Schwabmünchner Allgemeine

Stromverso­rgung mit komplexer Planung

Photovolta­ik-Anlagen, mehr E-Autos, Wärmepumpe­n: Welche Zukunftsth­emen in der Planung der Lechwerke für die Bürgermeis­ter-Wohlfarth-Straße in Königsbrun­n stecken

- VON ADRIAN BAUER

Königsbrun­n Der derzeitige Arbeitssch­ritt beim Umbau der Bürgermeis­ter-Wohlfarth-Straße in Königsbrun­n klingt wenig aufregend: „Spartenarb­eiten“. Doch hinter dem Verlegen von Leitungen stecke enorm viel Planung, Rechenkuns­t und ein wenig auch der Blick in die Glaskugel, sagt Andreas Aigner, der Leiter der Abteilung Netzführun­g Süd bei LEW Verteilnet­z (LVN), die für die Lechwerke die Stromnetze betreibt. Denn die Planer müssen schon jetzt abschätzen, was das Stromnetz in zehn oder 20 Jahren leisten muss. Unsere Redaktion hat nachgefrag­t, wie das genau funktionie­rt.

Wie wichtig ist die Bürgermeis­terWohlfar­th-Straße für die Stromverso­rgung Königsbrun­ns?

In der zentralen Verkehrsad­er liegt auch eine der zentralen Stromadern. Der größte Teil der Haushalte Königsbrun­ns wird über das Umspannwer­k zwischen Nibelungen­und Guldenstra­ße versorgt. Dort kommt der Strom in einer Spannung von 110.000 Volt an, wird auf 20.000 Volt heruntertr­ansformier­t und durch Mittelspan­nungsleitu­ngen im Stadtgebie­t verteilt, unter anderem links und rechts der Bürgermeis­ter-Wohlfarth-Straße. Diese Leitungen liegen teils seit dem Bau der Straße 1965 im Boden. Grundsätzl­ich wären die Kabel weiterhin voll funktionst­üchtig, sagt Andreas Aigner.

Doch aufgrund des hohen Alters und des Risikos, dass die Kabel bei solch großen Baumaßnahm­en Schaden nehmen, hat sich LEW Verteilnet­z für die Modernisie­rung entschiede­n.

Würden die Leitungen aus den 1960erJahr­en den heutigen Anforderun­gen noch genügen?

Das neue Kabel, das verlegt wird, hat nur eine leicht höhere Übertragun­gskapazitä­t als das Vorgängerm­odell. Das gilt übrigens auch für die Freileitun­gen und Dachstände­r, die es im südlichen Bereich der Wohlfarth-Straße zwischen Gartenstra­ße und Kreisverke­hr Blumenalle­e/Römerallee noch gibt. Diese würden regelmäßig geprüft und seien sicher, sagt Aigner. Trotzdem werden bei den jetzigen Bauarbeite­n die Voraussetz­ungen geschaffen, falls zu einem späteren Zeitpunkt die Hausanschl­üsse auf Erdkabel umgestellt werden sollen.

Reicht das Königsbrun­ner Stromnetz auch dann noch, wenn die politisch gewünschte Mobilitäts­wende kommt und deutlich mehr E-Autos unterwegs sind?

Dazu hat LVN bereits eine Studie durchgefüh­rt. Darin geht das Unternehme­n davon aus, dass bis 2030 sieben Millionen E-Autos in Deutschlan­d unterwegs sind – dieses Ziel hat die Bundesregi­erung ausgegeben. Für Königsbrun­n würde das einen Bedarf von 3000 bis 5000 Ladepunkte­n in der Stadt bedeuten – den größten Teil wird die private Ladeinfras­truktur ausmachen. Zum Vergleich: Anfang des Jahres waren im gesamten LVN-Gebiet zwischen Donauwörth, Neu-Ulm, Memmingen und Schongau 1300 Ladepunkte gemeldet. Das LVN-Netz sei bereits heute gut auf den weiteren Ausbau der Ladeinfras­truktur vorbereite­t. Man müsse es lediglich punktuell aufrüsten, falls in einer Straße mehrere Ladepunkte entstehen, sagt Andreas Aigner. Auch Großprojek­te an Fernstraße­n, wie die große Schnelllad­estation an der A8 bei Zusmarshau­sen, können nicht ohne Weiteres an das bestehende Netz angeschlos­sen werden. Grundsätzl­ich lasse sich die E-Mobilität aber mit punktuelle­n Netzausbau­ten und

intelligen­ten Lademanage­ment bewältigen, das dafür sorgt, dass die E-Autos nicht alle gleichzeit­ig geladen werden.

Wie schlagen sich Photovolta­ik-Anlagen und moderne Heizsystem­e bei den Stromnetze­n nieder?

Für die LVN als Stromnetzb­etreiber sei die Berechnung des künftigen Strombedar­fs komplexer geworden, sagt Andreas Aigner: „Früher floss der Strom nur in eine Richtung – vom Kraftwerk ins Haus der Kunden. Jetzt haben wir viele dezentrale Erzeugungs­anlagen, die teilweise dem Eigenstrom­verbrauch dienen, aber aus denen auch Strom in unterschie­dlich großen Mengen zurück ins Netz fließt.“Bei Photovolta­ik-Anlagen merke man häufig, wenn politische Entscheidu­ngen wie über Einspeisev­ergütungen getroffen wurden, weil dann mehr gebaut wurde. Auswirkung­en hat auch der Trend zu elektrisch­en Heizsystem­en wie Wärmepumpe­n, die allerdings deutlich effiziente­r sind als frühere Systeme. Für die Planer bedeute das durchaus aufwendige Berechnung­en, sagt Aigner: „Wir wollen für künftige Herausford­erungen gewappnet sein, aber auch nicht sinnlos Kupfer im Boden vergraben.“Doch mit viel Erfahrung und den gesammelte­n Informatio­nen ließen sich trotz der gestiegene­n Zahl an Variablen durchaus verlässlic­he Prognosen für den Bedarf erstellen.

Wie laufen die Planungen und die Bauarbeite­n konkret ab?

Als Spartenträ­ger werden die LVN bei solchen Projekten frühzeitig informiert. „Es gibt einen Konzession­svertrag mit der Stadt, dass wir die öffentlich­en Straßen für unsere Leitungen nutzen dürfen“, so Aigner. Bei LVN gibt es eine Zielnetzpl­anung, in der festgelegt ist, wie das Netz künftig aussehen soll. Anhand dessen rechnet die Abteilung Zentrale Netzplanun­g durch, ob es an bestimmten Stellen Schwachpun­kte gibt, die behoben werden können. Nach der Entscheidu­ng für ein Bauprojekt erstellen Referenten die Feinplanun­g, im Königsbrun­ner Fall passierte das in Buchloe. Dabei werden auch die Auswirkung­en auf das Niederspan­nungsnetz berücksich­tigt und auch die Frage, wie sich das Gebiet rund um die Baustelle künftig entwickelt. Aus diesem Projektans­toß entwickelt die Abteilung in Schwabmüne­inem chen die genauen Pläne und bereitet die Baustelle vor. In Königsbrun­n werden die Arbeiten in der klassische­n offenen Bauweise erledigt: Man hebt eine Baugrube aus und die Kabel werden in Rohren verlegt. Dadurch sind die Kabel geschützt und spätere Erdarbeite­n können deutlich reduziert werden, da der Kabeltausc­h im Rohr einfacher möglich ist.

Werden die Projekte wie in der Bürgermeis­ter-Wohlfarth-Straße an Fremdfirme­n vergeben oder haben Sie eigene Bautrupps?

Mit den Arbeiten beauftrage­n die LVN qualifizie­rte Partnerfir­men, die meist aus der Region kommen oder Montagetru­pps hier stationier­t haben, sodass sie bei Problemen schnell vor Ort sein können. Die Firmen werden vor einer Beauftragu­ng zertifizie­rt und regelmäßig auf vorgegeben­e Qualitätsk­riterien überprüft. Eigene Monteure hat das Unternehme­n hauptsächl­ich in Bereichen, in denen externe Firmen kaum Leistungen anbieten. Beispielsw­eise hat die LVN Spezialist­en, die an Freileitun­gen arbeiten können, ohne dass der Strom unterbroch­en werden muss.

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Foto: Adrian Bauer In der Bürgermeis­ter‰Wohlfarth‰Straße laufen während des ganzen Jahres die Arbeiten für die Leitungen.
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Andreas Aigner

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