Militär schießt auch auf Kinder
Gewalt in Myanmar explodiert: Über 100 Tote an einem Tag
Yangon In Myanmar hat die Militärgewalt bei landesweiten Protesten mit mehr als 100 Toten einen vorläufigen Höhepunkt erreicht. Die Vereinten Nationen bezeichneten den Samstag als den „blutigsten Tag“seit dem Militärputsch vom 1. Februar. Mehr als 114 Menschen wurden am „Tag der Streitkräfte“getötet, wie das Nachrichtenportal
unter Berufung auf Zahlen aus 44 Städten berichtete. Auch schrieb am Sonntag von mehr als 100 Toten, unter ihnen mehrere Kinder und Jugendliche im Alter von fünf bis 15 Jahren.
„Die Gewalt ist völlig inakzeptabel und muss sofort aufhören“, forderte der UN-Sondergesandte für Menschenrechte in Myanmar. Er warf dem Militär „Massenmord“an der eigenen Bevölkerung vor. Am offiziellen Gedenktag der Armee protestierten Menschen in weiten Teilen des Landes, wie in der Handelsmetropole Yangon, in der nördlichen Region Mandalay und im südlichen Bago gegen die Machtübernahme des Militärs. Dabei sollen Militärangehörige und Polizisten mit scharfer Munition und gezielten Kopfschüssen gegen unbewaffnete Zivilisten vorgegangen sein.
Nach Medienberichten soll ein Zivilist in Mandalay vom Militär angeschossen und dann lebendig verbrannt worden sein. Der 21-jährige Zivilist Chit Bo Nyein wurde erschossen, als er in einem Teeladen seiner Familie ausgeholfen hatte.
Das Militär hatte Anfang Februar
Myanmar Now The Irrawaddy
gegen die faktische Regierungschefin Aung San Suu Kyi geputscht. Die 75-Jährige sitzt seither im Hausarrest und wird von der Justiz verschiedener Vergehen beschuldigt. Die Demonstranten fordern eine Wiedereinsetzung von Suu Kyis ziviler Regierung. Die EU sprach in den sozialen Medien von einem Tag des „Terrors und der Ehrlosigkeit“.
US-Außenminister Antony Blinken prangerte eine „Schreckensherrschaft“des Militärs an. Auch mehrere internationale Militärchefs verurteilten in einer Erklärung die Gewalt scharf. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) nannte Bilder und Nachrichten aus dem Land „zutiefst schockierend“. Die EU habe deutlich gemacht, dass sie das brutale Vorgehen gegen die Bevölkerung nicht hinnehme und Sanktionen gegen die Militärjunta verhängt. Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet Alice Wairimu Nderitu, forderte die internationale Gemeinschaft zum Handeln auf. Unter den nach ihren Angaben mindestens 107 Toten seien nach glaubhaften Berichten sieben Minderjährige.
In einer Ansprache in der Hauptstadt Naypidaw verteidigte der Oberbefehlshaber der Streitkräfte, Min Aung Hlaing, die Machtübernahme durch das Militär als „unvermeidlich“, weil die Regierung von Suu Kyi und ihre Partei in „ungesetzliche Handlungen“verwickelt gewesen seien. Er gab an, die Demokratie schützen zu wollen, und versprach erneut, Wahlen abzuhalten, ohne aber ein Datum zu nennen.