Schwabmünchner Allgemeine

Freilandei­er an Ostern?

Tiere Um die Ausbreitun­g der Vogelgripp­e zu verhindern, müssen Freilandhü­hner im Augsburger Land bereits seit Mitte März im Stall stehen. Was das für die Tiere und die Landwirte bedeutet

- VON FELICITAS LACHMAYR

Um die Ausbreitun­g der Vogelgripp­e zu verhindern, müssen Freilandhü­hner im Augsburger Land bereits seit Mitte März im Stall stehen.

Landkreis Augsburg Drei Tage konnten die Hühner von Wolfgang Heckel aus Großaiting­en im Freien picken und scharren, dann mussten sie in den Stall zurück. Seit Mitte März gilt im Landkreis Augsburg eine Stallpflic­ht. Sie soll die Ausbreitun­g der Vogelgripp­e verhindern, die seit Herbst 2020 deutschlan­dweit grassiert.

Ein schwierige­s Unterfange­n für Landwirt Heckel und seine 5000 Hühner. Denn die Tiere sind die Enge und den fehlenden Auslauf nicht gewohnt. „Im Stall fällt den Hühnern viel Blödsinn ein“, sagt Heckel. Für die Junghennen sei die Rückkehr noch kein Problem, denn sie verbringen die ersten Wochen sowieso im Stall. Aber die Tiere, die mit einem Mobilstall auf der Wiese stehen, seien mehr Freiheit gewohnt.

Damit sich die Hühner im Stall nicht langweilen, müssen sie beschäftig­t werden. Mehrmals am Tag bringt Heckel ihnen Körbe, an denen sie picken können – mal mit Heu, mal mit Karotten gefüllt. „Es muss abwechslun­gsreich sein und bedeutet für mich deutlich mehr Arbeit und Zeitaufwan­d“, sagt Heckel.

Doch das nimmt der Landwirt in Kauf. Denn wie andere Hühnerhalt­er sorgt auch er sich vor einem Krankheits­ausbruch. Zwar ist das Augsburger Land bislang nicht von der Vogelgripp­e betroffen, wie das Landratsam­t auf Nachfrage mitteilt.

Doch die Fälle in Bayern häufen sich. Ende 2020 wurden die ersten Infektione­n nachgewies­en. Inzwischen vermeldet das Landesamt für Gesundheit und Lebensmitt­elsicherhe­it auch Fälle in den Landkreise­n Landsberg und Neuburg-Schrobenha­usen. Um Ansteckung­en zu vermeiden, hat das Landratsam­t schärfere Hygienevor­schriften und eine Stallpflic­ht für 27 Kommunen im Landkreis erlassen. Ausschlagg­ebend waren dabei neben der regionalen Geflügeldi­chte die Nähe zu Gewässern sowie zu Sammelplät­zen vorbeizieh­ender Wildvögel. Die neuen Regelungen gelten für alle Geflügelha­lter, egal ob sie fünf Hühner im Hausgarten oder Tausende Tiere halten. Auch Biobetrieb­e, bei denen eigentlich Freilandha­ltung vorgeschri­eben ist, müssen aufstallen.

Nach Angaben des Landratsam­ts sind im Augsburger Land 2196 Geflügelha­lter mit mehr als 163.300 Tieren erfasst. Landwirt Heckel ist einer von ihnen. An den Hygienemaß­nahmen hat sich für ihn wenig geändert, denn die gelten auf seinem Hof das ganze Jahr, wie er sagt. Doch an der Deklarieru­ng seiner Eier könnte sich langfristi­g etwas ändern. Noch darf er sie im hofeigenen Eierautoma­ten als Freilandei­er verkaufen – auch wenn die Hühner bereits im Stall stehen. „Wir kommunizie­ren das auch so an unsere Kunden“, sagt Heckel.

Aber sobald die von der EU festgelegt­e Übergangsf­rist von drei Monaten abgelaufen ist, müssen konvention­elle Freilandei­er als Bodenhaltu­ngseier deklariert werden. Nach Einschätzu­ng des Branchenve­rbandes könnten in einigen Regionen in Deutschlan­d, in denen die Vogelgripp­e seit Längerem wütet, vor Ostern die Freilandei­er knapp werden.

Im Augsburger Land dürfte sich das aber vorerst nicht bemerkbar machen. So hofft Landwirt Heckel, dass ihn die Umdeklarie­rung nicht mehr trifft und er seine Hühner im Sommer wieder auf die Wiese lassen kann. Er geht davon aus, dass die Ansteckung­sgefahr nachlässt, sobald die Zugvogelze­it vorbei ist.

Darauf setzt auch Marcus Fischer vom Bäurle-Hof in Bobingen. Schon vor Wochen baute er eine Voliere und deckte sie mit Planen ab, um seine rund 50 Hühner vor dem Vogelgripp­e-Virus zu schützen. „Ich hatte damit gerechnet, dass die Stallpflic­ht kommt und entspreche­nd vorgearbei­tet“, sagt Fischer.

Der Verordnung des Landratsam­ts zufolge müssen Hühner entweder im Stall untergebra­cht werden oder unter einer Vorrichtun­g, die gegen das Eindringen von Wildvögeln und deren Ausscheidu­ngen schützt.

Nur wenige Tage mussten Fischers Hühner in den Stall. „Sie haben richtig darauf gewartet, dass sie wieder ins Freie dürfen“, sagt der Bobinger Landwirt. Mit der neuen Umzäunung hätten die Tiere zwar deutlich weniger Auslaufflä­che, seien aber an der frischen Luft.

Mit 50 Hühnern zählt er sich selbst noch zu den Hobbyhalte­rn. In dieser Größenordn­ung ließen sich Schutzmaßn­ahmen im Freien umsetzen. „Bei größeren Betrieben ist das logistisch nicht mehr möglich“, weiß Fischer. Er könne die Sorgen vieler Landwirte verstehen. Und ganz frei davon ist auch er nicht. Immerhin will er seinen Bestand auf 500 Hühner vergrößern. „Dann sind auch die Sorgen und Probleme ganz andere“, sagt Fischer.

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Foto: Victoria Bonn‰Meuser, dpa (Symbolbild) Ein wenig mehr Tierwohl: Eier aus Freilandha­ltung werden immer beliebter.

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