So testen große Arbeitgeber ihre Mitarbeiter
Während bei der Witty GmbH in Dinkelscherben bereits Besucher getestet werden, sucht man bei Großunternehmen im Landkreis Augsburg noch nach Lösungen. Die bietet ein Software-Entwickler aus Gessertshausen
Landkreis Augsburg Müssen Unternehmen ihren Beschäftigten, die weiter ins Büro oder in die Produktion kommen, Corona-Schnelltests anbieten? Um diese Frage ging es auch bei der Ministerpräsidentenkonferenz am Montag. Zwar bleibt die Wirtschaft von einer Testpflicht vorerst verschont. Denn die Regierungschefs vertrauen auf die Selbstverpflichtung der Spitzenverbände, die diese am 9. März abgegeben hatten. Aber angesichts steigender Infektionszahlen sei eine zügige Umsetzung notwendig, heißt es im Beschlusspapier. Doch wie setzen Großunternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitern das um?
Bei Amazon in Graben wird darüber noch diskutiert. Wie ein Sprecher auf Nachfrage mitteilt, sei es ein wichtiges Ziel des Gesundheitsmanagements, allen Mitarbeitern regelmäßige und freiwillige Covid19-Tests anzubieten – besonders für diejenigen ohne Symptome. „Hierzu befinden wir uns aktuell in Gesprächen mit dem Betriebsrat“, heißt es schriftlich. Offen ist demnach die Frage, welche Testmethode angeboten werden soll, PCRoder Schnelltest. Wie die Testungen logistisch umgesetzt werden sollen, geht aus der Stellungnahme nicht hervor. Bislang wird bei den rund 1800 Mitarbeiter bereits die Temperatur gemessen.
Eine einheitliche Teststrategie ist vor allem vor dem Hintergrund brisant, dass die Gewerkschaft Verdi Ende 2020 das Logistikzentrum in Graben als Corona-Hotspot bezeichnete. Damals sollen sich rund 300 Mitarbeiter in Quarantäne befunden haben und einige an Corona erkrankt sein. Wie die Gewerkschaft auf die Zahl kam, blieb allerdings unklar. Amazon wies die Behauptung scharf zurück und sprach von einer bewussten Täuschung der Öffentlichkeit mit falschen Zahlen.
Bei der MVV Industriepark Gersthofen GmbH wird über das Thema Schnelltests ebenfalls diskutiert. Bislang werden die Mitarbeiter vor Dienstbeginn aber nicht getestet. „Bei den anderen Unternehmen ist mir auch nichts bekannt“, sagt Ingrid Knöpfle, Leiterin der Abteilung Marketing und Kommunikation. „Die Tests sind freiwillig und können nicht angeordnet werden.“
Bei MVV habe man zwar eine kleinere Menge Schnelltests vorrätig, die für die Mitarbeiter der Werkfeuerwehr reserviert sind. „Wir denken darüber nach, diese Tests allen Mitarbeitern anzubieten, und haben die erforderlichen Mengen bestellt“, so Knöpfle. Die Verteilung müsse noch geregelt werden, ebenso die Anleitung zum Test.
Unternehmensübergreifend werde das Thema in der Taskforce Pandemie besprochen, die alle zwei Wochen stattfindet. Grundsätzlich muss jedes Unternehmen im Industriepark Gersthofen selbst eine Vorgabe machen, das könne die MVV nicht bestimmen. „Bisher ist es so, dass von den Beschäftigten kein Test verlangt werden darf“, so Knöpfle.
Auf Freiwilligkeit setzt man auch bei SGL Carbon in Meitingen. „Da nun Schnell- und Selbsttests einfach verfügbar sind, prüfen auch wir zurzeit ein freiwilliges Corona-Testangebot für unsere Mitarbeiter“, so Philipp Stieffenhofer, Manager für Kommunikation und Marketing. Ein genereller täglicher Test vor Dienstbeginn sei nicht geplant. „Wir legen Wert auf die Freiwilligkeit.“Schon Praxis sind bei SGL Testkampagnen durch die werksärztliche Station in einzelnen Abteilungen bei Verdachtsfällen.
Eine Antwort auf die Frage, wie die Datenerfassung bei den Coronatests gehandhabt werden kann, liefert der Software-Entwickler Melos aus Gessertshausen. Die Volkswagen AG vertraut bereits auf dessen Lösung. „Das läuft dort exzellent“, sagt Geschäftsführer Andreas Manntz über den Einsatz in mobilen Teststationen, die bei VW in Zusammenarbeit mit dem Klinikum Wolfsburg vor den Werkstoren aufgebaut wurden. Künftig sollen diese Teststationen zu Impfzentren ausgeweitet werden. „Wir konnten mit diesem System einiges an Interesse generieren, registrieren allerdings noch eine gewisse Zurückhaltung, selbst zu investieren“, sagt Manntz.
Das könnte sich ändern, denn in Kürze wird das Gessertshauser Unternehmen auch eine Impfplattform zur Verfügung stellen. „Ein System, das die Daten professionell erfasst und mit Eventveranstaltungen koppeln kann“, erklärt Manntz. Er freut sich auf die Kooperation mit einem großen Partner: „Es handelt sich um ein DAX-Unternehmen.“
Bei der Firma Witty in Dinkelscherben ist man in Sachen CoronaTests schon weiter. In einem ZweiStufen-Plan werden Besucher bereits getestet. Dies will der Hersteller von Produkten für Schwimmbadpflege, Küchen- und Trinkwasserhygiene in Kürze ausweiten: So sollen Mitarbeiter vor Ort zweimal in der Woche mittels PCR getestet werden. Beschäftigte, die überwiegend im Homeoffice arbeiten, machen einen Selbsttest, der gegebenenfalls alle 48 Stunden erneuert wird. „Wir wollen die Belegschaft schützen, lieferfähig bleiben und wichtige Kundenkontakte ermöglichen“, erklärt Dr. Johannes Ellenrieder, Leiter des firmeneigenen Prüflabors. „Wir werden alles dafür tun, dass auch unsere Kunden, die öffentlichen Schwimmbäder und Hotels, so schnell wie möglich wieder öffnen können.“