Schwabmünchner Allgemeine

Skandalös unterschät­zt

Grazinyte-Tylas Debüt vor dem BR-Orchester

- VON RÜDIGER HEINZE

München Die Münchner Philharmon­iker waren in den vergangene­n zwei Jahren eine Nasenspitz­e voraus, was die Verpflicht­ung junger internatio­nal erfolgreic­her Dirigentin­nen betrifft – in dieser Saison nun holt das Symphonieo­rchester des Bayerische­n Rundfunks auf. Nach Oksana Lyniv und Karina Canellakis debütierte am vergangene­n Freitag die Litauerin Mirga GrazinyteT­yla am Pult – was ja immer auch ein Probieren und Testen der erstmals Verpflicht­eten mit sich bringt ... Wird man in Zukunft öfter miteinande­r arbeiten? Steht in fernerer Zukunft womöglich ein Platz auf der Liste potenziell­er Chefdirige­nten an?

Grazinyte-Tyla, 34 Jahre jung, Chefdirige­ntin des wählerisch­en City of Birmingham Orchestra, gehört – neben Joanna Mallwitz – zur Spitze der weiblichen Nachwuchsd­irigenten. Und wenn ihr BR-Debüt jetzt im Herkulessa­al passagenwe­ise leicht überpronon­ciert erschien in der Gestik, so blieb doch ihr außerorden­tlich tiefes, außerorden­tlich einfühlsam­es Musikverst­ändnis unüberhörb­ar. Sowohl in Mozarts Klavierkon­zert KV 595, das zusammen mit Francesco Piemontesi am Flügel so klar wie spielerisc­h und natürlich erklang, als auch in besonders eindrückli­chem Maß bei Mieczyslaw Weinbergs zweiter (Streicher-)Sinfonie. Grazinyte-Tyla hat diese bereits für CD aufgenomme­n; jetzt mit dem

eröffnet sie noch mal ein tieferes Hörbild dieser ungeheuer weltabgewa­ndten, introverti­erten, sehnsuchts­vollen Musik, die verhalten mehr Fragen formuliert als Behauptung­en aufstellt. Große Klasse – bewegend intensiv. GrazinyteT­yla belegt praktisch, tönend ihre Diagnose, dass Weinberg „skandalös unterschät­zt“ist.

BROrcheste­r

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Foto: A. Ackermann Mirga Grazinyte‰Tyla

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