„Das Lobbyregister wird große Mängel haben“
Wenn Hartmut Bäumer von Transparency Deutschland mit dem Chemie-Cheflobbyist Norbert Theihs über die Regierungspläne für mehr Transparenz debattiert, scheint Streit programmiert. Doch das Gespräch lief ganz anders
Herr Bäumer, Herr Theihs – Deutschland bildet sich viel auf seine öffentliche Moral ein und darauf, dass wir nicht so korrupt sind wie andere Länder. Das Bild wird gerade durch die Maskenaffäre entstellt. Wie steht es denn international um Deutschland bei Korruption und Einflussnahme?
Hartmut Bäumer: Was die Transparenz von Lobbyarbeit angeht, sind wir weit hintendran. Andere Länder haben Regelungen, die zur Offenheit verpflichten, wie Frankreich und die USA. Auch auf EU-Ebene gibt es sie. Bei uns gab es das bislang nicht. Und dann haben wir Paragrafen wie den zur Abgeordnetenbestechung, der ein zahnloser Tiger ist. So, wie das formuliert ist, kann eigentlich kaum jemand verurteilt werden. Wir haben großen Nachholbedarf.
Wegen der Maskenaffäre soll jetzt alles ganz schnell gehen. Das Lobbyregister soll kommen und schon am Donnerstag im Bundestag beschlossen werden. Bei Ihnen beiden müsste die Große Koalition doch offene Türen einrennen? Sie fordern so ein Register in einer eher ungewöhnlichen Allianz aus Wirtschaft, Verbraucherschützern, Umweltverbänden und Transparency International schon länger.
Bäumer:
vermerkt würde, mit welchen Lobbyisten sie gesprochen haben?
Theihs: In den Ministerien wird das ja schon heute dokumentiert. Es geht nicht darum, dass die Dokumentation auf die untersten Ebenen runtergebrochen wird, denn das schafft Bürokratie und nicht Transparenz. Außerdem muss das vertrauliche Gespräch mit einzelnen Beamten und Abgeordneten weiter möglich sein, ohne dass das direkt inhaltlich veröffentlicht werden muss. Sonst würden sofort alle Anliegen auf dem Marktplatz landen und zerredet werden.
Herr Bäumer, sehen Sie das auch so?
Bäumer: Da bin ich bei Herrn Theihs. Ich muss auch als Politiker weiter einen Kaffee mit einem Lobbyisten trinken können, um mich zu orientieren. Nach dem Motto: Wir haben hier ein Problem auf der Platte und wie kriegen wir eine Lösung hin? Es muss die Möglichkeit geben, ungeschützt Gespräche zu führen. Persönlich halte ich es für nötig, die Geltung des Lobbyregisters bis auf die ministerielle Fachebene auszudehnen, weil dort die ersten Gesetzentwürfe erarbeitet werden.
Hätte ein konsequentes Lobbyregister, wie Sie es vorschlagen, die MaskenFälle Nüßlein, Sauter oder Löbel verhindert?
Bäumer: Wenn es einen Fußabdruck gäbe, der auch die Ausführung von Gesetzen mit umfasst wie zum Beispiel die Beschaffung von Material, würde sich das jeder Abgeordnete genau überlegen. Wenn zum Beispiel festgehalten würde, der Sauter hat den Vertrag aufgesetzt und der Löbel war jetzt für die Firma XY im Gesundheitsministerium. Wenn der Fußabdruck nicht kommt, wonach es aussieht, könnten solche Geschäfte damit nicht verhindert werden. Theihs: Jetzt ist die Gelegenheit da, alle wichtigen Themen zu lösen: Ein wirksames Transparenzregister zu beschließen und klare Regeln für Mandat und Nebentätigkeit zu fassen. Lobbyismus mit Mandat muss beendet werden, das sehen wir genau wie Transparency. Aber es kann aus unserer Sicht auch nicht sein, dass jemand, der eine erfolgreiche Karriere als Unternehmer, Steuerberater oder Anwalt hat und dann in die Politik wechseln will, seinen Beruf komplett aufgeben muss.