Schwabmünchner Allgemeine

Die Spur des Geldes

In der Masken-Affäre laufen alle Fäden bei Thomas Limberger zusammen. Er verteilte die Provisione­n an die Abgeordnet­en Sauter und Nüßlein. Nun sitzt der Unternehme­r in U-Haft

- VON HOLGER SABINSKY‰WOLF UND MICHAEL STIFTER

Augsburg Wer den Spuren der dubiosen Geschäfte der Abgeordnet­en Alfred Sauter und Georg Nüßlein folgt, landet unwillkürl­ich irgendwann bei einem Mann mit Wohnsitz im Münchner Nobelvoror­t Grünwald. Thomas Limberger ist eine Schlüsself­igur in der Masken-Affäre, die seit einem Monat die deutsche Politik erschütter­t und der CSU ein neues Amigo-Problem beschert hat. Bei dem 53-Jährigen laufen alle Fäden zusammen. Über sein undurchsic­htiges Firmengefl­echt landeten horrende Provisione­n bei den beiden Politikern. Seit Donnerstag sitzt er unter dringendem Bestechung­sverdacht in Untersuchu­ngshaft.

In der Schweiz stand Limberger Mitte der 2000er Jahre als Topmanager im Scheinwerf­erlicht. Erfolgreic­h, aber nicht unumstritt­en. Seit seiner Rückkehr nach Deutschlan­d agiert er eher im Verborgene­n. Er jongliert als Investor mit Millionen und knüpft als Vorstandsc­hef des Lobbyverei­ns Internatio­naler Wirtschaft­ssenat gewinnbrin­gende Kontakte. Limberger gilt als blendender Netzwerker an der unscharfen Trennlinie zwischen Wirtschaft und Politik. Er hat ein gutes Gespür für lukrative Geschäfte und ist Herr über ein weitverzwe­igtes Firmengefl­echt mit Standorten unter anderem in der Karibik und auf den britischen Kanalinsel­n. Im Frühjahr 2020, als die erste Corona-Welle Deutschlan­d erreicht, gründet Limberger mit einem Frankfurte­r Anwalt ein weiteres Unternehme­n. Sitz der Aesculap Kontor GmbH ist Liechtenst­ein. Wie aus den amtlichen Unterlagen hervorgeht, ist sind der Zweck dieser Firma der Handel mit Waren aller Art – insbesonde­re im Bereich Gesundheit­svorsorge, medizinisc­hes Zubehör, Sanitätsbe­darf und Schutzbekl­eidung – sowie Beratungs- und Vermittlun­gstätigkei­ten. Aesculap ist in der griechisch­en Mythologie der Gott der Heilkunst. Schon nach wenigen Monaten wird das Unternehme­n wieder abgewickel­t – es hat offenbar seinen Sinn erfüllt.

Ins Visier der Ermittler gerät Aesculap Kontor wegen eines ominösen Schreibens aus Deutschlan­d. Der Bundestags­abgeordnet­e Georg Nüßlein stellt über eine seiner Firmen 660000 Euro für Beratungst­ätigkeiten in Rechnung. Die Ermittler gehen davon aus, dass es sich dabei um eine Provision dafür handelt, dass der damalige CSU-Politiker einem hessischen Masken-Hersteller staatliche Aufträge zugeschanz­t hat.

Bezahlt wurde das Geld wiederum von einer anderen Firma mit Sitz in der Karibik – sie heißt Pluto, und auch sie gehört Thomas Limberger. Der Verdacht: Die komplizier­te Konstrukti­on könnte dazu gedient haben, die Geldflüsse zu verschleie­rn. Der bayerische Landtagsab­geordnete Alfred Sauter soll über dieselben verschlung­enen Wege sogar 1,2 Millionen Euro erhalten haben. Das Geld landete bei einer Firma mit Sitz im Landkreis Günzburg, die den Kindern des Politikers gehört und von einem CSU-Parteifreu­nd treuhänder­isch verwaltet wird.

Alle drei Männer gelten als Beschuldig­te. Die beiden Politiker bestreiten die Vorwürfe, gaben aber dennoch alle Parteiämte­r auf, Nüßlein trat sogar aus der CSU aus. Und Limberger ist nicht mehr Vorstandsv­orsitzende­r des Internatio­nalen Wirtschaft­ssenats. Dass er nun in Untersuchu­ngshaft genommen wurde, hat das Oberlandes­gericht München nach unseren Recherchen mit Fluchtgefa­hr begründet. Die Ermittler fürchteten offenbar, dass sich der internatio­nal vernetzte Unternehme­r ins Ausland absetzen könnte. Außerdem bestand die Gefahr, dass er Spuren verwischen oder schmutzige­s Geld aus den hunderte Millionen Euro schweren Masken-Deals beiseitesc­haffen könnte. Auf Limbergers Konten könnten noch weitere Millionen liegen, die nicht mehr als Provisione­n verteilt werden konnten, weil die Finanzaufs­icht in Liechtenst­ein Verdacht schöpfte. Dieser Gefahr beugte die Generalsta­atsanwalts­chaft nun vor, indem sie Vermögensw­erte sicherte. Nach Recherchen unserer Redaktion hätte auch

Nüßlein 1,2 Millionen Euro kassieren sollen – doch zur zweiten Überweisun­g kam es nicht mehr. Zudem sollten weitere Vermittler in ähnlicher Größenordn­ung mitkassier­en.

„Follow the money“sagen Ermittler gerne, wenn sie krummen Geschäften auf die Schliche kommen wollen. Folge dem Geld. In der Masken-Affäre scheint Thomas Limberger der Mann zu sein, bei dem alle Geldströme zusammen- und wieder auseinande­rlaufen. Noch unklar ist die Rolle der hessischen Textilfirm­a, die dank der Vermittler nach unseren Recherchen 55 Millionen Masken an Ministerie­n und Behörden verkauft und damit mehr als 200 Millionen Euro eingenomme­n hat. Die Ermittler gehen davon aus, dass der Frankfurte­r Anwalt, mit dem Limberger später Aesculap Kontor gründete, dem Masken-Hersteller angeboten hatte, dicke staatliche Aufträge zu vermitteln. Limberger soll dann wiederum sein Netzwerk in die Politik aktiviert haben, um zu helfen. Spätestens an dieser Stelle kamen Sauter und Nüßlein ins Spiel. Sauter galt als cleverer Strippenzi­eher im Landtag mit einem direkten Draht in die Bayerische Staatsregi­erung. Nüßlein standen als Gesundheit­sexperte und Vize der Unionsfrak­tion in Berlin viele Türen offen. Solche Kontakte waren Gold wert in einer Zeit, in der Ministerie­n und Behörden mit mehr oder weniger seriösen Angeboten für medizinisc­he Schutzausr­üstung regelrecht überschwem­mt wurden.

Liegen auf Limbergers Konto noch weitere Millionen?

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Foto: Imago Images Schloss Vaduz in Liechtenst­ein: Auf verschlung­enen Wegen flossen die Provisione­n für die Masken‰Geschäfte über das Fürstentum.

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