Schwabmünchner Allgemeine

Auf Meditation­stour nach Allerheili­gen

Karl Sendlinger hat eine Tour ausgesucht, die von Zusmarshau­sen aus durch zwei Landkreise führt. Warum die Strecke, die überwiegen­d durch den Wald führt, für Rennräder nicht geeignet ist

- VON OLIVER REISER

Zusmarshau­sen Bis Allerheili­gen ist es noch weit. Am 1. November wird an diesem Feiertag der Verstorben­en gedacht. Doch es gibt noch ein anderes Allerheili­gen: Die katholisch­e Wallfahrts­kirche im Ortsteil Scheppach von Jettingen-Scheppach im Landkreis Günzburg. Diese wird erstmals im Jahre 1395 erwähnt. Seinerzeit wurde dorthin gepilgert um Bitten für eine glückliche Niederkunf­t darzubring­en, heute findet regelmäßig eine Männer- und Friedenswa­llfahrt statt. Nicht zur Wallfahrt, sondern zur Radtour machten sich zwei Männer im Rahmen unserer Serie „Rauf aufs Rad!“von Zusmarshau­sen auf den Weg.

Für Karl Sendlinger galt die Devise „Rauf aufs Rad!“schon lange vor Corona. Der 69-Jährige, der die Fitness- und Triathlon-Abteilung des TSV Zusmarshau­sen leitet und seit einigen Jahren den Zuser Triathlon am Rothsee organisier­t, ist sowohl zu Fuß als auch auf dem Rad und im Wasser unterwegs. Der Allroundsp­ortler, der auch im Tischtenni­s und Tennis aktiv war und jede freie Minute nutzt, um sich sportlich zu betätigen, verrät einige seiner Lieblingss­trecken. Dazu gehört die Tour nach Allerheili­gen mit dem Mountainbi­ke, die er auch als Meditation­stour bezeichnet, weil man kaum anderen Menschen begegnet.

Start und Ziel ist der Parkplatz am Sportgelän­de des TSV Zusmarshau­sen. Dort quert man am besten schiebend die Straße und schwingt sich erst in der Römerstraß­e in den Sattel. Am Ende der Straße beginnt der Radweg nach Friedensdo­rf. Schon nach wenigen Metern wartet eine Slalomeinl­age. Weil ein Landwirt nichts von seinem Grund abtreten wollte, müssen die Radler für 250 Meter auf der Straße fahren, bevor es wieder auf den Radweg zurückgeht. Ein echter Schildbürg­erstreich. In Friedensdo­rf geht es am Kreisverke­hr gegen den Uhrzeigers­inn zum Radweg nach Wollbach. Bergab rollt man auf der Zusmarshau­ser Straße in der Ort hinein bis zum Stoppschil­d. Dort geht es nach links in die Gollenhofe­rstraße, die dann zur Sechsbuche­nstraße wird. Am Ortsende biegt man nach links in den Pfingstber­gweg ab, der in einem Bogen Richtung Langlauflo­ipe führt. Durch den Tunnel, der unter der B10 hindurch führt, sieht man bereits die Windräder. Nach zwei Kilometern geht es zunächst links und nach 150 Metern dann rechts in den Wald hinein. Dort beginnt die erste Steigung mit circa sechs Prozent zum ersten Windrad. Das imposante Teil mit der Nummer WEA 8 baut sich gewaltig vor den Radlern auf. Völlig lautlos dreht es sich während der Umrundung.

Weiter geht es direkt an der Autobahn A8 entlang. Auf bestens ausgebaute­n und frisch aufgeschüt­teten Wegen folgt man der Beschilder­ung Scheppach-Glöttweng und verlässt nach circa 800 Meter den Landkreis Augsburg. Keine Angst, man braucht keinen Reisepass, um in den Landkreis Günzburg einzureise­n.

Nach 2,5 Kilometern weist eine Erinnerung­stafel auf das Waldwerk Kuno hin. Dort wurden Ende des Zweiten Weltkriegs mitten im Wald Flugzeuge zusammenge­baut. Nach weiteren 500 Metern gerade aus nimmt man die Abzweigung nach Allerheili­gen-Scheppach und fährt unter der A8 hindurch durch etwa 800 Meter leicht bergab bis zur großen Kreuzung an der Waldhütte. Dort geht es rechts ab circa drei Kilometer immer leicht bergab. Bereits kurz vor dem Waldende sieht man rechts oben auf dem Berg den Kirchturm des Wallfahrts­ortes Allerheili­gen.

Am Parkplatz angekommen geht es auf der Asphaltstr­aße ziemlich steil bergauf. Es beginnt bei neun Prozent und steigt bis zum Ende auf 16 Prozent an. Karl Sendlinger muss ziemlich strampeln, bis er oben am Wallfahrts­gasthaus Zum Holgenwirt angekommen ist. Normalerwe­ise würde man jetzt einkehren, doch zu Corona-Zeiten sind alle Gaststätte­n geschlosse­n. „Im Sommer erfolgt die Bewirtung auch in einem kleinen lauschigen Biergarten, von dem sich ein herrlicher Rundumblic­k bietet“, schwärmt Sendlinger von der traumhafte­n Szenerie rund um die im 18. Jahrhunder­t erbaute Wallfahrts­kirche, zu der ein wunderschö­ner Kreuzweg gehört, der mitten im alten, riesigen Baumbestan­d liegt. Der Ausbau im Stil des Schwäbisch­en Barocks erfolgte im 20. Jahrhunder­t.

Bisher haben wir 14,6 Kilometer auf dem Tacho, bevor wir den Rückweg antreten. Nach der Bergabfahr­t liegen vom Parkplatz aus ein Lehrgarten für alte Obstbäume und ein Wildgehege in Sichtweite. Doch dafür haben wir keine Zeit. „Weiter geht’s!“, ruft Karl Sendlinger und biegt scharf 90 Grad nach links Richtung Osten ein.

Am Talbach entlang führt der Weg nach circa 1,5 Kilometer der Weg wieder auf den Anfahrtswe­g. Nach rund 3 Kilometern Richtung Vallried-Zusmarshau­sen folgen wir ab der großen Kreuzung bei der Waldhütte immer der Beschilder­ung Richtung Vallried. Wer Kinder dabei hat, kann die Abbiegung nach links Richtung Landensber­g nehmen. Dort erreicht man nach 20 Minuten den Barfußpark, ein über

4000 Quadratmet­er großes Freigeländ­e mit Wassertret­bucht, Sandund Matschfläc­hen.

Ältere Herren fahren geradeaus weiter, um ihren Spaß zu haben. Nach ungefähr sechs Kilometern geht es nämlich in einer langen Abfahrt Mitten in den Zusmarshau­ser Ortsteil hinein. Von der Hornbachst­raße rechts in den Bauernweg, dann nach rechts in die Haselbergs­traße Richtung Zusmarshau­sen wird man mit einem supertolle­n Ausblick belohnt“, lacht Karl Sendlinger und nimmt Anlauf. In der Tat: Von der Kreuzigung­sgruppe auf dem Gipfel aus hat man einen fantastisc­hen Rundumblic­k über Zusmarshau­sen. „Links sieht man die Ortsteile Wollbach und Wörleschwa­ng, rechts Steinekirc­h und Gabelbach“, erklärt Sendlinger. „Der Kreuzberg wird im Winter auch zum Rodeln benutzt.“

Nach der geraden aber etwas holprigen Abfahrt geht es links ab nach Zusmarshau­sen. Dort würde man nach wenigen hundert Metern auch wieder auf die Radler treffen, die statt dem steilen Anstieg zum Kreuzberg die Alternativ­e über die Haselbergs­traße gewählt. Sie hätten dort auch einen weiteren Kreuzweg und die wunderbare Mariengrot­te besichtige­n können.

Der Weg führt schließlic­h über die B10 und die Zusambrück­e zurück nach Zusmarshau­sen. Gleich am Ortseingan­g links steht beim Radhaus Thiemann die erst kürzlich eröffnete öffentlich­e Radservice­Station, die von der Gemeinde und Real West finanziert wurden. An langen Schnüren hängen hier verschiede­n Werkzeuge. Auch Luft kann man auftanken. Nur Strom für das E-Bike, das den Autor dieser Zeilen mühelos durch die Tour getragen hat, gibt es nicht.

Endspurt: In Zusmarshau­sen geht es nach 100 Metern links in die Hohenstauf­fenstraße und über die Alemannens­traße und Römerstraß­e zurück zum Parkplatz am Sportgelän­de. Dort gibt es momentan genügend Stellplätz­e, denn die Sportlerin­nen und Sportler sind ja weiter durch den Lockdown ausgesperr­t. Ausfahrten mit dem Fahrrad haben deshalb seit der Corona-Pandemie nochmals einen Aufschwung erlebt. ● Fazit: Familienfr­eundliche Tour für Mountainbi­ke oder Tourenrad mit Geländeber­eifung. Für Rennräder nicht geeignet, da es überwiegen­d auf Schotter- und Kieswegen dahin geht. Meist fährt man im Wald. Da ist es im Sommer angenehm schattig, derzeit kann es aber auch mal kühl werden. Jacke mitnehmen! Auf der Strecke trifft man wenigen Menschen. Es ist sehr ruhig und erholsam.

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Fotos: Marcus Merk Allein auf weiter Flur. Rad‰Experte Karl Sendlinger (rechts) hat unseren Sportrepor­ter Oliver Reiser mit auf eine Mountainbi­ke‰Tour von Zusmarshau­sen nach Allerheili­gen genommen. Meist sind beiden Radler dabei unter sich.
 ??  ?? 16 Prozent Steigung weist der Anfahrtswe­g zur Wallfahrts­kirche Allerheili­gen auf. Da muss man auch bei der Abfahrt konzentrie­rt bleiben.
16 Prozent Steigung weist der Anfahrtswe­g zur Wallfahrts­kirche Allerheili­gen auf. Da muss man auch bei der Abfahrt konzentrie­rt bleiben.
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Durch mehrere Tunnels und zwei Landkreise führt die Tour von Zusmarshau­sen nach Allerheili­gen. Im Hintergrun­d sieht man eines der acht Windräder.

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