Leberkäs zum Fest
Wenn der Leberkäs wüsste, für was er so alles herhalten muss, er würde sich wahrscheinlich in seiner Semmel umdrehen. Dass es selbst in seiner bayerischen Heimat Menschen gibt, die ihn lieber mit Ketchup als mit Senf essen, damit hat er sich längst abgefunden. Auch, dass mancher ihm die buckelige Verwandtschaft aus Italien, den Pizzaleberkäs, vorzieht, treibt ihm, dem Original, nach all den Jahren nicht mehr das Fett aus den Poren. Dass es aber Metzger gibt, die ihn als Faschingskrapfen der Lächerlichkeit preisgeben, treibt ihm sehr wohl und noch immer die Zornesbräune in die Kruste. Kein Leberkäs dieser Welt würde das freiwillig mit sich machen lassen!
Nun liegt es in der Natur der gebackenen Fleischerware, dass sie selbst nur wenig zu melden hat, wenn es um ihren Verzehr geht. Und so muss der Leberkäs weiterhin ungefragt hinnehmen, wenn dem Menschen mal wieder etwas Neues einfällt. Jüngstes Beispiel: Dank Corona gibt es bei einem Metzger nahe Ulm die Leberkässemmel nun auch im Drive-in, also quasi im Vorbeifahren. Sei sehr gefragt, sagt der Metzger, gerade mittags.
Verständlich. Aber: Traditionelle Hausmannskost als Fast Food durchs Autofenster? Wo bleibt da die Wertschätzung? Dann doch lieber das Gegenteil: als Feinkost, als Weihnachtsmenü. Erst Kürbiscremesüppchen mit pikant gewürzten Leberkäswürfeln. Dann einen bunten Blattsalat mit Streifen vom Leberkäs. Als Hauptgang hauchzart aufgeschnittener Krustenleberkäs an feiner Senfsoße und Semmelknödel. Und zum Dessert? Davon sollten wir die Finger lassen. Uns und dem armen Leberkäs zuliebe. Lassen wir ihn doch einfach in Ruhe. Und da, wo er hingehört: in die Semmel. Mit Senf. Gerne auch am Heiligen Abend.