Der Nuschler der Nation
Grönemeyer wird 65. Der Musiker aus dem Ruhrgebiet gilt als bodenständig. Und er zeigt, dass Männer innen ganz weich sein dürfen
Bochum – Ich komm aus Dir… Mit einem Lied über seine Heimatstadt gelang Herbert Grönemeyer 1984 als Musiker der Durchbruch. Voller Pathos nuschelte sich der Mann aus dem Ruhrgebiet in den deutschen Pop-Olymp, ist heute einer der größten Stars, den dieses Land vorzuweisen hat, gilt vielen gar als Stimme der Nation. Herbert Arthur Wiglev Clamor Grönemeyer wurde vor 65 Jahren aber gar nicht in Bochum, sondern in Göttingen geboren. Doch schon als er ein Jahr alt war, zog die Familie um. Das Ruhrgebiet habe ihn geprägt, sagte Grönemeyer einmal in einem seiner raren Interviews. Er habe dort eine schöne Kindheit verbracht, mit seinen Brüdern, einer Clique, beim Fußball, im Kirchenchor. Sein Vater war Bergbauingenieur, seine Mutter Krankenschwester. Inzwischen lebt Grönenige
meyer in Berlin. Sein Privatleben schützt der Künstler. Er hat zwei erwachsene Kinder, ist seit einigen Jahren wieder verheiratet. Außen hart und innen ganz weich …
Seine Texte sind emotional, oft auch tiefsinnig. Er findet auch mit seinem sozialpolitischen Engagement immer wieder Gehör. Seine Karriere begann nicht als Sänger. Noch vor dem Abitur hatte er die Musik für ein Beatles-Musical am Schauspielhaus Bochum geschrieben, später wurde er sogar musikalischer Leiter. Bis ihn die Schauspielerei lockt. Vor 40 Jahren schlüpft
Grönemeyer im Kinoepos „Das Boot“von Wolfgang Petersen in die Rolle des Kriegsberichterstatters Leutnant Werner – ein Millionenpublikum wird auf ihn aufmerksam. Als Sänger will es zwar weiter eine Weile nicht klappen. Dann aber wird „4630 Bochum“zum erfolgreichstem Album des Jahres 1984 in Deutschland – darauf sind Hits wie „Männer“, „Flugzeuge im Bauch“oder „Bochum“. Songs, die wohl bis heute fast jeder kennt... Auch, wenn er mit seinem eigenwilligen Gesang bis heute polarisiert. Das Leben ist nicht fair … 1998 starben innerhalb weniger Tage erst sein Bruder und dann seine Frau Anna an Krebs. Daraufhin zog er sich für ei
Zeit zurück, verarbeitete seine Trauer in Mensch, das 2002 herauskam und bis heute sein erfolgreichstes Album ist. In dem titelgebenden Lied heißt es: Der Mensch heißt Mensch… Weil er lacht. Und weil er lebt. Du fehlst.
Seine Lieder haben oft viel Pathos, werden manchmal kitschig. Konzertberichte betonen aber, seine Lieder erzielen eine bessere Wirkung in Stadien als auf der Stereoanlage. Zuletzt sang er mit Helden der
heutigen Zeit eine Hymne für Ärzte, Krankenpfleger und Supermarktkassierer in Corona-Zeiten. Zum Geburtstag will Grönemeyer keine Interviews geben. Aber das Älterwerden, so scheint es zumindest, akzeptiert er mit Humor. Vor zwei Jahren sagte er im NDR: „Wenn ich morgens in den Spiegel gucke, dann denke ich auch: War schon mal schöner.“