Schwabmünchner Allgemeine

35 Schulklass­en sind in Quarantäne

In den Augsburger Schulen gibt es diesmal mehr Corona-Fälle als in den vorangegan­genen Wellen. Das Thema Schnelltes­ts sorgt zusätzlich für Aufruhr

- VON STEFAN KROG UND ANDREA BAUMANN

An den Schulen scheint sich die dritte Corona-Welle, was die Ansteckung­szahlen bei Schülern angeht, etwas stärker bemerkbar zu machen, als bei den vorangegan­genen Wellen. Derzeit, so Gesundheit­sreferent Reiner Erben (Grüne), lasse sich ein leichter Anstieg beobachten. In den Kindertage­sstätten sei dies noch nicht feststellb­ar. Aktuell befinden sich 35 Schulklass­en in Quarantäne (20 in Grund-/Mittel-/Förderschu­len, eine an einer Realschule und 14 an Gymnasien). In den Kitas sind zehn Gruppen in Quarantäne und zwei Einrichtun­gen geschlosse­n. Ende vergangene­r Woche waren wegen eines Verdachtsf­alls bei einer Auszubilde­nden zeitweise um die 20 Kita-Gruppen vorsorglic­h in Quarantäne geschickt worden. Diese konnte am Dienstag wieder aufgehoben werden. Laut Erben beobachtet man nach wie vor wenig Ansteckung­en innerhalb von Klassen und Einrichtun­gen. Das Gesundheit­samt hat einen relativ genauen Überblick, weil bei einem Positivfal­l die Schulklass­e einer Reihentest­ung unterzogen wird. Man müsse die Lage im Hinblick auf die Mutationen aber genau im Blick behalten.

Wie berichtet läuft der Unterricht beziehungs­weise Kita-Betrieb diese Woche noch wie gehabt weiter, obwohl der Inzidenzwe­rt über 100 liegt. Am vergangene­n Freitag, der immer als Stichtag für die kommende Woche herangezog­en wird, lag der Wert laut Robert-Koch-Institut bei 92. Gleichwohl haben inzwischen Eltern ihre Kinder vom Unterricht befreien lassen. An den Grund- und Mittelschu­len, so die Einschätzu­ng von Bildungsre­ferentin Martina Wild (Grüne), gehe es bisher aber eher um Einzelfäll­e.

Ab der kommenden Woche sind Osterferie­n, danach will die Staatsregi­erung bei einer Inzidenz über 100 weitgehend auf Distanzunt­erricht setzen. Für Schüler aus Abschlussk­lassen, der Q 11 an Gymnasien und Oberschule­n sowie Viertkläss­ler, die im teilweisen Präsenzunt­erricht bleiben sollen, würden dann bei einer Inzidenz über 100 die Tests vor einem Schulbesuc­h verpflicht­end werden. Genaue Bestimvom Freistaat dazu sind bei den Kommunen aber noch nicht angekommen. Sinkt die Inzidenz unter 100, gäbe es wieder Wechselunt­erricht mit einem freiwillig­en Testangebo­t für Schüler.

Inzwischen wurden die Einwilligu­ngsformula­re an die Eltern geschickt. Demnach sollen sich die Schüler unter Aufsicht von Lehrern im Klassenzim­mer zweimal die Woche selbst mit einem Abstrichst­äbchen testen. Wie hoch die Teilnahmeb­ereitschaf­t von Eltern für Tests – sei es in der Schule oder zu Hause – überhaupt ist, ist momentan noch unklar, weil es noch kaum einen Rücklauf der Einverstän­dniserklär­ungen gibt. Wie eine Elternbeir­ätin einer Grundschul­e gegenüber unserer Redaktion berichtete, seien kürzlich bei einer Sitzung wegen dieses Themas die Emotionen hochgekoch­t. Dabei seien Bemerkunge­n gefallen wie: „Solange Menschen in einen Flieger nach Mallorca steigen können, sehe ich nicht ein, dass sich mein Kind zweimal die Woche ein

Stäbchen in die Nase schieben lassen muss.“Auch wenn manche Eltern die Tests prinzipiel­l befürworte­ten, vermissten sie Informatio­nen zum Ablauf, wie mit positiven Ergebnisse­n umgegangen werden soll und ob eine Möglichkei­t besteht, dafür Fachperson­al an die Schulen kommen zu lassen.

Am Holbein-Gymnasium, das mit mehr als 100 Lehrkräfte­n und gut 1100 Schüler zu den großen Schulen zählt, sorgt das Thema Tests laut Leiter Dieter Fiedler für Unmut unter der Lehrerscha­ft. Da der Großteil der Lehrer noch nicht geimpft sei, sei bei Testungen an der Schule die Sorge um die eigene Gesundheit groß. „Viele Lehrer fänden es auch in Hinblick auf mögliche positive Ergebnisse besser, wenn die Tests zuhause in den Familien stattfände­n.“Was das Thema Impfen anbelangt, hat sich Fiedler ans Gesundheit­sreferat gewandt. „Wir wollen keinen Druck machen, wünschen uns aber doch eine Prognose, wann wir als Vertreter der Priorität 3 an der Reihe sind.“Aktuell versucht die Stadt, ein Pilotproje­kt für Schnelltes­ts von Kita-Kindern beim Freistaat in Gang zu bekommen. Man wolle nun Möglichkei­ten ausprobier­en, wie Kita-Kinder mit Lutschtest­s auf eine Infektion kontrollie­rt werden können, so Wild.

Zuletzt hatten auch Eltern eine Strategie eingeforde­rt. „In den Kitas sitzen die kleinen Kinder ohne Maske“, so Familienva­ter Schahin Seyed-Mahdavi Ruiz vor Kurzem im Bürgerbeir­at der Stadt zum Thema Corona. Ein Testangebo­t für Kleinkinde­r am Messezentr­um zu machen, gehe ins Leere, weil dieses Angebot von vielen Eltern wohl nicht angenommen werde.

Ruiz forderte die Stadt auch dazu auf, mehr Raumluftfi­lter für Kitas und Schulen zu beschaffen. Denn sobald es wärmer werde und es kein großes Temperatur­gefälle zwischen drinnen und draußen gibt, finde auch bei offenen Fenstern kein Luftaustau­sch mehr statt. „Wir müssen die Kinder besser schütmunge­n zen“, so Ruiz. Laut Martina Wild hat die Stadt 35 solcher etwa gefriersch­rankgroßen Geräte mit staatliche­r Förderung beschafft. Sie stehen in Räumen, die sich nicht belüften lassen. Man habe das Thema intensiv geprüft, es gebe aber nach wie vor widersprüc­hliche Studienerg­ebnisse zum Wert solcher Anlagen. Wild sagt, man setze nach wie vor aufs Lüften, das nach Vorgaben des Freistaats mindestens alle 45 Minuten für fünf Minuten erfolgen muss. Dafür gebe es auch 1400 CO2-Ampeln in den Klassenzim­mern der 70 öffentlich­en Schulen.

Auch im benachbart­en Kreis Aichach-Friedberg beobachtet man ein zunehmende­s Infektions­geschehen an Schulen, auch weil sich die gefährlich­ere britische Variante ausbreitet. So sind aktuell alle positiv getesteten Schüler in AichachFri­edberg mit der britischen Virusvaria­nte infiziert. Sie sehe diese Entwicklun­gen mit Sorge, sagt Dr. Kirsten Höper vom Gesundheit­samt.

(mit kru)

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Foto: Silvio Wyszengrad Ein Klassenzim­mer an der Heinrich‰von‰Buz‰Realschule: Die Stimmung an den Schulen ist wegen der Debatten um Tests und Impfungen angespannt.

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