Sinnbilder des olympischen Credos
Michael Edwards ist quasi der Vater aller Sport-Exoten. Der Brite machte sich in den 1980er Jahren als „Eddie the Eagle“einen Namen in der Szene. Immer getrieben vom großen Traum, eines Tages bei einer Sport-Großveranstaltung an den Start zu gehen. Judo, Volleyball, Reiten. Hat er alles ausprobiert. Am Ende landete er beim Skispringen – und bei der Nordischen Ski-Weltmeisterschaft in Oberstdorf 1987. Als schlechtester Skispringer aller Zeiten, aber Liebling der Massen. Er wurde zum Sinnbild des olympischen Credos: Dabei sein ist alles. 25 Jahre später wurde seine Lebensgeschichte sogar verfilmt.
Vielleicht geht es Nick Lau ja eines Tages genauso. Der 41-Jährige hatte seinen großen Auftritt zum Auftakt der WM 2021 in Oberstdorf. Kurz zur Einordnung: Er steht auf Langlaufski. Und er tritt für Trinidad-Tobago an. Das karibische Land hat 1,5 Millionen Einwohner eine international erfolgreiche Cricket-Mannschaft – und mit Lau einen einzigen organisierten Langläufer. Vor drei Jahren hat er sich zum ersten Mal auf Ski gestellt. Weil er Schnee mittlerweile nicht mehr nur von Fotos kennt, sondern als Wahl-Schweizer die Loipen fast vor der Haustür hat. Lau arbeitete elf Jahre lang bei der Fifa, hat als stellvertretender Chefplaner hinter den Kulissen an den FußballWeltmeisterschaften 2018 und 2022 mitgearbeitet. Langlauf, sagt er, sei sein Zeitvertreib. Apropos Zeit:
In Oberstdorf dauerte Laus WMPremiere 34:07 Minuten für zehn Kilometer. Als 73. von 85 Teilnehmern des Qualifikationsrennen schied er vorzeitig aus. Dennoch ließ es sich im Ziel, die Ski wie eine E-Gitarre in der Hand, von Helfern wie ein Rockstar feiern.
Und dann war da noch Fiorella D’Croz Brusatin. Eigentlich Kolumbianerin, inzwischen aber in Norwegen zuhause. Sie ging mit breiter Ski- statt Sonnenbrille auf die Strecke. Erst seit einem Jahr steht sie auf Langlaufski, in Oberstdorf bestritt sie ihr erstes Rennen überhaupt. Immerhin ist Brusatin schon einen Schritt weiter als Nick Lau, der vom Start bei den Olympischen Spielen träumt. Brusatin war schon dabei. 2004 in Athen. Als Triathletin. Nächstes Ziel ist Peking 2022. Sie will die erste Kolumbianerin sein, die an Sommer- und Winterspielen teilnimmt. Für Gold, Silber und Bronze wird’s auch dort nicht reichen. Da muss man kein großer Experte sein. Doch das ist Sport-Exoten wie Lau und Brusatin egal. Dabei sein ist alles. Klingt abgedroschen, ist aber so.