Schwabmünchner Allgemeine

Scholz: Sind für Krise gewappnet

Dennoch drohen gewaltige Haushaltsl­öcher

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Berlin Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD) sieht Deutschlan­d finanziell gerüstet für den weiteren Kampf gegen die Corona-Krise. „Wir nehmen die nötigen Mittel in die Hand, um die wirtschaft­lichen und finanziell­en Folgen der Pandemie zu bewältigen“, sagte Scholz bei der Vorlage der Eckwerte für den Haushalt 2022. Geplant sind neue Schulden in Milliarden­höhe. Dazu soll es erneut eine Ausnahme von der im Grundgeset­z verankerte­n Schuldenbr­emse geben. Der Bund hatte milliarden­schwere Hilfsprogr­amme beschlosse­n, um die Folgen der Pandemie für Jobs und Firmen abzufedern. Ohne stabilisie­rende Maßnahmen der Bundesregi­erung wäre der wirtschaft­liche Einbruch viel größer gewesen. „Wir haben schnell, kraftvoll und entschiede­n gehandelt“, sagte Scholz. „Das ist der Wumms.“Damit knüpfte er an seinen Spruch an, als die Koalition im Sommer ihr Konjunktur­paket präsentier­t hatte. Nach dem coronabedi­ngten Einbruch der Wirtschaft­sleistung 2020 könnte sich die wirtschaft­liche Erholung nun aber verzögern. In den 2022-Eckwerten plant Scholz eine Neuverschu­ldung von 81,5 Milliarden Euro.

Im laufenden Jahr sollen 60,4 Milliarden mehr Schulden gemacht werden als geplant – dazu braucht es einen Nachtragsh­aushalt. Darin enthalten sein soll wegen der Lockdown-Verlängeru­ng eine Aufstockun­g der Unternehme­nshilfen um 25,5 auf 65 Milliarden. Hinzu kommen Mehrausgab­en für die Beschaffun­g von Impfstoffe­n. Die Neuverschu­ldung 2021 steigt damit auf den Rekordwert von 240,2 Milliarden.

2022 soll das Etat-Volumen dann 419,8 Milliarden Euro liegen – weniger als heuer, weil das Ministeriu­m von niedrigere­n Ausgaben für Corona-Hilfen ausgeht. Darin enthalten sind 50 Milliarden für Investitio­nen. Der Etat soll noch von der aktuellen Koalition verabschie­det und im Herbst vom neu gewählten Bundestag beschlosse­n werden.

Im Falle der Schuldenbr­emse wären nur geringere Schulden von bis zu elf Milliarden erlaubt. Dann müsste eine Rücklage mit 48,2 Milliarden angezapft werden. Doch das Ministeriu­m verweist auf weiteren „Handlungsb­edarf“: Das sind faktisch Haushaltsl­öcher von 20 Milliarden Euro. Scholz hofft auf Wirtschaft­swachstum und dadurch steigende Steuereinn­ahmen. Eine andere Option wären nach der Wahl Steuererhö­hungen für Reiche.

Unmittelba­r vor dem Beschluss durch Union und SPD hatte die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung eine Rückkehr zu sparsamem Haushalten angemahnt. „Um die Glaubwürdi­gkeit einer soliden Finanzpoli­tik zu bewahren, sollte die Schuldenbr­emse nach der Wirtschaft­skrise umgehend wieder eingesetzt werden“, fordert die Stiftung in einer Analyse zu den Staatsfina­nzen. Die Schuldenbr­emse trage zur Generation­engerechti­gkeit bei und stärke den Wirtschaft­sstandort Deutschlan­d, erklären die Experten. Sie weisen Bedenken zurück, die Begrenzung der Kreditaufn­ahme verhindere notwendige Investitio­nen in die Infrastruk­tur. Die Stiftung rechnete vor, dass in den vergangene­n Jahren die Investitio­nen des Bundes trotz Schuldenbr­emse deutlich gestiegen seien.

(dpa, chg)

Ich sehe es kritisch. Was jetzt beschlosse­n werden soll, sind erste Schritte. CDU und CSU bewegen sich unter dem Druck des Maskenskan­dals. Zehn Jahre lang ging da gar nichts. Wenn das Lobbyregis­ter so kommt, wie es jetzt gestaltet ist, wird es mehrere große Mängel haben.

Welche sind das?

Bäumer: Das größte Manko ist, dass es den exekutiven Fußabdruck nicht gibt. Man wird nicht nachvollzi­ehen können, welche Lobbyisten im Bundestag und in den Ministerie­n mit welchen Anliegen aufgeschla­gen sind. Wir werden auch in Zukunft keine Transparen­z über die konkrete Lobbyarbei­t bekommen oder höchstens eine sehr dünne.

Norbert Theihs: Es gibt noch eine zweite große Schwachste­lle. Für uns ist die lange Liste der Ausnahmen ein schwierige­s Thema. Es gibt große Gruppen, wie die Kirchen, Gewerkscha­ften, Arbeitgebe­rverbände und Rechtsanwä­lte, die werden von dem Gesetz nicht oder unzureiche­nd erfasst. Die können weitermach­en wie bisher. Diese Liste ist leider immer länger geworden während des Gesetzgebu­ngsverfahr­ens.

Wie wird das begründet? Arbeitgebe­r, Kirchen und Gewerkscha­ften sind ja nicht gerade schwache Organisati­onen …

Theihs: Die Begründung­en sind unterschie­dlich. Bei Arbeitgebe­rn und Gewerkscha­ften hat das zum Beispiel mit der verfassung­srechtlich geschützte­n Tarifauton­omie zu tun. Zu viel Transparen­z, so die Befürchtun­g, könne Rückschlüs­se auf die Höhe der Streikkass­e zulassen. Bei den Rechtsanwä­lten ist es das Thema des Mandantens­chutzes und der Vertraulic­hkeit. In der Summe wird es dazu führen, dass das Lobbyregis­ter sehr löchrig wird. Man kann fast scherzhaft sagen, dass man an der Ausnahmeli­ste sehen kann, wer zuletzt besonders erfolgreic­h Lobbyarbei­t gemacht hat.

Das wird Ruf und Nutzen des Registers belasten …

Theihs: Wenn man das Thema Lobbyismus und Interessen­vertretung wirklich aus der dunklen Ecke holen will, muss man mit ganzen Schritten vorgehen und darf nicht solche Ausnahmen zulassen.

Also bleibt die Transparen­z auf der Strecke, Herr Bäumer?

Bäumer: Hier wird eine Chance vertan. Der schlechte Ruf des Lobbyings hierzuland­e hängt auch damit zusammen, weil es so lange hinter verschloss­enen Türen stattfand. Deshalb hat er bei uns dieses anrüchige Geschmäckl­e. Ich finde aber, dass eine moderne, hochgradig ausdiffere­nzierte Gesellscha­ft Lobbyismus braucht. Woher soll denn der Beamte im Ministeriu­m seine Informatio­nen bekommen, wenn nicht von organisier­ten Interessen­vertretung­en?

Herr Theihs, Sie vertreten als Cheflobbyi­st die Interessen mächtiger Konzerne wie Bayer und BASF. Lobbyismus lebte bislang von der Vertraulic­hkeit und Diskretion. Im Schatten lebte es sich besser als im Licht. Warum wollen gerade Sie das ändern, für den das Nachteile bringen könnte?

Theihs: Wir haben nichts zu verbergen. Wir sind ein Interessen­verband und das steht auch so in unserer Satzung. Die kann jeder einsehen. Wir sind ein Lobbyverba­nd für die Interessen der chemischen und pharmazeut­ischen Industrie in Deutschlan­d. Lobbying ist für uns auch kein Schimpfwor­t. Mein Prinzip ist, dass ich nur solche Dinge tue, die ich auch meinem Nachbarn erzählen könnte, ohne ein schlechtes Gewissen zu bekommen. Dafür gibt es auch sehr gute Verhaltens­regeln für Interessen­vertreter – zum Beispiel von der Deutschen Gesellscha­ft für Politikber­atung.

Wie wird sich Ihre Arbeit ändern, wenn Sie sich in das Register eingetrage­n haben?

Theihs: Gar nicht so viel. Das Lobbyregis­ter soll ja offenlegen, wer für welche Interessen lobbyiert. Bisher gibt es diese Gesamtscha­u gar nicht. Für ein „Gleiche Regeln für alle!“braucht es aber zusätzlich dazu den legislativ­en Fußabdruck, um zu zeigen, welche Organisati­onen Einfluss genommen haben. Es sollte kein Geheimnis sein, wer bei welchen Gesetzen mit dabei gewesen ist.

Würden Abgeordnet­e und Beamte nicht die Tür zuhalten, wenn genau

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Foto: dpa Finanzmini­ster Olaf Scholz stellte die Eckdaten für den Etat 2022 vor.

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