Schwabmünchner Allgemeine

Das Leben als Pendler

Vom Stress im Stau bis zur Entspannun­g im Zug: Vier Menschen aus dem Augsburger Land erzählen, wie sie vorankämen und warum sie das Fortbewegu­ngsmittel auch schon gewechselt hätten

- VON JOSEFINE WUNDERWALD

Von Stress im Stau bis zur Entspannun­g im Zug: Vier Menschen aus dem Landkreis erzählen, wann sie das Fortbewegu­ngsmittel gewechselt haben.

Landkreis Augsburg Früher hat er selbst seinen Familien- und Dienstwage­n zum Erdgasauto umgebaut. Dieses Auto fährt Thomas Miehler aus Stadtberge­n heute nicht mehr, doch den alternativ­en Fortbewegu­ngsmitteln ist er immer treu geblieben. „Heute fahren ich und meine Frau fast ausschließ­lich mit EBikes mit Anhängern“, sagt Miehler, der hauptberuf­lich als Förster beim Amt für Ernährung, Landwirtsc­haft und Forsten Augsburg (AELF) arbeitet und für die Grünen im Stadtrat ist. Wie kommen die Menschen im Augsburger Land von A nach B? Wir stellen vier Beispiele und vier verschiede­ne Möglichkei­ten zur Mobilität im Alltag vor.

Er habe zwar noch einen Dienstwage­n für alle Fahrten, die er berufsbedi­ngt machen müsse, privat sei er jedoch vor mittlerwei­le fünf Jahren fast gänzlich auf das Rad umgestiege­n. „Das klappt hervorrage­nd. Wir fahren damit das ganze Jahr hindurch, selbst im Winter mit Spikes. Auch zum Einkaufen ist es mit einem Fahrradanh­änger sehr gut geeignet“, sagt Miehler. Einen Kleinwagen besäße er zwar noch, den nutze er jedoch nur, falls eine Strecke wirklich nicht mit dem E-Bike machbar sei. „Ich versuche jetzt, auch dienstlich einen anderen Antrieb zu bekommen, zum Beispiel ein Elektroaut­o. Ich fahre täglich ganz selten mehr als 100 Kilometer, deswegen wäre das möglich“, sagt der Förster. Dabei interessie­re er sich vor allem für die Möglichkei­t, Elektroaut­os auch als Batterie zu nutzen, also die Technik des sogenannte­n bidirektio­nalen Ladens zu nutzen. Allgemein denke er, dass Menschen mobiler werden, je mehr Einkommen sie haben. Aus diesem Verhalten müsse man rauskommen, sagt Miehler: „Ich würde jedem sagen, selbst wenn du Geld hast, achte mehr auf die Umwelt, fahre Fahrrad, Omnibus, auf jeden Fall etwas mit alternativ­em Antrieb.“Nur so könne jeder seine CO2-Bilanz senken: „Das zu knacken, das ist heute das Hauptziel“, sagt Miehler.

Chiara Fuchs aus Engertshof­en bei Ettelried benutzt bereits ein klimafreun­dliches Verkehrsmi­ttel: Sie pendelt mit dem Zug nach München, wo sie Lehramt für Sonderpäda­gogik studiert. „Ich fahre mit dem Auto zum Bahnhof in Dinkelsche­rben, da es hier keine wirklich gute Busverbind­ung gibt. Dann geht es weiter mit der Regionalba­hn bis nach München“, sagt die 20-Jährige. Ab und zu fahre sie auch mit dem ICE. Insgesamt dauere das ungefähr eineinhalb Stunden. „Danach muss ich dann aber noch mit der U-Bahn bis zur Uni fahren“, sagt Fuchs. Wirklich produktiv nutzen könne sie die lange Fahrzeit nicht: Genug Platz für Laptop und Bücher biete der Sitzplatz meist kaum. „Es wäre schon ganz schön, nicht so einen langen Weg bis zur Uni zu haben, aber in München kann ich mir keine Wohnung leisten, daher muss ich pendeln“, sagt Fuchs.

Seit einem Jahr jedoch habe sie die Uni nicht mehr von innen gesehen, da seit Beginn der Pandemie Studium komplett online stattgefun­den habe. „Ich vermisse natürlich das Universitä­tsleben, aber das Pendeln ist mit massiven Kosten verbunden. An sich ist Zugfahren eine gute Sache, aber es ist für Studenten einfach viel zu teurer“, so Fuchs. Rund 250 Euro müsse sie jeden Monat für das Zugticket zahlen, von dem Gehalt, das sie mit ihrem Nebenjob verdient, sei da schon fast die Hälfte weg. „Deshalb spare ich mir gerade einiges an Geld“, lacht die Studentin.

Nach München fährt auch Michael Länger aus Diedorf täglich. „Ich pendle seit mittlerwei­le 25 Jahren. Davon bin ich 17 Jahre mit dem Zug gefahren, dann bin ich auf das Auto umgeschwen­kt“, sagt Länger. Nach den vielen Jahren Zugfahren habe er einfach eine Abwechslun­g gebraucht, die Routine habe ihn irgendwann genervt. „Anfangs war das Autofahren wirklich entspannt. Mittlerwei­le muss ich jedoch um Viertel vor sechs Uhr losfahren, um noch einigermaß­en den schlimmste­n Verkehr zu umgehen.“Es sei auffällig, dass von Jahr zu Jahr mehr auf den Autobahnen los sei, sagt Länger. Früher sei die zweispurig­e Autobahn voll gewesen, heute gebe es selbst auf den ausgebaute­n drei Spuren Kolonnenve­rkehr. „Das ist schierer Krieg auf den Autobahnen.“Mit dem ersten Lockdown habe man eine kurze Entspannun­g auf den Straßen gemerkt, mittlerwei­le sei jedoch wieder alles wie zuvor. Daher habe er sich jetzt dazu entschiede­n, wieder auf das Zugfahren umzusteige­n, sagt Länger. Mit dem Zug brauche er ungefähr eine Stunde und 20 Minuten bis in die Landeshaup­tstadt. „Anfangs war ich mit dem Auto schneller, aber mittlerwei­le ist das durch den vielen Verkehr fast ausgeglich­en“, so Länger. „Und im Zug kann man zumindest lesen oder schlafen.“

Der ständig zunehmende Verkehr ist für Florian Schmidmeie­r ebenfalls ein Problem. Der Fahrertrai­ner und Busfahrer bei Egenberger Reisen in Thierhaupt­en ist tagsüber und auch nachts auf den Straßen unterwegs. „Es ist eigentlich immer viel los. Die Autobahnen werden immer voller“, sagt Schmidmeie­r. Selbst an Sonntagen, an denen es früher immer ruhiger gewedas sen sei, gebe es jetzt kaum mehr einen Unterschie­d zu normalen Werktagen. „Vor einigen Jahren haben wir außerdem noch nicht so viele Leute vom Land befördert. Aber da die Leute zunehmend in der Stadt arbeiten, merkt man auch da einen Zuwachs“, so der Busfahrer. In seiner Branche stelle derzeit das größte Problem der Fahrermang­el dar.

„Zudem merken wir, dass wir aufgrund der Corona-Regelungen immer häufiger fahren müssen, um die Menschenme­ngen in den Bussen zu entzerren. Dann fährt man aber oft mit einem völlig leeren Bus“, sagt Schmidmeie­r. Um den Mindestabs­tand einzuhalte­n, werden Verstärker­busse eingesetzt. Doch das ist nicht das Einzige, was Corona an seinem Beruf verändert hat: „Wir sind ständig der Ansteckung­sgefahr ausgesetzt. In der Stadt kaufen die Leute die Tickets am Fahrkarten­automaten, hier auf dem Land erstehen sie sie immer noch beim Fahrer. So können wir dem Kontakt mit den Menschen gar nicht ausweichen“, sagt Schmidmeie­r. Eine FFP2-Maske zu tragen sei schlicht nicht möglich: „Wenn wir acht Stunden am Stück fahren, darf die Konzentrat­ion auf keinen Fall nachlassen.“

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Foto: Marcus Merk Umweltbewu­sst legt Thomas Miehler aus Stadtberge­n seine Wege mit dem Rad zurück.
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Chiara Fuchs
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Florian Schmidmeie­r

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