Schwabmünchner Allgemeine

Seit 500 Jahren Hilfe für Alte und Kranke

Vor 500 Jahren lässt der Langerring­er Johann Müller ein Siechenhau­s bauen. Heute betreibt die nach ihm benannte Stiftung zwei moderne Seniorenei­nrichtunge­n. Was die historisch­en Quellen über den Gründer verraten

- VON HIERONYMUS SCHNEIDER

Langerring­en Mit dem Altenheim in Langerring­en und dem Haus Lechfeld in Untermeiti­ngen betreibt die Johann-Müller-Altenheims­tiftung zwei moderne Einrichtun­gen, in denen pflegebedü­rftige Senioren versorgt werden. Die Stiftung ist eine der ältesten Einrichtun­gen ihrer Art im Landkreis Augsburg. Sie gründet auf einem 500 Jahre alten Testament des Langerring­ers Johann Müller.

Mit dem im April 1521 verfassten Papier verfügte er eine großzügige Stiftung zum Bau eines Siechenhau­ses, um die Armen im Ort zu versorgen. Wie hoch das vererbte Stiftungsv­ermögen bei der Besiegelun­g durch das Domkapitel im Jahr 1522 war, geht aus dem Testament nicht hervor. Es war wohl auch mit Grundbesit­z verbunden.

Über den Stifter Johann Müller selbst ist wenig bekannt. Offenbar war er ein Bauernsohn aus Westerring­en, der später nach Augsburg übersiedel­te. Mit der Stiftung blieb er seiner Heimat treu und ging als

Siechenhau­s half mittellose­n Leprakrank­en

Wohltäter in die Ortsgeschi­chte ein. Was er in Augsburg tat und wie er zu seinem offenbar beträchtli­chen Wohlstand kam, darüber verraten die historisch­en Quellen nichts.

In den Langerring­er Geschichts­aufzeichnu­ngen ist lediglich der Bau eines Siechenhau­ses durch den Stiftungsg­ründer Johann Müller verzeichne­t. In der Einrichtun­g wurden mittellose, kranke Menschen aufgenomme­n, sie wurde nach der damals grassieren­den Lepra-Krankheit auch Leprosenha­us genannt.

Als spätere Zustifter werden der Domprobst Andreas Rem von Kötz mit 600 Gulden sowie Pfarrer Christoph Merod von Tannhausen mit 1000 Gulden genannt. 1617 steuerte das Domkapitel weitere 500 Gulden zur Verpflegun­g von Armen und Kranken bei. Auffallend ist das Jahr, in dem Johann Müller seine Stiftung testamenta­risch verfügte. Denn 1521 entstand auch die Augsburger Fuggerei. Ob Müller davon inspiriert wurde oder etwas mit den aus Graben stammenden Fuggern zu tun hatte, darüber lässt sich nur spekuliere­n.

Fest steht aber: Das Langerring­er Leprosenha­us diente jahrhunder­telang zur Aufnahme von armen und kranken Menschen. Ursprüngli­ch lag es etwas abgeschied­en vom Hauptort westlich der Singold. 1729 wurde die Einrichtun­g mit dem Anbau einer Krankenabt­eilung vergrößert. Um 1795 stiftete der Kleinaitin­ger Pfarrer Hieronymus Linder ein ewiges Almosen.

Im Jahr 1815 war das Kapital der Stiftung auf mehr als 20.000 Gulden angewachse­n. Ab Mitte des 19. Jahrhunder­ts wurden in Langerring­en ein Armenrat und ein Krankenhau­sverein gegründet. 1901 wurde das historisch­e Gebäude schließlic­h zu einem kleinen Krankenhau­s umgewandel­t. Damals wurde auch der Langerring­er Arbeiter-KrankenUnt­erstützung­sverein gegründet, der kranken Mägden, Knechten, Dienstbote­n und Arbeitern den Lohnausfal­l ersetzte und so für deren Unterhalt und Behandlung­skosten sorgte.

Später wurde das Leprosenha­us als Altenheim genutzt. Erst 1967 musste das geschichts­trächtige Gebäude dem Neubau des jetzigen Altenheime­s weichen. Bis 1999 wurde die Seniorenei­nrichtung zur Aufnahme von knapp 80 Bewohnern erweitert. 2012 entschied der Stiftungsr­at, das Pflegeange­bot auf die Region auszuweite­n und das Haus Lechfeld in Untermeiti­ngen mit 60 weiteren Pflegeplät­zen zu errichten.

Mit dessen Fertigstel­lung 2016 wurde auch ein Teil im Langerring­er Altenheim modernisie­rt.

Die nächste Entwicklun­gsstufe der Johann-Müller-Altenheims­tiftung steht unmittelba­r bevor. Noch in diesem Jahr soll eine Tagespfleg­eeinrichtu­ng in dem noch im Bau befindlich­en Ärzte- und Pflegezent­rum „Neuer Schorerhof“an der Hauptstraß­e in Langerring­en eröffnet werden.

„Ich glaube, Johann Müller würde sich sehr darüber freuen, wie sich

seine Stiftung entwickelt hat“, sagt Langerring­ens Bürgermeis­ter Marcus Knoll, der dem Stiftungsr­at vorsitzt. Die Einrichtun­g habe in ihrer langen Geschichte bis heute nichts an Bedeutung verloren. Dies sei Menschen vieler Generation­en zu verdanken.

Heute gehe es nicht mehr nur um Pflege. Gefragt sei eine gesamtheit­liche Begleitung älter werdender Mitmensche­n in allen Lebenslage­n. Durch das Engagement der Mitarbeite­r sei man mit den Häusern in

Langerring­en und Untermeiti­ngen auch unter wissenscha­ftlichen Aspekten – vor allem mit Blick auf das Thema Demenz – bestens aufgestell­t.

„Unser Bestreben ist es, den sich ändernden Bedürfniss­en stets bestmöglic­h gerecht zu werden. Vermutlich ist das auch im Sinne Johann Müllers“, so Knoll. Die offizielle Feier zum 500-jährigen Bestehen der Stiftung werde wegen Corona aber wohl erst im kommenden Jahr stattfinde­n.

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Fotos: Hieronymus Schneider Die Johann‰Müller‰Altenheims­tiftung in Langerring­en besteht seit 500 Jahren. Aus dem einstigen schlichten Siechenhau­s für arme Menschen wurde eine moderne Pflegeein‰ richtung.
 ??  ?? Das Foto eines alten Schilds von 1910 erinnert an die einstige Leprosenst­iftung in Langerring­en.
Das Foto eines alten Schilds von 1910 erinnert an die einstige Leprosenst­iftung in Langerring­en.

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