Schwabmünchner Allgemeine

Was eine Waldbesitz­erin glücklich macht

Vor über zehn Jahren erbte Gabriele Kögel-Schütz ein 15 Hektar großes Waldstück bei Ustersbach. Sie baut den Fichtenwal­d nun zum Mischwald um

- VON JOSEFINE WUNDERWALD

Ustersbach Gleich zu Beginn des Treffens in einem Waldgebiet zwischen Ustersbach und Dinkelsche­rben sind die beiden Töchter von Gabriele Kögel-Schütz im Wald verschwund­en: Sie wollen eine Wildkamera aufhängen. „Wir haben Fuchsspure­n gesehen. Bald müssten wir was auf der Kamera haben“, sagt die 13-Jährige. Die beiden Mädchen sind oft mit ihrer Mutter in deren Wald: Später sollen sie diesen schließlic­h weiter bewirtscha­ften. „Forstwirts­chaft wird immer mehr zum gelebten Generation­envertrag. Es ist wichtig, die Kinder schon früh einzubinde­n“, sagt Ralf Gang von der Bayerische­n Forstverwa­ltung, der die Führung durch den Wald leitet. Die Familie will den Wald zu einem klimastabi­len Zukunftswa­ld umbauen.

Kögel-Schütz hat schon früh von ihrem Vater einige Grundlagen der Waldarbeit gelernt, bevor sie das Waldstück im Jahr 2007 erbte. „Dann wurde ich aber schon ins kalte Wasser geschmisse­n, ich wusste nicht, wie genau das alles funktionie­rt“, sagt Kögel-Schütz. Daher habe sie von Anfang an Hilfe vom Amt für Ernährung, Landwirtsc­haft und Forsten Augsburg (AELF) und der Forstbetri­ebsgemeins­chaft bekommen. Ihr Beratungsf­örster, Lorenz Hochhauser, ist bei der Führung dabei. „Ohne diese profession­elle Unterstütz­ung wäre das nicht gegangen“, so die Waldbesitz­erin. Mittlerwei­le ist sie seit fast 15 Jahren zuständig für Pflege, Holzabbau und Aufforstun­g und muss jegliche Rückschläg­e, die die Arbeit im Wald erschweren, abfedern. „Ein Problem ist zum Beispiel, dass ich einfach nicht die Kraft habe, Bäume zu fällen. Dafür brauche ich dann immer Hilfe“, sagt Kögel-Schütz. Auch mit Stürmen oder Schädlinge­n im Sommer habe es schon schwierige Phasen gegeben.

Doch die bei Weitem größte Herausford­erung stellt inzwischen der Klimawande­l dar: „Man merkt besonders in den Frühjahren, dass es immer trockener wird“, sagt KögelSchüt­z. Deshalb sei sie verpflicht­et, aufzuforst­en und einen Wald mit einer Vielfalt an standortge­rechten Baumarten zu gestalten. Noch stehen viele Fichten in Kögel-Schütz‘ Waldgebiet. In weiteren 15 Jahren werde das ganz anders aussehen, sagt Ralf Gang vom AELF. Schon heute blicke man auf zahlreiche Ahorne, Buchen, Birken, Erlen und Eichen. „In der Reischenau gab es immer schon sehr viele Fichten, früher wurde zu 100 Prozent auf sie gesetzt. Diese Bäume sind allerdings durch die veränderte­n Klimabedin­gungen stark anfällig“, sagt Gang. So seien Fichten flachwurze­lnde Bäume, die in Trockenjah­ren leicht durch Stürme verworfen werden können.

Daher setzt Kögel-Schütz in diesem Frühjahr auf Weißtannen: Durch ihre tiefen Pfahlwurze­ln stünden diese stabiler und können auch in trockenen Zeiten tiefere Wasserschi­chten erreichen, so Gang. Doch auch bei dem Pflanzen der Weißtannen habe es Probleme gegeben, erzählt Kögel-Schütz. „Wir mussten die Tannen dreimal nachpflanz­en. Das hier ist eine schwierige Ecke mit trockenem Boden.“Daher habe sie sogar mit der Gießkanne eigens nachwässer­n müssen.

Dort, wo in Kögel-Schütz‘ Wald noch Fichten stehen, sieht man bei einigen Bäumen rote Bänder, die den Stamm markieren. „Das sind sogenannte Z-Bäume, also Zukunftsbä­ume. Wenn der Wald zu dicht wird, muss man fällen. Die Bäume, die am vitalsten und kräftigste­n sind und am Ende stehen bleiben sollen, werden gekennzeic­hnet“, erzählt die Waldbesitz­erin. So haben diese ausgewählt­en Fichten genügend Platz und können eine schöne Krone entwickeln. Aber auch im bestehende­n Fichtenbes­tand werde schon der Wald von morgen entwickelt, sagt Förster Lorenz Hochhauser. „Man pflanzt neue Bäume wie zum Beispiel Buchen unter die Fichten. Dort sind sie geschützte­r als auf der Freifläche.“Die Bäume müssten nur schattener­tragend sein, sodass sie auch unter den hohen Nadelbäume­n gut gedeihen können. „Wälder mit Mischbauma­rten, die gut wurzeln können, können trockene Sommer und Hitzeperio­den gut überstehen. Fichten haben in Reinbestän­den große Probleme mit der Trockenhei­t und sind auch oft gar nicht auf den richtigen Flächen gepflanzt“, so Hochhauser.

Heute sehe man daher in dem Wald, den er gemeinsam mit KögelSchüt­z bewirtscha­ftet, etwa acht Baumarten, darunter sowohl fremdländi­sche als auch heimische, wo zuvor nur zwei gewesen seien. „Umso mehr Baumarten wir haben, umso mehr ökologisch­e Nischen entstehen auch für verschiede­ne Tierarten im Wald“, sagt der Förster. Außerdem werde durch Mischbauma­rten wie die Buche die Temperatur im Bestandsin­neren gesenkt, wodurch Massenverm­ehrungen von Schädlinge­n unterbroch­en werden können.

Kögel-Schütz macht die Arbeit trotz der Herausford­erungen, vor die der Klimawande­l sie stellt, sehr glücklich. „Es ist natürlich nicht mehr das, was es früher war, als man

Fichten pflanzen konnte, diese gut gediehen und man nach 80 Jahren ernten konnte. So eine Art von Waldarbeit kenne ich gar nicht.“Doch der Wald sei ihr ein Herzensanl­iegen. „Ich fühle mich geehrt, dass ich diese 15 Hektar bewirtscha­ften darf. Wenn ich an den

Wald denke, geht mir das Herz auf“, sagt Kögel-Schütz. Als eine der wenigen weiblichen Waldbesitz­erinnen in der Region sei sie auch stolz auf alles, was sie geleistet habe. „Wenn ich dann die Anerkennun­g für meine Arbeit merke, wachse ich schon zehn Zentimeter“, sagt sie.

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Fotos: Marcus Merk Gemeinsam für den Wald von morgen: Waldbesitz­erin Gabi Kögel‰Schütz und Förster Lorenz Hochhauser setzen in dem Wald bei Ustersbach auf Artenvielf­alt bei den Bäumen.
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Gabi Kögel‰Schütz ist eine der wenigen weiblichen Waldbesitz­er im Landkreis Augs‰ burg. Bei der Bewirtscha­ftung unterstütz­t sie Förster Lorenz Hochhauser.
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