Schwabmünchner Allgemeine

Wie Kirchen der Corona‰Pandemie trotzen

Statt über erschwerte Bedingunge­n während der Pandemie zu klagen, geben sich Augsburger Christen kreativ. Sie posten, youtuben oder lassen mit Schaf Pauli die Herde per Videostrea­m am Gemeindele­ben teilhaben

- VON SILVIA KÄMPF

Ein Kuscheltie­r transporti­ert die Frohe Botschaft, seit die Kirchenbän­ke wegen Corona nicht mehr voll besetzt sind. Jeden ersten Sonntag im Monat bereiten Julia StöhrSchlo­sser, ihr Mann Joachim und zwei weitere Teammitgli­eder aus der Pfarreieng­emeinschaf­t Inningen und Göggingen einen Online-Beitrag für die Reihe „Kinderkirc­he dahoim“vor. Ihre Kinder Vreni, acht, Magali, zwölf, manchmal auch Sohn Quirin, 14, und weiterer Gemeindena­chwuchs bringen Gleichaltr­igen so den kirchliche­n Jahreskrei­s nahe. Am Skript, das auf Youtube den Hintergrun­d kirchliche­r Feiertage erklärt, arbeiten auch Tanja Schweiger und Judith Appel mit. Sprachrohr darf stets Schaf Pauli sein, das mit der Zeitmaschi­ne etwa nach Bethanien reist. Es ist „Gesicht“des Formats, dessen Auftritte laut Julia Stöhr-Schlosser sogar vom Bistum gefördert werden.

Auch die evangelisc­he Pfarrei St. Matthäus in Hochzoll bleibt mit ihren Gläubigen digital in Kontakt. Um die notwendige Ausstattun­g aufzurüste­n, hat sie reichlich investiert und Anträge auf Förderung bei ihrer Kirchenver­waltung gestellt. Im hinteren Eck der Empore in der Kirche an der Friedberge­r Straße haben Ehrenamtli­che einen Raum installier­t, der voll ist mit technische­m Equipment und mit St.-Matthäus-TV sowie „Regie“gekennzeic­hnet ist. Das Budget von 40.000 Euro – für Steuerung, Mischpulte, Monitore und zusätzlich­e Kamera – sei ausgeschöp­ft, sagt Christian Künkel vom Leitungsgr­emium im Kirchenvor­stand. Johannes Neudert aus Stadtberge­n, der für zehn Stunden pro Woche für die Pfarrei tätig ist, hat als Lichttechn­iker angefanund ist jetzt ins Videoteam gewechselt. Er ist gelernter Industriem­echaniker, im September will er eine Ausbildung zum Mediengest­alter beginnen.

Sein Engagement in der Gemeinde zeigt, dass Corona, wie Pfarrer Thomas Bachmann sagt, auch eine Chance sein kann. Das Digitale sei ein Medium, um in Kontakt zu bleiben und gleichzeit­ig das Evangelium zu verkünden. Selbst wenn das Virus bezwungen ist, wolle man die neuen Angebote ausbauen. Auch wenn sie kein Ersatz für den persönlich­en Kontakt seien, so werden sie laut Bachmann mittlerwei­le als selbstvers­tändlich angesehen. In St. Matthäus, wo sonntags derzeit maximal 70 Kirchenbes­ucher zugelasgen sen sind, obwohl für 300 Platz wäre, weichen rund 300 Gäste auf Youtube aus. Für diese Internet-Gemeinde seien die Angebote zur Selbstvers­tändlichke­it geworden. Es sei außerdem für jede Generation etwas dabei.

Das durchschni­ttliche Alter in seiner Gemeinde liegt laut Bachmann etwa bei 40 Jahren. Für die Älteren gebe es „Telefonand­achten“zu den Tageslosun­gen, was bedeutet, dass sie auf dem Anrufbeant­worter der Gemeinde hinterlegt und jederzeit abrufbar sind. Obwohl St. Matthäus eine Gottesdien­stgemeinde ist, wird laut Bachmann das Digitale als Ankerpunkt immer wichtiger.

In der katholisch­en Kirchengem­einde St. Johannes Baptist hat Familie Stöhr-Schlosser im vergangene­n Jahr Monat für Monat zur „Kinderkirc­he dahoim“eingeladen – mit Begleitmus­ik, Drehbuch und Abspann samt Nennung der Darsteller. Für Magali war besonders die Ostermonta­g-Folge „echt cool“, in der sie den auferstand­enen Jesus treffen. Zu sehen sind sie und ihre Schwester Vreni auf einem Feldweg, wo sie niedergesc­hlagen den Weg nach „Emmaus“einschlage­n. In der Rolle zweier Jünger unterhalte­n sich die beiden Mädchen über die Ereignisse der letzten Tage, bis sich ein Begleiter – gespielt von ihrem Bruder Quirin – zu ihnen gesellt. Sie erkennen ihn als Jesus, sobald er das Brot bricht, und ihre Trübsal wandelt sich in Freude. Hüpfend und jubelnd begegnen sie anderen Kindern aus Göggingen und rufen ihnen zu: „Jesus lebt, hast du gehört“.

Im vergangene­n Jahr durften Magali und ihre Geschwiste­r Ostern nicht mit der Familie und ihren Freunden in der Kirche erleben. Umso mehr hoffen sie darauf, dass es diesmal möglich sein wird. Denn wie Julia Stöhr-Schlosser meint, ist es gerade für Kinder wichtig, Kirche in der Gemeinscha­ft zu erleben. Pauli aber wird auch in Zukunft eine Hauptrolle in den Streams spielen. Denn wie Julia Stöhr-Schlosser sagt, traut sich das knuddelige Schäfchen, „einfach alles“zu fragen.

 ?? Foto: Annette Zoepf ?? „Kirche dahoim“im Wohnzimmer der Familie Stöhr‰Schlosser: Mutter Julia erzählt mithilfe von Schaf Pauli und ihren Töchtern Magali (Mitte) und Vreni die Hintergrün­de des Osterfeste­s und anderer kirchliche­r Begebenhei­ten. Vater Joachim filmt für den On‰ line‰Kanal, was dann auf Youtube gezeigt wird.
Foto: Annette Zoepf „Kirche dahoim“im Wohnzimmer der Familie Stöhr‰Schlosser: Mutter Julia erzählt mithilfe von Schaf Pauli und ihren Töchtern Magali (Mitte) und Vreni die Hintergrün­de des Osterfeste­s und anderer kirchliche­r Begebenhei­ten. Vater Joachim filmt für den On‰ line‰Kanal, was dann auf Youtube gezeigt wird.

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