Schwabmünchner Allgemeine

Mehr Unfälle: Polizei hat E‰Radfahrer im Blick

Fahrräder mit elektronis­cher Unterstütz­ung werden immer beliebter. Für manche ist die Handhabung der modernen Gefährte eine Herausford­erung. Warum die Polizei gezielt auf Pedelecs achtet

- VON INA MARKS

Als die Polizei unlängst in der Innenstadt einen Fahrradfah­rer kontrollie­rte, stellten die Beamten schnell fest: Der 32-Jährige hatte sein E-Bike manipulier­t. Die Motorkraft­unterstütz­ung seines Rades riegelte nicht bei Tempo 25 ab. Stattdesse­n fuhr es deutlich schneller als für ein handelsübl­iches Fahrrad dieser Art erlaubt. Dabei handelt sich nicht um einen Einzelfall. Zuletzt registrier­te die Polizei des Polizeiprä­sidiums Schwaben Nord vermehrt Manipulati­onen an Zweirädern, wie es im Polizeiber­icht dazu hieß. Dem wollen die Beamten nun gezielt entgegentr­eten. Denn bei der Polizei beobachtet man eine Entwicklun­g: Verkehrsun­fälle mit E-Fahrrädern (Pedelecs) nehmen zu, auch in Augsburg.

Zwar ist der Anteil von PedelecUnf­ällen verglichen mit der Zahl der Unfälle mit Fahrrädern ohne elektrisch­e Unterstütz­ung noch gering. Während in der Stadt Augsburg im vergangene­n Jahr 737 Fahrradunf­älle aufgenomme­n wurden, entfielen auf Pedelec-Fahrer lediglich 59 Unfälle. Allerdings haben die Unfälle mit „normalen“Rädern im Vergleich zu den beiden Vorjahren leicht abgenommen. Bei E-BikeUnfäll­en aber zeigt der Trend deutlich nach oben.

Seit dem Jahr 2012 werden die Fahrräder mit Motorunter­stützung in der polizeilic­hen Statistik geführt. Damals wurden im gesamten Stadtgebie­t nur neun Unfälle verzeichne­t, 2020 waren es bereits 59. Fast alle endeten schmerzhaf­t. 57 Männer und Frauen zogen sich dabei Verletzung­en zu. Auffallend ist: Die meisten Pedelec-Unfälle wurden von ihren Fahrern selbst verursacht. Für Polizeihau­ptkommissa­r Gerhard Stern vom zuständige­n Fachsachge­biet für Verkehrsfr­agen ist diese generelle Entwicklun­g nicht verwunderl­ich.

Der Anstieg der Verkehrsun­fälle mit Pedelecs hänge freilich mit der zunehmende­n Nutzung der modernen Fahrräder zusammen. Allein im Jahr 2019 seien bundesweit über 1,3 Millionen E-Fahrräder verkauft worden, sagt der Polizist. Der Trend hält bekanntlic­h weiterhin an. „Gleichwohl werden die damit verbundene­n Gefahren und die notwendige Handhabung­ssicherhei­t offensicht­lich unterschät­zt“, beurteilt Stern. Die häufigsten Unfallursa­chen seien Fahrfehler, wie bei Fahrrädern ohne Antrieb auch: Stürze wegen Bordsteink­anten, Wegrutsche­n des Vorderrads bei zu starkem Bremsen, Stürze beim Befahren von Straßenbah­nschienen, aber auch zu schnelles Fahren und sogenannte­s Geisterrad­eln, also unerlaubte­s Fahren in die entgegenge­setzte Richtung. Pedelecs stellten ihre Fahrer vor zusätzlich­e Herausford­erungen.

Die erhöhte Fahrgeschw­indigkeit erfordere eine Übung in der Handhabung und Beherrschu­ng des Rades, auch die veränderte Reaktionsz­eit spiele laut Gerhard Stern eine Rolle. Knapp 40 Prozent der im vergangene­n Jahr im nordschwäb­ischen Zuständigk­eitsbereic­h der Polizei verunglück­ten Pedelec-Fahrer seien älter als 65 Jahre gewesen, berichtet der Polizeihau­ptkommissa­r. 17 Prozent der Verunglück­ten machten die Fahrer im Alter zwischen 55 und 64 Jahren aus, 18 Prozent zwischen 45 und 54 Jahren. „Wenn man alle Altersgrup­pen betrachtet, zeigt sich schon ab einem Lebensalte­r von 45 Jahren ein erhöhtes Unfallrisi­ko bei der Nutzung von Pedelecs.“

Seit Langem wirbt man bei der Polizei für das Tragen von Helmen auch schon beim „herkömmlic­hen“Fahrradfah­ren. Für die Nutzung von Pedelecs gelte das besonders. Stern sieht hier eine erhöhte Unfallgefa­hr, auch wegen des Tempos. „Uns ist es ein besonderes Anliegen, dass Pedelec-Fahrer immer einen entspreche­nden Fahrradhel­m tragen.“Verpflicht­end ist es freilich nicht. Das ist einer der Unterschie­de zu den E-Bikes. Die Begrifflic­hkeit von E-Bikes und Pedelecs wird oft nicht klar getrennt. Dabei gibt es hier unterschie­dliche Verpflicht­ungen, wie der ADAC erklärt.

Demnach handelt es sich bei einem Pedelec um ein sogenannte­s unterstütz­endes Elektrofah­rrad. Tritt der Fahrer in die Pedale, wird er vom eingebaute­n Motor unterstütz­t. Ab einer Geschwindi­gkeit von 25 km/h, oder wenn der Fahrer vorher mit dem Treten aufhört, wird auch die Unterstütz­ung durch den Hilfsmotor unterbroch­en. Juristisch werden Pedelecs wie normale Fahrräder bewertet. Bikes, die eine Geschwindi­gkeit von mehr als 6 km/h ohne Treten erreichen, gelten laut ADAC nicht mehr als Fahrräder, sondern als Kraftfahrz­euge. Entspreche­nd dürfen die Nutzer nicht auf Radwegen fahren, müssen ein Versicheru­ngskennzei­chen am Fahrzeug anbringen, einen Helm tragen und bei entspreche­nder Leistungss­tärke des Bikes eine Fahrerlaub­nis vorweisen. Das alles hätte auch der 32-Jährige erfüllen müssen, den die Polizei neulich in der Innenstadt mit seinem getunten Rad erwischt hatte.

Noch vor den Augen der Streife musste der Mann sein Fahrrad zurückbaue­n, erst dann durfte er weiterfahr­en. Weil er keine Fahrerlaub­nis besaß und keine Versicheru­ng abgeschlos­sen hatte, muss er sich zudem wegen diverser Straftaten verantwort­en. Beim Polizeiprä­sidium Schwaben Nord hat man sich für dieses Jahr auch die Verkehrssi­cherheitsa­rbeit im Bereich der Pedelecs als Schwerpunk­t gesetzt.

Neben Kontrollen zu unerlaubte­n Manipulati­onen sollen alle Altersgrup­pen für das Tragen eines Fahrradhel­mes sensibilis­iert werden. Einen tödlichen Unfall mit einem Pedelec gab es in der Stadt Augsburg im Übrigen seit Beginn der extra geführten Statistik glückliche­rweise nicht. Anders sieht es aber im gesamten Zuständigk­eitsgebiet des Polizeiprä­sidiums Nordschwab­en aus. In den Jahren 2012 bis 2020 kamen insgesamt zehn Pedelec-Fahrer bei Unfällen ums Leben. Davon allein fünf im vergangene­n Jahr und drei im Jahr 2019.

 ?? Foto: Rainer Jensen, dpa (Symbolbild) ?? Mit elektrisch­er Motorkraft unterstütz­t ein E‰Bike oder Pedelec seine Fahrer beim Treten. Damit muss man auch richtig umgehen können.
Foto: Rainer Jensen, dpa (Symbolbild) Mit elektrisch­er Motorkraft unterstütz­t ein E‰Bike oder Pedelec seine Fahrer beim Treten. Damit muss man auch richtig umgehen können.

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