Schwabmünchner Allgemeine

Gastronome­n wehren sich gegen Bußgelder – mit Erfolg

Weil in ihren Restaurant­s gegen Corona-Regeln verstoßen worden sein soll, wurden zwei Wirte aufgeforde­rt, hohe Summen zu bezahlen. Vor Gericht kamen sie aber glimpflich weg

- VON JAN KANDZORA

In dem Bußgeldbes­cheid der Stadt hieß es, der Betreiber der Gaststätte in Kriegshabe­r habe eine „geräuschvo­lle Vergnügung“veranstalt­et. Was bedeutet: Es gab damals, im Juli 2020, eine kleine Party vor dem Restaurant, es gab laute Musik, 40 bis 50 Personen kamen wohl zusammen. Heute sind Bars, Restaurant­s und Cafés geschlosse­n; im Vorjahr durften sie mit Hygieneauf­lagen teilweise öffnen. Dabei kam es teils zu Verstößen gegen die CoronaAufl­agen, die derzeit vielfach die Gerichte beschäftig­en, da sich die betroffene­n Gastronome­n gegen die hohen Bußgeldbes­cheide der Kommunen wehren. Der Gastronom aus Kriegshabe­r etwa sollte 3200 Euro zahlen, weil sein Personal bei der Party keine Masken getragen habe und die Musik nach 22 Uhr zu laut gewesen sei.

Vorwürfe, die der 50-jährige Mann so nicht stehen lassen wollte. Es sei keine riesige Veranstalt­ung gewesen, sondern eine geschlosse­ne Gesellscha­ft, die Geburtstag­sfeier seines Sohnes. Damals sei die Rechtslage so gewesen: Wer am Tisch saß, durfte die Maske absetzen, wer aufstand, um etwa zur Toilette zu gehen, musste sie aufsetzen. „Und wenn wir das gesehen haben, dass das ein Gast nicht macht, haben wir ihn auch angesproch­en“, sagte der Gastronom vor Gericht. Ab 20 Uhr sei er selbst auch gar nicht mehr da gewesen. Was im Prozess deutlich wurde: Die Gaststätte ist ein Betrieb, in dem die ganze Familie mit anpackt. So sagten in der Verhandlun­g zwei Söhne des Gastronome­n aus, darunter der junge Mann, der an dem Tag seinen Geburtstag gefeiert hatte. Beide sagten, dass es sich an dem Tag um eine geschlosse­ne Gesellscha­ft gehandelt habe und man bei Angestellt­en und Gästen stets sehr auf die Maskenpfli­cht achte.

Etwas anders stellten die beiden Polizisten die Situation dar, die damals wegen einer Lärmbeläst­igung zur Örtlichkei­t gerufen worden waren. Beide schilderte­n, dass man schon von Weitem die Musik gehört habe und es mit der Maskenpfli­cht auf der Feier vielfach nicht so genau genommen worden sei, auch nicht von den Kellnern.

Stefan Reinecke, der Anwalt des Gastronome­n, sagte, er halte das Bußgeld für die Lärmbeläst­igung für in Ordnung, habe aber seine Zweifel, dass die behauptete­n Masken-Verstöße so stattgefun­den hätten. Wenn man den Aussagen der Söhne folge, habe zwar einer von ihnen an dem Abend teils keine Maske aufgehabt – aber der habe eben auch Geburtstag gefeiert und nicht gearbeitet.

Richterin Julia Ehlert beließ es letztlich beim Bußgeld wegen der Lärmbeläst­igung, was eine Zahlung von vergleichs­weise überschaub­aren 200 Euro für den 50-Jährigen bedeutet. Das Verfahren wegen der vorgeworfe­nen Corona-Verstöße stellte das Gericht ein. Sie sehe das Verschulde­n des Gastronome­n ausnahmswe­ise gering, sagte die Richterin.

Zumal die Verhandlun­g ergeben habe, dass der Inhaber der Gaststätte das Personal durchaus instruiert habe, Masken zu tragen.

Wie mehrfach berichtet, wehrten sich im Laufe der Pandemie bisher Hunderte Augsburger gegen teils hohe Corona-Bußgelder. Die Fälle beschäftig­en seit Monaten das Amtsgerich­t, alleine an diesem Mittwoch verhandelt­e Richterin Ehlert sechs solcher Fälle. Auch in einem weiteren von ihnen ging es um die Gastronomi­e. Der Inhaber eines Cafés wehrte sich gegen einen Bußgeldbes­cheid, den er erhalten hatte, da er – so die Vorwürfe im Mai 2020 – an mindestens zwei Tischen Personen zusammensi­tzen gelassen habe, die gemäß der damals geltenden Corona-Regeln nicht hätten zusammensi­tzen dürfen. Auch in seinem Fall lohnte sich der Gang vors Gericht: Das Verfahren wurde eingestell­t.

● 7‰Tage‰Inzidenz: 125,4 (Neuinfekti­onen pro 100.000 Ein‰ wohner in 7 Tagen, Quelle: Stadt Augsburg; 113,6 (Quelle: Robert‰ Koch‰Institut)

● aktuell positiv Getestete: 635

● Todesfälle bisher: 349

● Corona‰Patienten auf Intensiv‰ station: 22 (davon 5 beatmet)

● Intensivbe­tten frei: 17

Redaktion von 10 bis 16 Uhr: Maximilian­straße 3: (0821) 777‰ 2201 Telefax: (0821) 777‰ 2202 E‰Mail: lokales@augsburger‰allgemeine.de

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Foto: Bernhard Weizenegge­r Keine Maske? Eines der Themen im Ver‰ fahren um ein Corona‰Bußgeld gegen ei‰ nen Wirt.

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