifelhaften Titel „Dorfwirtschaftsminister“ein.
Jetzt aber, in der Coronakrise, zeigt der Niederbayer, wie man das macht am Dorf, wenn es etwas zu tun gibt. Er krempelt die Ärmel hoch und packt an. Dass es in Bayern sehr bald wieder ausreichend Atemschutzmasken geben wird und ein Versorgungsnotstand abgewendet werden kann, hat viel mit Aiwanger und seiner Vernetzung mit der Basis zu tun.
Wer das Chefbüro im Wirtschaftsministerium betritt, trifft auf ein multitaskingfähiges Energiebündel. Der Mann steht unter Strom – in der einen Hand hält er das Handy, um am Ball zu bleiben, mit der anderen Hand kramt er in der Schokoladenschachtel, um die Kalorienversorgung sicherzustellen. Die Antworten gibt er fast nebenbei. Zeit ist knapp in diesen Tagen, auch die Zeit für Interviews. Aiwanger redet noch schneller als sonst.
„Der erste Hinweis kam vom Landrat Dreier“, sagt er. Der aus Landshut? „Ja, der aus Landshut. Der hat gesagt, dass da eine Firma ist, die auch etwas anderes nähen könnte als Sitzbezüge für Autos.“Und dann? Dann ging es Schlag auf Schlag. In Oberfranken fand sich eine Firma, die das Rohmaterial liefern kann. Ein Prototyp wurde entworfen. Muster wurden hergestellt, erst von Hand, dann industriell. Um die Zertifizierung zu beschleunigen, wurde sogar ein Hubschrauber organisiert, der den Prototyp zum TÜV in Baden-Württemberg geflogen habe.
„Jetzt produzieren die schon 5000 Stück am Tag. Und das wird jeden Tag besser.“Mittlerweile habe er schon „fünf, sechs, sieben Firmen an der Hand, die mitmachen“, sagt Aiwanger. Und wie ging das so schnell? „Ich bin überall dort gewesen, bei den Produzenten und den Zulieferern. Wenn ich einen Beamten anrufen lasse, dann dauert es Tage, bis ich eine Antwort bekomme. Wenn der Minister selber kommt, dann läuft es“, sagt er. Chefsache nennt er das. „Wenn’s brennt, dann muss das funktionieren.“Ergebnis für Bayern: „Keine Operation ohne Maske.“
Nebeneffekte gibt es obendrein. Der „neueste Gag“, so Aiwanger, seien „Selbsthilferollen“, zehn Kilogramm schwer, genug Material für 5000 Atemschutzmasken, das an Landkreise und Gemeinden geliefert und dort von Schneidern vor Ort verarbeitet werden kann. „Wir fahren alles hoch, was geht“, sagt der Minister und berichtet mit fast spitzbübischer Freude, dass sich das mittlerweile weltweit herumgesprochen hat und plötzlich auch die Chinesen wieder ins Geschäft kommen wollen. „Wir kriegen erste Anrufe aus China, dass sie jetzt wieder liefern könnten – 50 000 bis 100 000 Stück.“
So, wie er sich um Atemschutzmasken gekümmert hat, kümmert sich Aiwanger auch um Desinfektionsmittel, um die Lebensmittelversorgung und um lebenswichtige Infrastruktur. Er habe die wichtigsten Versorger besucht und sich vor Ort ein Bild gemacht. Für die Herstellung von Alkohol für Desinfektionsmittel habe er große Firmen gewinnen können und eine Rundfrage gestartet, wo es in Bayern noch Restmengen gibt. Sogar die vielen kleinen Schnapsbrenner in Bayern spannt er ein. Und wenn alles so läuft, wie er will, dann steht bald auf dem Bauhof jeder Gemeinde ein 1000-Liter-Tank mit Desinfektionsmittel – nicht in der Qualität für Operationen, aber zur alltäglichen Versorgung vor Ort.
In der Schoko-Box klaffen mittlerweile große Lücken. Schnell essen, schnell arbeiten, wenig schlafen – so werkelt sich der Minister durch die Krise. Kommt er überhaupt noch nach Hause zu Frau und Kindern? „Am Sonntag war ich kurz daheim für ein paar Stunden“, sagt er.
Ich wohne hier seit 20 Jahren und habe mitbekommen, dass es Unstimmigkeiten gab. Für mich gibt es keinen Grund zu streiten. Das sind alte Geschichten, zu denen ich mich nicht äußern kann, an denen ich aber auch nicht beteiligt bin. Wer in die Spaltung involviert ist? Da müssen sie Friedrich Bauer anrufen. Es ist jedenfalls eine Schlammschlacht hoch zehn.
Warum konnten Sie nicht einmal die Hälfte der Wähler überzeugen?
Göttler: Ich bin vor der Wahl nicht groß auf das eingegangen, was die Gemeinde bewegt. Die Leute haben mir gesagt, das brauchst du nicht. Wenn du es bist, schauen wir, dass es vorwärtsgeht. Bei meiner Wahlversammlung war ich dann zu schwach, habe den Leuten nicht mein Programm vorgestellt.
Bauer sagt, ihn hätten vor der Wahl viele aufgefordert, anzutreten. Das ist für Sie sicher ein Schlag ins Gesicht – wollen Sie überhaupt noch?
Göttler: Ich habe nie gesagt, dass ich unbedingt Bürgermeisterin werden will. Ich wurde gefragt und habe gesagt, wenn ich helfen kann, tue ich das. Wenn ich es jetzt schaffe, bin ich da. Wenn ich es nicht schaffe, dann müssen die Leute eben mit Herrn Bauer arbeiten.
Wie wollen Sie die Gemeinde wieder einen, wenn Sie so klar auf Konfrontation zu Friedrich Bauer gehen?
Göttler: Ich werde vorantreiben, dass wir etwa alle im Dorfverein zusammenkommen. Ich möchte, dass es wieder harmonisch wird und alle gesund bleiben. Die Wahl ist im Moment bestimmt nicht das Wichtigste.