Streit beim Paketabholen: LadenMitarbeiter schlägt zu
Eine Frau diskutiert mit einer Ladenbesitzerin, weil diese ihr ein Paket nicht aushändigen will. Der Mitarbeiter ohrfeigt daraufhin die Kundin und beleidigt sie. Jetzt landet der Fall vor Gericht
Landkreis Augsburg Statt ihres Pakets bekam eine 27-jährige Frau in einem Paketshop im südlichen Landkreis Augsburg eine Ohrfeige und eine rassistische Beleidigung. Laut Anklage hatte sich die Frau mit der Inhaberin des Ladens über ihren Ausweis gestritten, als plötzlich deren Ehemann hinzukam und zuschlug. Vor Gericht bestritt der 61-Jährige die Vorwürfe. Doch Richter Andreas Kraus sah ausreichend Beweise und verurteilte den Mann wegen Beleidigung und Körperverletzung.
Passiert war die Tat im September vergangenen Jahres. Um sich beim Paketabholen zu identifizieren, legte eine 27-jährige Serbin in dem Geschäft ihren serbischen Personalausweis vor. Die Besitzerin wies sie darauf hin, dass der Paketdienstleister diesen jedoch nicht anerkennen würde. Die junge Serbin, die fließend Deutsch spricht, dachte jedoch, ihr Ausweis genüge und hatte ihren Reisepass nicht dabei. Während der lauter werdenden Diskussion zwischen den beiden trat der Mann der Ladenbesitzerin aus den hinteren Räumen des Geschäfts hervor. Laut Anklage herrschte er die Frau mit den Worten an: „Wenn Sie Ausländerfotze sich nicht ausweisen können, verlassen Sie den Laden.“Danach schlug er ihr mit der flachen Hand ins Gesicht.
Bis zum Schluss der Verhandlung behauptete der Angeklagte, das nie gesagt und die Frau nie geschlagen zu haben. Der Mann mit deutscher Staatsbürgerschaft, der als Angestellter für seine Ehefrau arbeitet, betonte in der Verhandlung im Amtsgericht Augsburg, nichts gegen Ausländer zu haben. Bis vor Corona hätten sie lange Zeit eine sehr gute Angestellte aus Zentralafrika gehabt, sagt er. Auch sei sein Vater Türke, führt er als Beispiel an. Der beleidigende Satz sei vom Opfer erfunden.
Tatsächlich habe die 27-Jährige im Streit seine Frau beleidigt, sagte der Angeklagte. Sie sei bei dem Wortgefecht immer lauter geworden und habe seine Frau als „blöde Kuh“beleidigt. Als er vorne im Laden dazukam und sie bat, das Geschäft zu verlassen, weigerte sie sich angeblich. Der Angeklagte empfand die 27-Jährige als „garstig“. Zu seiner Verteidigung sagte der Mann vor Gericht, dass es im Laden so viel wichtige Laufkundschaft gebe, dass er es sich nicht leisten könne, eine Kundin zu beleidigen oder gar zu schlagen.
Die Beweise sprechen aber gegen ihn. Denn das Opfer ging am Tag nach der Tat zum Arzt, wo ihr ein Schlag quer über das Gesicht auf die Nasenwurzel attestiert wurde. Der Angeklagte beugte sich ihrer Aussage nach über den Ladentresen und schlug plötzlich und fest zu. „Ich habe es nicht kommen sehen, weil es keinen Anlass dafür gab“, sagt die Frau. Sie war benommen und ihre Ohren piepsten von dem Schlag. Nach dem Vorfall rief sie die Polizei. Als diese aber erst nach 40 Minuten eintraf, machte der Angeklagte bereits zu Hause Mittagspause und war nicht mehr anzutreffen. Die 27-Jährige erzählt ein halbes Jahr nach der Tat vor Gericht immer noch sichtlich verunsichert von ihrem Erlebnis.
Dass ihr serbischer Ausweis nicht als Identifikationsnachweis zum Paketabholen genügt, wusste die Frau nicht. Sie behauptete, sich telefonisch beim Paketdienstleister informiert zu haben, und dass dieser ihr bestätigte, dass der serbische Personalausweis genüge. Ein offizielles Dokument des Paketdienstleisters bestätigte in der Verhandlung allerdings, was auch der Angeklagte und seine Frau behaupteten: Da Serbien zwar in Europa liegt, aber nicht Teil der Europäischen Union ist, muss ein Reisepass als Nachweis vorgelegt werden.
Bis zum Schluss pochte der Angeklagte auf seine Unschuld. Die Staatsanwaltschaft und der Richter waren aber vom Gegenteil überzeugt. Der 61-jährige Angeklagte wollte sogar noch seine Frau als Zeugin hören, die seine Aussage bestätigen sollte. Nach dem erneuten Hinweis des Richters, dass sich seine Frau mit einer Falschaussage strafbar machen würde und einem längeren Gespräch mit seinem Verteidiger, sah der Angeklagte aber davon ab. Richter Kraus verurteilte den Mann wegen Körperverletzung und Beleidigung zu einer Geldstrafe von 3000 Euro (200 Tagessätze zu 15 Euro).